Gemeindefinanzen: Verschuldung nimmt weiter zu

Der Regierungsrat nimmt Kenntnis vom Gemeindefinanzrating 2021. Das Jahr 2021 war geprägt von einer hohen Investitionstätigkeit. Die Verschuldung der Kommunen nahm dadurch bei einer rückläufigen Selbstfinanzierung weiter zu.



Finanzrating der Gemeinden: Von «gut» bis «angespannt» • (Foto: Keystone-SDA)
Finanzrating der Gemeinden: Von «gut» bis «angespannt» • (Foto: Keystone-SDA)

Die Eigenkapitalsituation der Glarner Gemeinden wird weiterhin als gut eingestuft. Da der Selbstfinanzierungsgrad markant zurückging und mit der hohen Investitionstätigkeit nicht Schritt halten konnte, nahm die Verschuldung jedoch weiter zu. Die Finanzlagen der Gemeinden Glarus und Glarus Süd gelten mit einzelnen problematischen Kennzahlen unverändert als gut, nachdem die Finanzierungslücken durch vorhandenes Nettovermögen gedeckt sind. In Glarus Nord bewirkt der Finanzierungsfehlbetrag erneut eine starke Zunahme der Nettoverschuldung, weshalb die Finanzsituation der Gemeinde unverändert als angespannt bewertet werden muss.

Über 70 Prozent der Investitionen fremdfinanziert

Die Eigenkapitalsituation der Glarner Gemeinden ist seit Jahren konstant gut, auch wenn das freie Eigenkapital im Vergleich zum Vorjahr um 6,5 Millionen Franken auf 95,4 Millionen Franken abgenommen hat. Zusammengerechnet schliessen die Gemeinden ihre Jahresrechnungen bei einem Aufwand von 203,6 Millionen Franken und einem Ertrag von 197,1 Millionen Franken mit einem Aufwandüberschuss von 6,5 Millionen Franken ab. Das Ergebnis der Erfolgsrechnung fällt schlechter und das betriebliche Defizit deutlich höher aus als im Vorjahr. Dies ist neben dem Mehraufwand hauptsächlich auf tiefere Steuererträge zurückzuführen. Die hohen Nettoinvestitionen von 41,3 Millionen Franken bewirken bei der sehr tiefen Selbstfinanzierung von 11,8 Millionen Franken einen Finanzierungsfehlbetrag in der Höhe von 29,5 Millionen Franken. Dies entspricht einem Selbstfinanzierungsgrad von unter 30 Prozent. Auch die Bruttoschulden erreichen mit 211,6 Millionen Franken einen neuen Höchststand. Das Nettovermögen von 27,4 Millionen Franken aus dem Vorjahr weicht einer Nettoschuld von 1,6 Millionen Franken. Die konsolidierte Nettoschuld pro Kopf der Bevölkerung gilt mit 40 Franken als gering.

Gemeindefinanzrating: Leichte Verschlechterung, gleiche Beurteilung

Keine Gemeinde erreicht beim Selbstfinanzierungsgrad den Zielwert von 80 Prozent. Alle Gemeinden verzeichnen im Berichtsjahr einen Finanzierungsfehlbetrag, wobei dieser in Glarus und Glarus Süd durch das Nettovermögen gedeckt ist. Auch wenn einige Finanzkennzahlen als problematisch gelten, ist die finanzielle Situation der Gemeinden Glarus und Glarus Süd aufgrund der günstigen Vermögenslage gut. Die Gemeinde Glarus Nord hingegen muss seit 2020 eine Nettoschuld hinnehmen. Die Nettoschuld und der Finanzierungsfehlbetrag zeigen das grosse Missverhältnis zwischen dem Finanzbedarf für die Investitionen und den selbst erwirtschafteten Mitteln aus der Erfolgsrechnung auf. Wenn nicht Gegensteuer gegeben wird, führt dies zu einer Überschuldung. 

Entwicklung der Steuereinnahmen 

Die ordentlichen Gemeindesteuern stellen mit 110 Millionen Franken die Haupteinnahmen der Gemeinden dar. Mit einer Zunahme um insgesamt 24,9 Millionen Franken bzw. knapp 30 Prozent fallen sie deutlich höher aus als im Jahr 2011, dem ersten Jahr nach dem Gemeindezusammenschluss. Jedoch konnten nicht alle Gemeinden gleichermassen davon profitieren. Glarus Nord verzeichnet mit 50,4 Millionen Franken Steuereinnahmen im Jahr 2021 nicht nur die höchste absolute Steuerkraft, sondern mit einer Zunahme von fast 40 Prozent (14,2 Mio. Fr.) auch den grössten Wertzuwachs innert zehn Jahren.

Vorgaben für Glarus Nord und Glarus Süd

Der Regierungsrat nimmt das Gemeindefinanzrating zur Kenntnis. Die Gemeinde Glarus Nord wird verpflichtet, ihr Finanzvermögen und insbesondere die Immobilien per 31. Dezember 2023 nach Massgabe der geltenden finanzhaushaltrechtlichen Vorgaben erneut zu bewerten. Die Gemeinde Glarus Süd wird durch die Aufsicht enger begleitet und verpflichtet, das Haushaltsgleichgewicht gemäss Finanzhaushaltgesetz wiederherzustellen. Darauf muss bereits bei der Budgetierung hingewirkt werden.

Ausblick

Die Gemeinden müssen aufgrund der steigenden Teuerung und der unsicheren, von Energieknappheit, Krieg in der Ukraine und Fachkräftemangel geprägten wirtschaftlichen Entwicklung in Zukunft mit steigendem Aufwand rechnen. Die höheren Zinsen werden die Fremdfinanzierung erheblich verteuern. Die Entwicklung der Steuereinnahmen ist ungewiss. Die finanzpolitischen Herausforderungen bleiben anspruchsvoll.

Das Gemeindefinanzrating

Die Kantonsverfassung weist die Aufsicht über die Gemeinden dem Regierungsrat zu. Ziel der Gemeindeaufsicht ist die Sicherstellung der rechtmässigen Organisation sowie eines ordnungsgemässen Finanzhaushaltes. Die Gemeindefinanzstatistik bildet die Finanzhaushalte der Gemeinden und des Kantons in konsolidierter und vergleichbarer Form ab. Die transparente Darstellung erlaubt einen direkten Vergleich der Erfolgs- und Investitionsrechnungen, der Bilanzen sowie der Kennzahlen zwischen den Gemeinwesen. Basierend auf der Gemeindefinanzstatistik beurteilt und kommentiert der Bericht die Finanzkennzahlen und stuft die Gemeinden entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit ein. Als Ampelsystem konzipiert, ist das Gemeindefinanzrating für den Kanton ein Frühwarnsystem, um finanzielle Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen. Das Gemeindefinanzrating richtet sich auch an die Politik, die Kapitalgeber sowie an die interessierte Öffentlichkeit. Für die Gemeinden sind die Auswertungen eine wertvolle Aussensicht zur Standortbestimmung. Mit der Veröffentlichung des Berichts zeigt der Regierungsrat den finanziellen Zustand der Glarner Gemeinden und deren Entwicklung offen und transparent auf.

Die Berichte zum Gemeindefinanzrating sind auf der Website www.gl.ch publiziert.