Flucht aus Tibet – Rahmenveranstaltung im Ennendaner Anna-Göldi-Museum

Bekanntlich luden die Verantwortlichen des Anna-Göldi-Museums zur Ausstellung «Flucht aus Tibet» ein. Die Fotografen Manuel Bauer und Sasi Subramaniam haben gemeinsam sehr Sehenswertes realisiert. Inhalte stimmen in einigen Teilen mehr als nachdenklich, machen nachhaltig betroffen. Unlängst wurde auf die Rahmenveranstaltung mit dem Titel «Hoffnung ist begonnene Zukunft» hingewiesen.



Flucht aus Tibet – Rahmenveranstaltung im Ennendaner Anna-Göldi-Museum

Interesse und Anteilnahme waren enorm. Fridolin Elmer begrüsste namens der Anna-Göldi-Stiftung die tibetischen Gäste, die der glarnerischen, seit 1973 bestehenden Tibeter- Gemeinschaft angehören. Er hiess die beiden Fotografen und den zürcherischen Regierungsrat Mario Fehr herzlich willkommen. Sie wissen sich aus verschiedensten Gründen mit Tibet, dessen Volk und jenen verbunden, die in einzelnen Teilen der Schweiz nach ihrer Flucht aus der Heimat eine neue Heimat gefunden haben.

Eigentlich war die Vernissage auf den 1. April terminiert, aber die epidemiologische Situation und die vom BAG verfügten Einschränkungen liessen diesen Schritt nicht zu. Fridolin Elmer zeigte auf, dass man so mehr Zeit hatte, um alles sorgsam und umfassend vorzubereiten. Zur eigentlichen Ausstellung gehören der von Manuel Bauer gedrehte Film «Flucht aus Tibet», dessen Realisierung nicht nur ihn an schmerzliche Grenzen gebracht hat und die von Sasi Subramaniam eingefangenen, bis sechs Meter hohen fotografischen Intentionen und viele Aufnahmen aus dem Alltag der Tibeter in unserem Kanton. Es kamen im Rahmen der Sonntagsveranstaltung Musikalisches und ganz persönliche, bemerkenswert ehrliche, offene Ausführungen von Regierungsrat Mario Fehr, Manuel Bauer und Dankesworte von Sasi Subramaniam zusammen.
Dass dieser sommerliche Sonntag auf den Internationalen Museumstag mit dem Motto «Museen inspirieren die Auseinandersetzungen» fiel, war eher Zufall. Es wurde dennoch deutlich, dass zu den vielfältigen kulturellen Aufträgen der Museen auch wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Engagements dazugehören.
Mit der Einführung wurde unter anderem aufgezeigt, dass die glarnerische Tibetergemeinschaft rund 250 Mitglieder umfasst, die im ganzen Kantonsgebiet wohnhaft sind und dass ein aus acht Personen bestehender Vorstand die Geschicke der bei uns sehr willkommenen und bestens integrierten Gemeinschaft leitet.
Das Thema «Tibet» mit dessen schmerzhaften Schicksalen, der systematischen Unterdrückung durch China darf nie, aber auch gar nie vergessen werden. Einblicke wurden mit verschiedenen Voten, Musik und der tibetischen Gastfreundschaft gewährt.

Mario Fehrs Gedanken

Fehrs starke Verbundenheit mit Tibet, dessen Kultur und Bewohnern, reicht mehr als 30 Jahre zurück. Erste Hinweise betrafen eine fünf Monate umfassende Weltreise im Jahre 1988 mit drei Monaten Aufenthalt in China und je einem Monat in Nepal und Tibet. Mit teilweise unguten Erfahrungen von direkt Betroffenen kehrte Fehr zurück. Er war gewillt, sich zugunsten Tibets nachhaltig und engagiert einzusetzen. Unter anderem trat er der Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft bei. Er wurde als zürcherischer Kantonsrat (1991–2000) aktiv und erlebte Demonstrationen samt deren Folgen – unter anderem im Jahre 1996 mit dem offiziellen Besuch der chinesischen Spitzenpolitikers Li Ruihuan beim Zürcher Rathaus mit.1999 übernahm er als Nationalrat das Präsidium der Parlamentarischen Gruppe für Tibet. Für ihn war das eine Herzensangelegenheit. Er kam auf die Rolle der offiziellen Schweiz und deren China-Politik zu reden. Neben den wirtschaftlichen Interessen gab es den eher halbherzigen Einsatz im Bereich der Menschenrechte. Er erwähnte das ausgebliebene Begegnen mit dem Dalai Lama.
Fehr wurde bewegend, als er auf seine persönlichen Begegnungen mit dem Dalai Lama im indischen Dharamsala zu sprechen kam. Er war mit der Parlamentarischen Gruppe für Tibet unterwegs. In Erinnerung blieb der Besuch im Jahre 2010 in Rikon.
Höhepunkt seines Präsidialjahres (2016/17) war der Auftritt des Dalai Lama im Oktober 2016 im Zürcher Grossmünster. Er überbrachte damals die Grussworte der zürcherischen Regierung.
Fehr gewährte einen kurzen Einblick in sein Büro, dessen Inhalte zum Teil stark und nachhaltig an Tibet erinnern.
Er ist froh, dass der Zürcher Regierungsrat zu Tibet immer eine klare Haltung gezeigt hat. Er wünscht sich ein Land, in dem wieder ohne Unterdrückung gelebt und gehandelt werden kann. Um Selbstbestimmung durchzusetzen, sei mit China ein echter Dialog erforderlich. Tibet habe das Recht auf eigenständige Entwicklung, das muss zur Selbstverständlichkeit werden.
Fehr weiss, wie viele andere auch, dass die 7000 bis 8000 Tibeterinnen und Tibeterin in unserem Land geschätzt und geachtet sind, dass nicht wenige in unserer Gesellschaft und Politik eine prägende Rolle spielen. So viel Positives könnte er aufzählen.
Er zeigte auf, wie der Fotograf Manuel Bauer zwischen 2001 und 2005 den Dalai Lama auf über 30 Reisen begleitet und gegen 75 000 analoge Fotos geknipst hat. Sehr Bewegendes, enorm Zwischenmenschliches, ist in dieser Zeit gewachsen.
Fehr schloss mit einer verdient ehrenden Würdigung des Schaffens von Manuel Bauer.

Manuel Bauers Laudatio für Sasi Subramaniam

Manuel Bauer kam mit lobenswerter Herzlichkeit und Anerkennungen auf die Zusammenarbeit mit dem Tamilen Sasi Subramaniam zu reden. Dessen berufliche Fähigkeiten haben ihn sehr überzeugt. Die Anfrage nach dem Realisieren einer gemeinsamen Ausstellung hat er positiv aufgenommen. Bald habe er gemerkt, dass er sich auf seinen Film konzentrieren könne und dass der bei der «Südostschweiz» fest angestellte Subramaniam seinen Teil realisieren soll.
Sasi Subramaniam war während 15 Jahren Journalist und Produzent von Nachrichten und Filmen. Zehn Jahre lang berichtete er aus Kriegsgebieten samt dreckigen Konflikten in Sri Lanka. Er heiratete eine Singalesin. Die Flucht in die Schweiz erfolgte im Jahre 2008, weil einfach vieles zu gefährlich geworden war.
Ziel blieb, die Fotos als «Sprache ohne Worte» einzusetzen, den Betrachtenden die Augen zu öffnen, ein Sensibilisieren einzuleiten.
Subramaniam lernte Deutsch, ausdauernd und mit Erfolg. Er konnte dank eines Stipendiums die Ausbildung im Medienzentrum Luzern abschliessen. Heute lebt er in einer willkommenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Sicherheit.
Manuel Bauer gab seiner Hoffnung ganz fest Ausdruck, dass die Familie in Neuem eine Bleibe finden und die vielen schlimmen, belastenden Erlebnisse bewältigen lernt.

Musik, kurze Gespräche und Abschluss

Man spürte aus allen Voten gegenseitige Wertschätzung und wohltuende Anteilnahme. Mit Musikalischem wurde man für kurze Momente in die tibetische Kultur entführt, bewegend, anmutig und durchaus faszinierend. Es gab nette Geschenke, neben dem verdienten Dank an alle, die zum sprichwörtlich guten Gelingen – dies samt kulinarischem Verwöhnen beim Eingang im EG – so vieles beigetragen hatten.