Gedenkfeier für Hans Konrad Escher von der Linth

Vor 200 Jahren, am 9. März 1823, ist Hans Konrad Escher von der Linth in Zürich verstorben. Die Linthkommission würdigte ihn an seinem 200. Todestag mit einer Gedenkfeier im Kreuzstift in Schänis – dort, wo er während seiner Arbeit an der Linthkorrektion einige Jahre gewohnt und gewirkt hat. An der Gedenkfeier teilgenommen haben auch zahlreiche Nachfahren Eschers.



Porträt Hans Konrad Escher von der Linth (24. August 1767 – 9. März 1823). Das Bild gemalt hat Hans Jakob Oeri, drei Tage vor dem Tod Eschers. (zvg)
Porträt Hans Konrad Escher von der Linth (24. August 1767 – 9. März 1823). Das Bild gemalt hat Hans Jakob Oeri, drei Tage vor dem Tod Eschers. (zvg)

Escher stammte aus dem Geschlecht «Escher vom Glas», das seit dem 14. Jahrhundert in Zürich ansässig war. Die Familie war wirtschaftlich und politisch führend. Eine umfassende Ausbildung war in den Familien des Ancien Régime in Zürich eine Selbstverständlichkeit. Doch die Vielseitigkeit Eschers als Textilkaufmann und Politiker, Geognost und Ingenieur, Botaniker und Staatsphilosoph, Lehrer und Familienmensch war aussergewöhnlich.

Hans Konrad Escher wurde 56 Jahre alt. Mit dem Linthgebiet befasste er sich fast 30 Jahre lang – wissenschaftlich, politisch und praktisch. Von 1807 bis 1823 leitete er den Bau der Kanäle, dank denen die Hochwassergefahr in der Walensee- und Linthregion gebannt werden konnte. Seine Pioniertat der Linthkorrektion hat ihm 1823 posthum den erblichen Ehrentitel «von der Linth»
eingetragen, verliehen vom Kanton Zürich.

Trotz vieler Widerstände hat er mit der Linthkorrektion fast Unmögliches möglich gemacht, ohne Rücksicht auf das kräfteraubende Engagement, das ihn letztlich krank gemacht und zu seinem Tod geführt hat. Escher hätte aufgrund seiner Herkunft ein bequemes Leben führen können. Stattdessen wurde er zum Kämpfer und Wohltäter für die Anliegen des Volkes. Er hat den soliden Grundstein für eine vor Hochwasser geschützte und prosperierende Linthebene gelegt.

Tiefe politische Gräben überbrückt

Eschers Werk war nicht nur für das Leben im Linthgebiet, sondern auch für das Selbstverständnis des frühen schweizerischen Bundesstaates grundlegend. In der von ihm angestossenen und unter seiner Leitung ausgeführten «Linthunternehmung» sah man nach dem Sonderbundskrieg 1847/48 eine Möglichkeit, die tiefen politischen Gräben zu überbrücken. Die «Linthunternehmung» wirkte als integrierender Gründungsmythos der modernen Schweiz. Deshalb wurde Hans Konrad Escher von der Linth in politisch schwierigen Zeiten immer wieder in Erinnerung gerufen.

Die Bedeutung Eschers widerspiegelt sich auch im Nachruf, der unmittelbar nach seinem Tod auf der Frontseite der NZZ veröffentlicht wurde, sowie im Grabgedicht, das kurz darauf erschienen ist. Beide Texte wurden an der Gedenkfeier von Schauspieler Helmut Vogel sehr stimmungsvoll gelesen. Für die musikalische Umrahmung sorgte die Cellistin Elizabeth Kalmar, die unter anderem in Schänis als Musiklehrerin wirkt.

Eine grosse Wassernot um das Jahr 1800

Der Präsident der Linthkommission, der Glarner Regierungsrat Kaspar Becker, wies in seiner politischen Würdigung Eschers auf die damaligen schwierigen Rahmenbedingungen hin. Überschwemmungen, Sümpfe und Krankheiten bedrohten die Lebensgrundlagen der Bevölkerung. Und vor dem Hintergrund von Krieg, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Armut war die Korrektion der Linth eine gewaltige Herausforderung und ein Jahrhundertprojekt. Das Vorhaben war technisch, politisch und wirtschaftlich äusserst komplex.

Die Anforderungen an den Hochwasserschutz sind gestiegen

Linthingenieur Markus Jud erläuterte Eschers Werk aus heutiger wasserbaulicher Sicht und erwähnte die schwierigen Arbeitsbedingungen für Escher: «Er war viel allein, häufig im damaligen Damenstift in Schänis. Es gab kein Telefon, kein Internet, nur Briefe. Für ein Gespräch musste er reisen, fast immer zu Fuss. Der grosse Ingenieur Johann Gottfried Tulla, der Escher unterstützte, kam nur zwei Mal in die Linthebene. Weitere Fachleute in der Schweiz oder eine ETH gab es damals noch nicht. Die Umleitung der Glarner Linth in den Walensee sowie die neue Linienführung und Kanalisierung der Linth zwischen dem Walensee und dem Zürichsee war ein enormer Eingriff in die Landschaft. Der schnurgerade Kanal zwischen Benken SG und Tuggen SZ ist schweizweit bekannt.»

Heute sind die Anforderungen an den Hochwasserschutz gestiegen und werden weiter steigen. Markus Jud: «Wir können die Linth nicht sich selber überlassen. Der Fluss ist nach der Linthkorrektion ein Werk geworden: das Linthwerk. Dieses Werk braucht Überwachung und Unterhalt, eine laufend aktualisierte Notfallorganisation und Bewilligungen bei Projekten von Dritten.» Escher hat dies schon 1822 vorausgesehen und in einer «Instruction für die Eidgenössische Wasserbau-Polizey» – die heutige Linthkommission – darauf aufmerksam gemacht.

Was Escher nicht voraussehen konnte, war der Paradigmenwechsel von der Kanalisierung der Gewässer zu den Aufweitungen und zur Philosophie, dass die Flüsse mehr Raum benötigen, um ihre Funktion zu gewährleisten. Mit dem Projekt «Hochwasserschutz Linth 2000», der ersten Gesamtsanierung des Linthwerks, wurden die Aspekte Hochwasserschutz und Ökologie als gleichwertig betrachtet.