Finale – Glarner Madrigalchor verabschiedet sich (Teil 2)

Die Vielfalt der ausgewählten Lieder und Madrigale war eine festliche Einstimmung, heiter, leidenschaftlich, elegant, tänzerisch und zuweilen recht dramatisch. Niklaus Meyer begleitete «Das Wandern» und «Wohin» aus «Die schöne Müllerin» von Franz Schubert (1797 – 1828) am Klavier. Das klang so adrett und munter, romantisch leidenschaftlich auf.



Der Glarner Madrigalchor. (Bilder: pmeier)
Der Glarner Madrigalchor. (Bilder: pmeier)

Es schlossen drei kurzweilige, die Chorgemeinschaft fordernde Madrigale von Claudio Monteverdi (1567 – 1643) an, bevor man sich anhörte, wie Hugo Distler (1908 – 1942) das grausliche Schicksal des Feuerreiters auskomponiert hatte. Das war enorm dramatisch, stimmungsstark, eine spannende Reise mit Zerrissenheit, Zerstörung, dem Brand der Mühle hinter dem Berg, dem rasenden Ungeheuer. Sehr bewegend und intentionsreich wurde gesungen, wirblig, hochpräzise akzentuiert.

Peter Wettstein, 1939 geboren, heute in Wallisellen und Elm lebend, schrieb nach Texten von Novalis, Matsuo Basho, Dschuang Dsi und Hermann Hesse «Über Schmetterlinge und Wolken» für Sopran, Bariton, gemischten Chor und Streichquartett. Für die Interpretierenden waren das Einstudieren, Zusammenfügen der oft kurzen Phrasen, Hinführen zur Gesamtheit sehr anspruchsvoll. Rhythmus, Melodiefluss, Einbezug des Texts, ungewohnte Harmonien, rasche Wechsel hatten auch den Vorstellungen des an einigen Proben anwesenden Komponisten zu entsprechen. Mit Eleganz, erfüllender Leichtigkeit und Präzision wurde ausgestaltet – es ergaben sich sehr spannende, stimmungsreiche Momente, die für kurze Zeit im Raum blieben, dann enteilten, verschwanden, Neuem Platz gaben, das sich in packender Art aufbaute. Das Galatea Quartett zeigte sich als hervorragend aufeinander abgestimmtes Ensemble, das mit wahrer Eleganz und hohem Ausdrucksreichtum auszugestalten vermag. Catriona Bühler und Robert Koller sangen beseelt, stilvoll, einfühlend. Der Chor stand ihnen in nichts nach.

Dies setzte sich im letzten Konzertteil mit Ausschnitten aus Händels «Acis und Galatea» fort. Einst hatte der Madrigalchor dieses Werk szenisch umgesetzt – in der für diesen Zweck komplett «umgerüsteten» Lagerhalle der damaligen Firma Masanti in Mitlödi. Geblieben ist die ungebrochen grosse Freude an dieser wechselvollen Musik, die so viele Gefühle zum Ausdruck zu bringen vermag. Freude, vordergründige Tragik, Donnergrollen, liebliche Landschaften, in der gesungen, getanzt, ja gejubelt wird. Später zieht riesiges Ungemach auf, da «erdröhnt sogar der Berg», das schreckliche Ungeheuer naht, der «Wald bebt mit». Es folgt verständliches Wehklagen, das dem Aufruf an Galatea vorangeht. Sie darf sich freuen, Acis «lebt ewiglich». Die Fülle an derart Wechselvollem riss mit, es wurde mit beneidenswert grosser Kraft und Eleganz gesungen und gespielt. Der Bassist Andres Martinez und Martin Zimmermann am Cembalo verstärkte das brillante Galatea Quartett. Und kurz vor Ende des Werks liess Niklaus Meyer Chor und Orchester innehalten – er wandte sich mit ganz persönlichen, berührenden Gedanken ans Publikum, sprach übers bewegende Momentum, das lange Erarbeiten bis hin zum bewegenden Gelingen. Und dann stimmte man nochmals ein und führte das Werk zu Ende.
Einige mögen es bedauert haben, den Chor in dieser Zusammensetzung letztmals gehört zu haben. Man durfte mit den Interpretierenden über die beinahe fünf Jahrzehnte hinweg so viel Spannendes, Positives mit zuweilen unbekannten Kompositionen erleben. Der Schlussapplaus war lange, sehr lange, war mit Herzlichkeit und spürbarer Wertschätzung erfüllt. Es gab verständliche Tränen.

Es war für Hans Brupbacher eine edle Pflicht, die riesigen Verdienste und das kompetente Erarbeiten und Leiten von Niklaus Meyer adäquat zu würdigen. Er fand passende, herzliche Worte.

Weiter ging es bei einem festlichen Buffet im Hotel Glarnerhof, wo man a) kulinarisch bestens verwöhnt wurde; b) angeregt parlierte und c) von Martin O. nochmals ein furioses, munteres, ehrliches und riesig unterhaltendes Finale erlebte. Der Sprachkünstler erwies sich als profunder, lebhaft und galant kommentierender Kenner der Madrigalisti und des Dirigenten. Das war Unterhaltung der Spitzenklasse.

Und irgendwann endet einfach alles, seien das nun Geselligkeit, kulinarisches Verwöhnen, Verweilen, angeregtes Unterhalten oder anderes. Etwas sei verraten: Ein klein bisschen wird es den Madrigalchor dennoch geben, einige werden da und dort mitsingen.