„ Früher war der Fussball wilder“

Köbi Kuhn, Trainer der Schweizer Fussballnationalmannschaft, sprach am letzten Donnerstag über seinen Weg zum Fussballspieler und die heutige Nachwuchsförderung. Mit Fritz Künzli, Stephan Chapuisat und Raoul Mutter waren weitere Grössen des Schweizer Fussballs in der linth-arena sgu Näfels.



Fussballporminenz in Näfels: von links nach rechts Fritz Künzli
Fussballporminenz in Näfels: von links nach rechts Fritz Künzli

Der Fussball hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Nicht nur auf dem Platz wird alles immer professioneller, auch die Vermarktung und das Auftreten ist „erwachsener“ geworden. Diese Entwicklung hat Einfluss bis tief in den Nachwuchs hinein. Während ehemalige Spieler, wie der Nationaltrainer Köbi Kuhn oder der erfolgreichste Glarner Fussballer Fritz Künzli, das Meiste nach der Schule mit Freunden spielerisch gelernt haben und nur knapp einmal in der Woche richtiges Training hatten, fing der Oberurner Raoul Mutter bereits früh mit speziellem Technik- und Krafttraining an. Der Siebzehnjährige gilt als grosses Talent und spielt bereits in der Nachwuchsmannschaft des FCZ und in der Nationalmannschaft. Und auch bei Stefan Chapuisat, dem erfolgreichsten Schweizer Fussballer, stand die Nachwuchsarbeit in der Schweiz in den Kinderschuhen. Sie alle sprachen am letzten Donnerstag in der linth-arena sgu zum Thema Nachwuchsförderung und natürlich auch über die bevorstehende
Europameisterschaft.


Frühes Scouting und Sportschulen


„ Die Nachwuchsförderung beginnt heute viel früher“, erklärt Kuhn. Bereits in jungen Jahren werden die Mädchen und Jungen genau beobachtet, selektioniert und gefördert. Als die Credit Suisse 1993 begann, die Schweizer Nationalmannschaft zu unterstützten, legte sie grossen Wert auf die Nachwuchsförderung. Rund die Hälfte ihrer Mittel kommen so der Jugend zu Gute. Und dieses Engagement zeigt deutlich Früchte. Als Stephan Chapuisat 1991 zu Borussia Dortmund wechselte, bildete er eine Ausnahme, spielten damals doch so gut wie alle Schweizer im eigenen Land. Heute spielen Schweizer in allen grossen Ligen Europas und die Nationalmannschaft besteht weitgehend aus Legionären. Früher waren sogar Wechsel innerhalb der Schweiz kaum möglich. „ Wenn man den Verein wechseln wollt, wurde man für zwei Jahre gesperrt; erst dannach durfte man für die neue Mannschaft ran“, erzählte Fritz Künzli, der mit dem FCZ vier Mal Torschützenkönig wurde. Das grosse Geld lockt viele junge Spieler eher zu früh ins Ausland. „Man sollte sich zuerst einige Zeit in der Schweiz in einem grossen Club durchsetzten, bevor man diesen Sprung wagt“, meinte dazu Chapuisat.


Mit dem Scouting bei Zwölf- und Dreizehnjährigen können schon früh talentierte Kinder gesichtet und spezifisch gefördert werden. In der Nachwuchsförderung geht es darum, den Spielern ein optimales „Gerüst“ mitzugeben. Dass sie sowohl taktisch, technisch und körperlich für das höchste Level fitgemacht werden. Auch wenn sich das Talent immer durchsetzt, zähle nicht nur das Talent alleine, meint Kuhn. „ Sehr wichtig ist auch der Charakter. Der Spieler muss für die Mannschaft da sein.“


Mit den neuen Sportschulen können die jungen Spieler ausserdem die berufliche Ausbildung und den Sport besser in Einklang bringen. Durch den angepassten Lernstoff und die längere Ausbildungszeit haben die Jugendlichen die Möglichkeit während der Ausübung des Spitzensports eine Lehre oder ein Studium abzuschliessen. Neben den grösseren Anforderungen an die Jugend bietet die Nachwuchsförderung in der Schweiz somit auch viele neue Möglichkeiten, die zur Zeit eines Kuhn‘s, Künzli‘s oder Chapuisat‘ noch undenkbar waren.

Optimismus für die EM 08


Zum Abschluss der Gesprächsrunde wurde natürlich über die bevorstehende Europameisterschaft im eigenen Land diskutiert. Alle Teilnehmer trauen der Schweizer Nati Grosses zu, auch wenn die Schweiz nicht zu den Topfavoriten zählt. „ Die Spieler wollen dem Publikum gerne ein Geschenk machen und Erfolge erzielen“, so Kuhn. Um die Sensation ermöglichen zu können, wäre aber auch die Begeisterung der Fans notwenig, wie an der Weltmeisterschaft in Deutschland. Mit dem Willen der Spieler und dem Glauben der Fans könnte uns in wenigen Tagen ein unvergessliches Tournier bevorstehen. Mit der gezielten Nachwuchsförderung und mit der Unterstützung der Credit Suisse sieht es für die Zukunft des Schweizer Fussballs ebenfalls gut aus.