Fruchtbar nachjustiert

Normalerweise dauern zweite Lesungen zwei Minuten, aber diesmal bestand auch nachträglich noch Gesprächsbedarf und der Landrat bereinigte wacker Gesetze, damit die Landsgemeinde sie dann auch möglichst schlank erlassen kann.



Landratssitzung vom 19. Februar; Schlussabstimmung. (Bilder: edi huber)
Landratssitzung vom 19. Februar; Schlussabstimmung. (Bilder: edi huber)

Die Landratspräsidentin beginnt mit dem Satz, der diese Sitzung zusammenfasst: «Somit entfällt die Eintretensdebatte …» Damit würde es diesmal auch keine langen Eintretensvoten geben. Für manche eine Erleichterung.

Taktvoll

Zuerst gab der Halbstundentakt aus der 1. Lesung zu reden. Markus Schnyder beantragt den Artikel wieder zu streichen. Es gehe nicht um ideologische, sondern um logische Gründe. Es gebe Gründe für und gegen diesen Takt, aber man solle den ÖV qualitativ ausbauen, nicht einfach quantitativ. Er könne sich On-demand-Angebote vorstellen, es gebe Orte, wo es den 15-Minuten-Takt brauche, andernorts seien 30-Minuten-Takte zu viel. Mit diesem Artikel werde es unwirtschaftlich. Kaj Weibel hält – namens der Junggrünen – dagegen. Vieles spreche dafür, sich jetzt zu überlegen, was Glarnerinnen und Glarner von diesem Gesetz erwarten. Es brauche Rahmenbedingungen fürs ÖV-Angebot. «Für uns spielt das keine Rolle, wir können das nachher auch im Landrat beraten, aber die Stimmbürger/-innen können das nicht.» Er zieht die Querverbindung zu Artikel 5, der Erschliessung von Braunwald, die auch vom Volk entschieden werden solle. Er gebe aber zu, dass man überall die Wirtschaftlichkeit prüfen müsse. Aber ohne diesen Takt würden Regionen wie Gross- und Kleintal sowie Riedern an Attraktivität einbüssen. Die SP-Fraktion unterstütze, so Benjamin Kistler, das Belassen. Wer schneller weg sei, steige eher auf den ÖV um. Es gebe den Takt schon an vielen Orten, es brauche ihn – im Grundsatz – für den gesamten Kanton. Peter Rothlin als Mitglied der FAK unterstützt den Streichungsantrag Schnyder. Er fragt nach dem Auftrag der Aufsichtskommissionen und ob diese diesem Auftrag nachkommen. Sie müssten auf die Wirtschaftlichkeit achten und die günstigste Lösung zu wählen. Er findet, dass GPK und FAK mit ihrem Abstimmungsverhalten in der 1. Lesung nicht ihrer Aufgabe folgten. Mathias Zopfi setzt sich für die Bevölkerung insbesondere von Glarus Süd ein, welche den Halbstundentakt brauche. Wer in Elm schon in Beschneiung investiere, solle auch die Gäste mit ÖV hinfahren. Barbara Rhyner nimmt Stellung zum Votum Rothlin, der Antrag Halbstundentakt sei unnötig – man könne dann an der Landsgemeinde auf die Verhältnismässigkeit eingehen. Präsident Christian Marti erklärt, warum die Kommission auf weitere Angebotsgrundsätze verzichtet habe. Es gehe um die Vorzeichen, mit denen man später das Angebot ausgestalte. Regierungsrat Thomas Tschudi will ebenfalls verzichten – ein Ausbau des ÖV müsse stattfinden, es gehe hier aber um die Erwartungen der Bevölkerung und auch um die Entscheidungsfreiheit des Landrats. In der Bereinigung wird Absatz 3 mit der Halbstundentakt-Formulierung mit 29:26 Stimmen belassen.

Hütet euch am Hüttenberg

Bei Artikel 5 referiert Regierungsrat Tschudi, wie der fremde Artikel ins Gesetz kam, und stellt die neue regierungsrätliche Fassung zur Erschliessung vor. Das Zentrum von Braunwald soll mit der Standseilbahn erschlossen werden, der Hüttenberg durch den Kanton von der Bergstation aus. Dies schaffe, so Tschudi, Klarheit beim Auftrag und könne etwa mit kleinen E-Bussen bereit etwa ab 2028/29 geschehen. Mittelfristig müsse man den Bedarf mit den Anspruchsgruppen vor Ort abklären. Eine durch den Kanton gebaute Bahn in den Hüttenberg unterstütze der Regierungsrat nicht, man könne dann aber auch über eine Beteiligung an einer neuen Bahn im Rahmen der ÖV-Verpflichtung nachdenken. Christian Marti stellt namens der Kommission fest: Man solle beim Entscheid der ersten Lesung bleiben und sonst jedenfalls «das Zentrum» aus der Erschliessungsfrage streichen. Die neue Variante sei wohl kein echter Kompromiss. Der Regierungsrat sehe sich auch nicht allein in der Pflicht. Namens der SP-Fraktion unterstützt Werner Kälin die neue Regierungsratsvariante. Es brauche das ÖV-Gesetz auch im Talboden.

Showdown-Time?

Mathias Zopfi will den «Showdown» an der Landsgemeinde verhindern, sieht aber faktisch keinen grossen Unterschied der Formulierungsvarianten. Faktisch sei die Standsteilbahn für die kommenden Jahre gesetzt. Er finde «das Zentrum» keine gelungene Formulierung. Im Absatz zwei der Regierung sei nur der Kanton genannt, das gefährde die Finanzierung durch den Bund. Martin Baumgartner beantragt eine Umformulierung ohne den Begriff «Zentrum», da Braunwald kein eigentliches Zentrum habe. Die Nutzungsplanung spreche vom Hüttenberg als «Entwicklungsschwerpunkt». Priska Müller beantragt namens der GLP Streichung des systemfremden Artikels, denn es bleibe unklar, was man wolle. Der Antrag stamme zudem aus einem rechtlich ungültig erklärten Memorialsantrag. Sabine Steinmann unterstützt Werner Kälin – aber nur, weil Braunwald ein Recht auf einen guten ÖV habe. Man könne – so Christian Marti – ja in den kommenden Jahren die Varianten weiterentwickeln, um dann, wenn er Entscheid gefällt werden müsse, gute Grundlagen dafür zu haben. Er sehe – so Regierungsrat Thomas Tschudi – keine neuen Varianten, deshalb wolle er den Entscheid nicht vertagen. Nur so könne die Verwaltung schlank planen, wie der Hüttenberg erschlossen werde. Er stelle sich aber hinter den Antrag Baumgartner. In der ersten Abstimmung obsiegt der Antrag Baumgartner gegen jenen der Kommission BaVek mit 30:24 Stimmen. Der Streichungsantrag GLP unterliegt mit 48:9 Stimmen.

Minus 20 Prozent

Remo Goethe stellt bei Artikel 11 Änderungsantrag, um die 20-Prozent-Klausel zu ersetzen. Der Landrat solle die Wirtschaftlichkeitsbedingungen festlegen, die Regierung dann deren Erreichung prüfen. Innovative Ideen würden sonst an dieser Mindestdeckungshürde von 20 Prozent scheitern. Andreas Vögeli bittet namens der Mitte, Goethe zu unterstützen, so könnten alle Angebote geprüft werden. Der Kommissionspräsident bittet, bei der ursprünglichen Fassung zu bleiben, da er einfacher umzusetzen sei. Auch Regierungsrat Thomas Tschudi sieht das so. Goethes Antrag setzt sich mit 48:8 Stimmen durch. Danach wird das ÖV-Gesetz mit einer Gegenstimme an die Landsgemeinde überwiesen.

Pausengongs letzte Feder

Nach der Pause geht es zum Bildungsgesetz, das in der 1. Lesung fast «die letzte Feder» liess. Die neue Bildungskommission passiert ohne Wortmeldung. Samuel Zingg beantragt, bei Artikel 94 bei der Regierungsfassung zu bleiben und die Altersentlastung ab 55 Jahren zu gewähren. Andrea Trummer präsentiert eine neue Formulierung, sie möchte keine fixe Altersgrenze – das gehöre in die Vollzugsverordnung. Nadine Landolt Rüegg stellt erneut den Antrag, den Titel zu ändern: «Jahresarbeitszeit der Lehrpersonen der Volksschule». Denn die kantonalen Schulen seien hier nicht gemeint. Rafaela Hug schliesst sich der Fassung Trummer an. Man könne das in der Verordnung regeln. Kommissionspräsident Albert Heer tut dies ebenfalls. Altersentlastungen seien kostengünstiger als die Suche nach neuen Lehrpersonen. Zingg zieht darauf seinen Antrag zugunsten von Trummer zurück. Yvonne Carrara präzisiert, die Kommission habe darüber nicht diskutiert. Albert Heer hält dagegen, es gehöre halt thematisch in die Verordnung, nicht ins Gesetz. Landammann Kaspar Becker kann sich namens der Regierung mit Trummers Vorschlag einverstanden erklären. Trummer setzt sich mit 43:11 Stimmen durch – auch hier hat der Landrat also feinsjustiert. Landolt Rüegg unterliegt mit 37:16 Stimmen, der Titel bleibt.

Markus Schnyder und Ruedi Schwitter argumentieren, dass diese Revision nichts löse und wollen sie deshalb ablehnen. Schwitter dazu: «Lieber keine Schulkommission als eine kastrierte Bildungskommission.» Samuel Zingg dagegen will diesen Schritt gehen. Albert Heer beantragt namens der Kommissionsmehrheit ebenfalls die Ablehnung, ist aber gespannt aufs Resultat. Landammann Kaspar Becker findet, dass die Landsgemeinde darüber jetzt befinden soll. Offenbar entspreche die auf Wunsch des Landrates hier vorgelegte Fassung der «mittleren Unzufriedenheit» aller. Mit 36:21 Stimmen wird das Gesetz der Landsgemeinde zur Zustimmung unterbreitet. Das Postulat Kistler wird abgeschrieben. Samuel Zingg will sein Rahmenbedingungspostulat aufrechterhalten, das unterstützt Nadine Landolt Rüegg namens der GLP. Laut Kommissionspräsident ist die Forderung des Postulats erfüllt, auch Landammann Becker sieht das so. Mit 33:22 Stimmen bleibt das Postulat aber pendent.

Der Wolf und die Selbstbestimmung

Ohne Wortmeldung passiert das Gesetz zur Förderung der Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen SeTeG – es wird der Landgemeinde einstimmig zur Zustimmung unterbreitet.

Der Kanton habe die Fangbewilligung wieder für vier Jahre bekommen, sagt Regierungsrat Thomas Tschudi bei Beginn der 2. Lesung zur Verordnung zum kantonalen Jagdgesetz. Dann wird diese stillschweigend angenommen. Benjamin Kistler beantragt namens der SP aber, den Verpflichtungskredit fürs Wolfsmonitoring aus Spargründen zu streichen, denn Besenderung sei eine sehr schwierige Sache. Ruedi Schwitter unterstützt das namens der GLP. Nach der Kürzung des Kredits erscheine ihm das Projekt zur Besenderung nicht erfolgversprechend. Deshalb sei dieses Geld besser in einen effizienten Herdenschutz zu investieren. Franz Freuler dagegen beantragt namens der Motionäre, die 230 000 Franken fürs Projekt zu sprechen. «Der Wolf gibt Arbeit, deshalb schaffen diese Mittel Effizienzgewinn.» Zudem habe der Kanton Glarus wohl die dichteste Wolfsbesiedlung. Man solle das jetzt neu geschaffene Instrument des Monitorings auch mit Mitteln ausstatten. Christian Marti unterstützt ihn namens der Kommission. Man solle hier auf Kurs bleiben. Regierungsrat Thomas Tschudi findet es unredlich, kein Geld zu sprechen. Er habe grossen Respekt für die Arbeit der Wildhut – dieses Monitoring würde diese Aufgabe erleichtern. Der Kredit wird mit 42:14 Stimmen angenommen, die Motion Freuler abgeschrieben. Michael Laager ist zudem gespannt, welche Resultate die Untersuchung zu den Ursachen des Erdrutschs Deponie Gäsi zeitigen, und bedankt sich für die Beantwortung der FDP-Interpellation zu möglichen Kostenfolgen des Rutsches für die Gemeinwesen. Die nächste Sitzung findet am 26. Februar statt.