First Responder: Rettungswesen soll ausgebaut werden

Der Regierungsrat zeigt auf, wie das bestehende Rettungssystem mit First Respondern ergänzt werden soll.



Je schneller Nothelfende vor Ort sind, desto höher sind die Rettungschancen • (Symbolbild: Keystone)
Je schneller Nothelfende vor Ort sind, desto höher sind die Rettungschancen • (Symbolbild: Keystone)

Ende Januar 2021 reichten Landrat Stephan Muggli und Unterzeichnende die Interpellation «First Responder – jede Minute zählt» ein. First Responder sind freiwillige Nothelfende als Ergänzung der Rettungskette. Sie werden über die Notrufzentrale alarmiert, um in abgelegenen Gebieten lebensrettende Massnahmen vornehmen zu können.

Modellbeispiel Braunwald

In seiner Interpellationsantwort weist der Regierungsrat darauf hin, dass der Kanton Glarus – entgegen der Auffassung der Interpellanten – bereits über ein First-Responder-System verfügt. In Braunwald stehen solche Ersthelfer seit geraumer Zeit im Einsatz. Braunwald wird oft als Modellbeispiel in der Schweiz genannt. Die Erfahrungen sind sehr gut. Braunwald kann von den bodengebundenen Rettungsdiensten (Rettungswagen) des Kantonsspitals Glarus nicht erreicht werden. Die First Responder stellen sicher, dass betroffene Personen sicher zur Talstation der Braunwald Standseilbahn oder auf dem Luftweg durch die Rega transportiert werden.

Generell hat der Kanton Glarus seine Bemühungen im Bereich des Rettungswesens in den letzten Jahren massiv verstärkt. Er hat mit der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen sowie ein Pilotprojekt mit einem Notarzt-Rettungsfahrzeug gestartet, das inzwischen dauerhaft eingeführt wurde. Den Auftrag zur bodengebundenen Rettung hat der Kanton mittels eines Leistungsauftrags an das Kantonsspital Glarus erteilt. Der Rettungsdienst ist zertifiziert und erfüllt höchste Qualitätsansprüche.

Ergänzung des bestehenden Systems

Der Regierungsrat stimmt mit den Interpellanten überein, dass es an weniger zentralen Orten länger dauert, bis die bodengebundenen Rettungskräfte vor Ort sind. Der Kanton beabsichtigt, dass dort vermehrt per Helikoptereinsatz gerettet wird. Zusätzlich bedarf es weiteren Hilfestellungen wie den First Respondern. 

First Responder

Der englische Begriff «First Responder» hat sich im deutschsprachigen Raum als Fachbegriff für Ersthelfer durchgesetzt. First Responder sind medizinische Laienhelfer. Sie überbrücken bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand die Zeit bis zum Eintreffen der professionellen Rettung durch einfache medizinische Erstmassnahmen.

Erfahrungen in anderen Kantonen zeigen, dass bei Notfällen mit einem First-Responder-System schneller Hilfe geleistet und medizinisch erstbehandelt werden kann. Dies erhöht die Überlebenschancen nachweislich. Verschiedene Länder und Kantone (u. a. BE, LU, UR, OW, NW, GR, TI) haben in den letzten Jahren die First Responder als festen Bestandteil der Rettungskette etabliert.

Beantwortung der Fragen

Wie beurteilt der Regierungsrat die Lage bei Herz-Kreislauf-Stillstand auf dem gesamten Kantonsgebiet? Ist der Regierungsrat der Meinung, dass den Betroffenen aktuell schnell genug geholfen werden kann und sieht er Handlungsbedarf?

Regierungsrat: Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass die Versorgungslage bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand auch dank der erwähnten Bemühungen für einen grossen Teil der Bevölkerung sehr gut ist. Er teilt die Auffassung der Interpellanten, dass bei dezentralen Orten, insbesondere ohne Landemöglichkeit Handlungsbedarf besteht. Die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten sind im Gang.

In welchen Regionen könnte ein First Responder vor dem Eintreffen eines Rettungsmittels vor Ort sein und könnte entsprechend mit ersten Massnahmen die Zeit überbrücken, in welcher jede Minute zählt?

Regierungsrat: Von der Einführung eines First-Responder-Systems dürften aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen dem zeitlichen Eintreffen der Rettungskräfte und den Überlebenschancen der betroffenen Person insbesondere die vom Kantonsspital Glarus weiter entfernten Orte und Regionen in Glarus Nord und Glarus Süd profitieren, sofern es gelingt, in diesen Orten genügend First Responder zu rekrutieren.

Warum hat der Kanton Glarus bisher kein First-Responder-System eingeführt? Bestehen konkrete Pläne im Kanton Glarus, demnächst ein First-Responder-System einzuführen? Falls nein: warum nicht?

Regierungsrat: Der Kanton Glarus verfügt über eine Leistungsvereinbarung mit der Alpinen Rettung Schweiz betreffend First Responder in Braunwald. Basierend auf dieser Zusammenarbeit reichte die Alpine Rettung Glarnerland beim Departement Finanzen und Gesundheit ein Konzept für die Einführung und den Betrieb eines First-Responder-Systems im Kanton Glarus ein. Praktisch zeitgleich tat dies auch der Samariterverband Glarnerland. Die Konzepte beschränken sich nicht nur auf Herznotfälle, sondern schliessen weitere Notfallsituationen mit ein. Sie unterscheiden sich in Punkten wie der medizinischen Gesamtverantwortung, der Einsatzkoordination sowie den personellen und finanziellen Ressourcen.

Das Departement organisierte daraufhin eine gemeinsame Sitzung mit den beiden Verbänden. Anwesend waren zudem Vertreter des kantonsärztlichen Dienstes, der Kantonspolizei, des Kantonsspitals Glarus, der Rega, der Glarner Ärztegesellschaft sowie der Feuerwehr. Es wurde vereinbart, dass das Departement die Konzepte unter Berücksichtigung der Diskussion und den Erfahrungen in anderen Kantonen analysieren und dann wieder auf die beiden Initianten zugehen wird. 

In der Folge wurde aufbauend auf den erwähnten Grundlagen ein erster departementsinterner Entwurf für ein kantonales First-Responder-Konzept erstellt. In einem nächsten Schritt ist nun die Umsetzung zu planen. 

Falls der Kanton Glarus demnächst ein First-Responder-System einführen will: Auf wann wird er dieses System einführen? Wie soll dieses System konkret aussehen und mit welchen Organisationen soll zusammengearbeitet werden? Wie viele Kosten wird dieses System pro Jahr für den Kanton verursachen?

Regierungsrat: Es können zum jetzigen Zeitpunkt keine konkreten Angaben zur Einführung gemacht werden. Die Covid-19-Pandemie bindet seit Monaten fast sämtliche verfügbaren Ressourcen, das Tagesgeschäft muss einigermassen bewältigt werden und es stehen viele, teils prioritäre Projekte wie die psychiatrisch-psychotherapeutische Grundversorgung (s. Antwort auf die Interpellation «Psychiatrische Grundversorgung des Kantons» vom 2.3.2021), die Umsetzung des Pflege- und Betreuungsgesetzes, die gemeinsame Spitalplanung in der Ostschweiz oder die Einführung der neuen Zulassungssteuerung an.

Bei der Umsetzung müssen die etablierten professionellen Rettungsorganisationen (Kantonsspital Glarus, Rega, Kantonspolizei, Feuerwehr) einbezogen werden, um eine möglichst optimale Zusammenarbeit zu garantieren. Entsprechend kann zurzeit noch keine Aussage zur konkreten Ausgestaltung des künftigen Systems gemacht werden. 

Die beiden eingereichten Konzepte gehen von einmaligen Bruttokosten zwischen 120 000 und 220 000 Franken und jährlich wiederkehrenden Kosten zwischen 12 000 und 22 000 Franken aus.