Fragen, Gespräche, Musik – alles in der Kanti-Aula Glarus

«Zwischen Geschichten» – oder bedeutete es eher «Zwischengeschichten» – war der Titel, den Christian und Beni Hunziker, seit fünf Jahren ihre gemeinsamen Tätigkeiten unter «Bruderboot» ausübend, für ihre Premiere in der gut besetzten Aula der Kantonsschule Glarus gewählt hatten. Mit einfühlsam Auskomponiertem wartete die Pianistin Ursula Bachmann auf, begleitend, die verschiedenen Betrachtungen der Darsteller in willkommener, kluger Weise gliedernd.



Fragen, Gespräche, Musik – alles in der Kanti-Aula Glarus

An Kulissen brauchte es nicht eben viel, das war geschickt ausgedacht. Mit grossen Kartonschachteln ergaben sich eine Rückwand, der Esstisch, ein Stehpult, Unterlage fürs jeweilige Bett und Behältnis für die Mitnahme des dringend Notwendigsten. Dazu kam ein Multifunktionskanapee, einem überdimensionierten Akkordeon nicht unähnlich. Dieses Sitzmöbel liess sich mühelos in die Länge ziehen, zurechtbiegen, in eine Sitzecke ändern.

Die Einstimmung zu den anschliessenden, wechselvollen Geschehnissen war mit Fragen verbunden. Wer steckt hinter der ein zerknautschtes Gesicht offenbarenden Maske, wieso das mit einiger Gestik verbundene Erwachen, das damit verbundene Arrangieren mit Alltag, Fragen, Ansichten, Aussagen, Kommentaren, mit Resignation, Aufbegehren, lapidarem Feststellen irgendwelcher Tatsachen. Es war ein Bewegen und Zurechtfinden in beinahe Alltäglichem, ein Arrangieren mit Fakten, wie sie sich hin und wieder ergeben. Fakten, die ein Reagieren erforderlich machen, die Besuchende bewegen, mannigfaltige Gefühle wecken.

 

Es war aus Monologen und Gesprächen zwischen Christian und Beni Hunziker zu vernehmen, was beschäftigt, was Freude und Anteilnahme weckt, Unverständnis samt deutlichen Kommentaren und einschneidendes Entscheiden bis hin zum Tod und dem Weg ins Anderssein zur Folge hat. Es war ein spannendes Gliedern der ausgewählten und über eine lange Zeit hinweg gewachsenen Inhalte spürbar. Sollte der über die Bühnenfläche langsam gezogene kleine, grüne Papierkahn wohl Anfang und Ende klar signalisieren?
Christian nannte sich Markus, 42 Jahre alt. Er stellte sich samt seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor. Beni war Andreas, 39 Jahre alt. Er stand dem Bühnenpartner in nichts nach.
Kurz, klar kamen diese Botschaften rüber. Es standen Ehrlichkeit und Sachliches im Vordergrund.
Es wurde ausgedrückt, dass alles, aber auch gar alles mit Atem, Zeit, Licht – auch Tönen – beginne. So entstehe Schönheit, alles fliesse an den ihm zugedachten Platz. Dem einherphilosophierenden. Markus passte gar nicht, wie sich sein Partner benahm. Er tadelte dessen leichtfertiges Gehabe. So lasse sich ein bühnentaugliches Projekt in keiner Weise realisieren. Das wirkte – zuweilen.

Ursula Bachmann war in jeder Beziehung eine aufmerksame, dezent begleitende Pianistin und Sängerin. Ihre Kompositionen waren eine echte Bereicherung und Vertiefung der verschiedenen kurzen Szenen, die von gar vielem handelten. Das war alles andere als leichtfertiger Klatsch. Auf Ausschweifendes wurde wohl bewusst verzichtet. Damit ergab sich ein guter Unterhaltungswert, wurde eine Hinwendung zu dem geschaffen, was viele bewegt, zuweilen ein Reagieren erfordert. Inhalte der kurzen Bilder führten aus, wie Resignation, Verzweiflung, Hinwegscheiden wachsen können. Leichte Kost wurde damit nicht aufgetischt. Man freute sich am leicht schusseligen Gastgeber, der sein Gegenüber gar nicht in ein richtiges Gespräch zu verwickeln vermochte. Man folgte dem Streit zwischen einem Parkierenden und einem, der dringend eine Parkfläche brauchte – das spielte sich im Gerichtssaal ab, führte zum Beklagten, diesmal als Zeitungsleser, der einen tragischen Unfall mit Todesfolgen vorlas.
Und dazwischen hatte Markus die tolle Idee mit dem ganzen Bühnengeschehen nochmals von vorne zu beginnen, was aber von Andreas rigoros abgelehnt wurde.

Man traf sich beim geplanten Mittagessen mit vorgängigem Studium der Speisekarte – nur servierte niemand. So ergaben sich bei dieser Warterei Zeitspannen die Gelegenheit, sehr Persönliches auszutauschen.
Man fand sich im Spital wieder. Da wurde aus verschiedenen Perspektiven berichtet, einer sah noch etwas, was Rückkehr in die gesunde Welt bedeutet hätte, für den andern sah es wie Abkehr aus dem gelebten Leben aus. Nichts konnte er mitnehmen in dieses Jenseits, das Ende war und doch ansatzweise erklärt wurde.

Gedankt und in die Zukunft geblickt wurde ab Bühne, dies betraf die vielen Helferinnen und Helfer, das Publikum, die Pianistin, am langen Erarbeiten Mitgestaltende – und führte zur Hoffnung auf eine Tournee, die sich nach der Premiere ergeben soll.