Gemeindefinanzrating 2011

An der Sitzung vom vergangenen Dienstag behandelte der Regierungsrat eingehend das Gemeindefinanzrating 2011. Trotz gutem Startjahr und einer komfortablen Vermögenslage ist die Finanzsituation der Gemeinden angespannt. Die negativen Ergebnisse aus betrieblicher und operativer Tätigkeit sind mit Blick auf die finanzielle Entwicklung problematisch.



Das Gemeindefinanzrating 2011 ist die erste statistische Auswertung der finanziellen Situation der drei neuen Glarner Gemeinden. (Archivbild: jhuber)
Das Gemeindefinanzrating 2011 ist die erste statistische Auswertung der finanziellen Situation der drei neuen Glarner Gemeinden. (Archivbild: jhuber)

Das Gemeindefinanzrating 2011 ist die erste statistische Auswertung der finanziellen Situation der drei neuen Glarner Gemeinden. Die Rechnungsführung und der Abschluss erfolgten erstmals nach dem neuen harmonisierten Rechnungslegungsmodell 2 (HRM2). Alle drei Glarner Gemeinden werden in der zweitbesten Klasse als «problematisch in einzelnen Kennzahlen» geführt. Sie verfügen per 31. Dezember 2011 über gesunde Bilanzen mit einem Nettovermögen von total 72,8 Mio. Franken, beträchtlichem Finanzvermögen und komfortablem Eigenkapital. Bedingt durch einmalige, ausserordentliche fusionsbedingte Sondereffekte können sie ihre Rechnungen mit Ertragsüberschüssen von 4,6 Mio. Franken (konsolidiert) abschliessen und – auch infolge der geringen Investitionstätigkeit – genügende und gute Selbstfinanzierungsgrade ausweisen. Die grossen negativen betrieblichen und operativen Ergebnisse in der gestuften Erfolgsrechnung zeigen, dass die Gemeinden künftig noch weit von einer ausgeglichenen Rechnung entfernt sein werden.

Jahresrechnungen 2011


Aussergewöhnliche Vorgänge und Besonderheiten im Zusammenhang mit der Gemeinde­strukturreform und der Umstellung auf HRM2 beeinflussten die Rechnungen – Vermögenslage, Erfolgsrechnungen, Investitionen – massgeblich.

Das Finanzvermögen aller drei Gemeinden beträgt per 31. Dezember 2011 196,9 Mio. Franken. Es übersteigt das Fremdkapital von 124,1 Mio. Franken um 72,8 Mio. Franken. Das Eigenkapital zeigt Reserven von 208,6 Mio. Franken.

Alle drei Gemeinden schreiben Gewinne in der Erfolgsrechnung. Das positive Gesamtergebnis von 4,6 Mio. Franken konnte nur durch Ertragsüberschüsse der ausserordentlichen Rechnung über alle Gemeinden von 14,7 Mio. Franken (netto) erreicht werden, welche direkt oder indirekt im Zusammenhang mit der Gemeindefusion stehen. Ohne Berücksichtigung dieser Sondereffekte weist jede der drei Gemeinden sowohl ein negatives betriebliches als auch ein negatives operatives Ergebnis aus. Dies ist für die langfristige Entwicklung der Gemeinden ungenügend. Die Gemeinden sind noch weit von einer ausgeglichenen Erfolgsrechnung entfernt.

Im Vergleich mit den Vorjahren ist das Investitionsvolumen der drei Gemeinden mit netto 9,9 Mio. Franken tief. Die Gemeinden investierten in den Jahren 2006–2010 durchschnittlich 16 Mio. Franken (total 81,8 Mio. Fr.). Dies führt zusammen mit dem guten Rechnungsergebnis bei der konsolidierten Betrachtung zu einem Finanzierungsüberschuss von 9,2 Mio. Franken und einem Selbstfinanzierungsgrad von über 193 Prozent.

Ergebnis Gemeindefinanzrating 2011


Die Gemeinde Glarus Süd weist mit 4,5 Mio. Franken die höchsten Nettoinvestitionen der drei Gemeinden aus. Die Investitionen konnten nicht vollständig durch selbst erwirtschaftete Mittel finanziert werden, was zu einem bescheidenen Finanzierungsfehlbetrag von 35 654 Franken führt. Glarus Süd hat mit 2320 Franken das höchste Nettovermögen je Einwohner/-in. – Glarus weist mit 4,9 Mio. Franken den höchsten Finanzierungsüberschuss aller drei Gemeinden aus und hat viele Finanzkennzahlen im grünen Bereich. – In Glarus Nord ist der Abschreibungsbedarf mit 8 Mio. Franken am höchsten. Der Kapitaldienstanteil von 16,2 Prozent ist zu hoch. Glarus Nord verfügt mit 92,3 Mio. Franken über das höchste Eigenkapital und mit 31,5 Mio. Franken Nettovermögen auch über das höchste Vermögen der Glarner Gemeinden.

Die Bilanzwerte liegen im grünen Bereich. In der Erfolgsrechnung weisen alle ein negatives Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit aus. Die Gesamtrechnung von Glarus Süd zeigt einen Finanzierungsfehlbetrag. Der Kapitaldienstanteil von Glarus Nord ist durch den hohen Abschreibungsbedarf zu hoch und dementsprechend ungenügend. Da keine der Gemeinden einen Bilanzfehlbetrag ausweist, die Schuldenbegrenzung anwenden muss, in der Erfolgsrechnung bei einer Nettoschuld mit einem Finanzierungsfehlbetrag abschliesst und eine der drei Finanzkennzahlen erster Priorität als ungenügend ausweist und nur Glarus Nord eine ungenügende Kennzahl zweiter Priorität ausweist, gilt die Finanzlage per 31.12.2011 der drei Gemeinden als «problematisch in EinzelkennzahlenArtikel[1]».

Schlussfolgerung


Trotz gutem Startjahr und einer komfortablen Vermögenslage ist die Finanzsituation der Gemeinden angespannt. Die negativen Ergebnisse aus betrieblicher und operativer Tätigkeit sind mit Blick auf die finanzielle Entwicklung problematisch. Die Gemeinden haben bei den Einnahmen jährlich Einbussen von 8,6 Mio. Franken an Steuerträgen zu verkraften. Dies wegen der Steuerentlastungen von 2009, welche den Steuerpflichtigen sozusagen als «vorgezogene Fusionsdividende» zugute kommt. Sinken die Steuererträge substanziell, kann gleich bleibender Aufwand nur schwer gedeckt werden, was die Gemeindebudgets 2012 und 2013 mit grossen Defiziten belegen: Die Aufwandpositionen können nicht sofort im erwünschten Mass reduziert werden. Die einmaligen ausserordentlichen Erträge, namentlich der Kantonsbeitrag zum Ausgleich der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse der sich zusammenschliessenden Gemeinden von 11,7 Mio. Franken, vermochten 2011 die Mehrbelastungen noch auszugleichen. In der durch Anfangsinvestitionen und Aufspüren von Synergiepotenzial und Optimierungsmöglichkeiten geprägten Übergangsphase der Gemeindestrukturreform, wird sich die Finanzlage verschlechtern. Die Gemeinden prüfen Massnahmen zur Stabilisierung ihrer Finanzen. Das Realisieren von Synergiepotenzialen braucht aber Wille, Zeit und Geduld. Kanton und Gemeinden sind gleichermassen gefordert, gemeinsam Voraussetzungen zu schaffen, um die finanziellen Herausforderungen zu meistern.


[1] Die Beurteilung der Finanzlage erfolgt in vier Kategorien: kritisch, angespannt, problematisch in Einzelkennzahlen, unproblematisch/günstig.