Freulerpalast Näfels – der Dialog zwischen Geschwistern

Dialoge unter Geschwistern passieren oft, aber wenn ein derartiges Begegnen zwischen «Harfe und Cello» im Festsaal des Freulerpalasts in Form einer Matinee ausgekündigt ist, hält man inne. So erfuhr man, dass sich die Harfenistin Selina Cuonz und ihr Bruder Flurin zu unterhalten gedenken. Und ganz viel Musikinteressierte wollten sich diesen Austausch anhören.



Freulerpalast Näfels – der Dialog zwischen Geschwistern

Wieder reichten die vorbereiteten Sitzplätze nicht, eiligst schafften die organisierenden Vilma und Daniel Zbinden zusätzliche Stühle herbei, bevor Selina Cuonz begrüsste und ihrer Freude Ausdruck gab, dass nach zweijähriger Pause dieses ganz spezielle Begegnen endlich möglich geworden sei.  

Die Programminhalte machten zu Recht «gwundrig». Von Robert Schumann (1810–1856) stammt «Stille Tränen», eigentlich nicht für diese Besetzung gedacht. Der Text wurde ansatzweise gelesen; man erfuhr etwas übers Erwachen, das Durchwandern der Auen, den weinenden Schmerz und die stillen Nächte. Diese Botschaft barg Inniges, eine weite Gefühlswelt, verband sich mit Traum, der Weite des Schlafs. Dies wurde mit beeindruckender Reife, hoher Eleganz und Behutsamkeit, und enorm einfühlend ausgestaltet. Bereitwillig liess man sich von der Vielzahl der sich wechselnden Gefühle mittragen. Die Spielfreude war für alle wohl gleichermassen berührend.

Der Südkoreaner Isang Yun (1917–1995) schrieb anno 1984 ein Duo für Violoncello und Harfe. Mit dem Komponisten vertraut machte Flurin Cuonz, dies in angemessener Kürze und willkommener Form. Isang Yun verliess seine Heimat und studierte in Europa Komposition, wurde dadurch mit neuen, für ihn ungewohnte Stil- und Kulturformen vertraut. Mit seinen Werken vermochte er zwei Stilwelten zusammenzuführen. Flurin Cuonz deutete europäische Musik als Bleistiftzeichnung und Asiatisches als Inhalte, die zuweilen mit breiten Pinselstrichen entstanden seien. Die aufklingende Vielfalt war faszinierend, wurde mit enormer Konzentration und Intensität ausgedrückt. Neben fast durchsichtigen Klanggebilden standen Weiten auf solidem Grund. Perlende Folgen und mittragende Celloklänge schienen sich zu vermischen, ergänzten sich, führten in Sanftheiten, gediehen wirblig, neckisch, klangen in grosser Stille aus.

Zu Franz Schuberts Sonate für Arpeggione und Klavier (1824) zeigte Flurin Cuonz auf, welch seltsames Instrument zur Ausgestaltung diente. Erneut durfte man das brillante Spiel der Interpretierenden geniessen, etwas von deren Frische und Lebensfreude in den Alltag rübernehmen. Man spürte die Intensität dieses Dialogs, wie er im Programm angekündigt war.Und man verabschiedete sich mit langem, herzlichem Applaus – und der leisen Hoffnung auf «Ein Wiederhören in …».