Gemeindefinanzrating 2017

Der Kanton beurteilt jedes Jahr die Finanzen der Glarner Gemeinden. Insgesamt ist die finanzielle Situation der Glarner Gemeinden aufgrund der komfortablen Vermögenslage gut, auch wenn einzelne Finanzkennzahlen isoliert betrachtet als problematisch gelten und keine Gemeinde im Rating die Bestnote erreicht. Über den ganzen Kanton schliesst die Erfolgsrechnung 2017 mit einer roten Null ab.



Aus den Verhandlungen des Regierungsrates vom 20. November (Bild: e.huber)
Aus den Verhandlungen des Regierungsrates vom 20. November (Bild: e.huber)

Infolge der hohen Investitionen verbunden mit einer tiefen Selbstfinanzierung, klafft eine Finanzierungslücke von 14 Mio. Franken. Die steigende Bruttoverschuldung belastet die Finanzhaushalte der Glarner Gemeinden wenig, stellt aber ein Zinsänderungsrisiko dar.

Stärkste Investitionstätigkeit seit 2011

Die Glarner Gemeinden investieren kräftig – vor allem in ihre Infrastrukturen. Die Nettoinvestitionen liegen mit 24,6 Mio. Franken um über 10 Mio. Franken über dem Vorjahr und dem Mehrjahresdurchschnitt. Da die Gemeinden ihre Investitionen zu bedeutenden Teilen nicht aus Mitteln der Erfolgsrechnung finanzieren können, fällt der Selbstfinanzierungsgrad auf sehr tiefe und ungenügende 43 Prozent (Vorjahr 72%). Dementsprechend resultiert ein hoher Finanzierungsfehlbetrag von 14 Mio. Franken. Als Folge steigt der Fremdkapitalbedarf: Die Bruttoverschuldung wird um 13,6 Mio. Franken höher als im Vorjahr ausgewiesen und erreicht mit 132,5 Mio. Franken einen Höchststand. Insgesamt präsentieren sich die Finanzhaushalte der Glarner Gemeinden nach wie vor in einem guten Zustand. Im Total halten sich Aufwand und Ertrag der Erfolgsrechnung 2017 bei einem Aufwandüberschuss von 0,2 Mio. Franken annähernd die Waage. Ohne zusätzliche Abschreibungen hätten die Gemeinden einen konsolidierten Gewinn von 2,7 Mio. Franken ausgewiesen. Die Bilanzsituation ist weiterhin positiv. Mit Nettovermögen von 65,7 Mio. Franken und Eigenkapitalien von 238,4 Mio. Franken verfügen die Gemeinden über eine gute und solide Vermögenslage mit ausreichenden Reserven. Die kommunalen Unterschiede sind aber gross.

Gemeinde Glarus: Der Rechnungsabschluss fällt zum vierten Mal in Folge positiv aus

Wiederum schliesst Glarus als einzige Glarner Gemeinde die Rechnung mit einem Ertragsüberschuss ab. Ohne Vornahme von zusätzlichen Abschreibungen in der Höhe von 2,9 Mio. Franken hätte der Ertragsüberschuss wie im Vorjahr 3,3 Mio. Franken betragen. Mit 13,6 Mio. Franken Bruttoinvestitionen und 11,8 Mio. Franken Nettoinvestitionen weist die Gemeinde Glarus im Rechnungsjahr 2017 das höchste Investitionsvolumen der Glarner Gemeinden und in ihrer Geschichte aus. Mit einem Investitionsanteil von 24,2 Prozent erreicht sie erstmals den Status einer starken Investitionstätigkeit. Bei einer Selbstfinanzierung von rund 6 Mio. Franken resultiert ein Finanzierungsfehlbetrag von 5,8 Mio. Franken und ein Selbstfinanzierungrad von 50,4 Prozent. Die Bruttoverschuldung steigt im 2017 um 6,7 Mio. auf 30,9 Mio. Franken; der Bruttoverschuldungsanteil erhöht sich von sehr guten 48,4 Prozent auf gute 63 Prozent. Gleichzeitig sinkt das Nettovermögen um 5,9 Mio. auf 20,2 Mio. Franken, was einem Wert von 1610 Franken pro Einwohner entspricht. Trotz des hohen Investitionsvolumens im Rechnungsjahr 2017 ist der kumulierte Finanzhaushalt der Gemeinde Glarus über die vergangenen Jahre insgesamt im grünen Bereich – sowohl in der Erfolgsrechnung als auch auf der Finanzierungsseite: Die Erfolgsrechnungen 2011–2017 weisen ohne Vornahme von Abschreibungen Ertragsüberschüsse von über 16 Mio. Franken aus und der durchschnittliche Selbstfinanzierungsgrad liegt bei guten 120 Prozent.

Gemeinde Glarus Süd: Die Investitionen sind wieder grösstenteils fremdfinanziert

Die Gemeinde Glarus Süd schliesst mit einem Aufwandüberschuss von 0,4 Mio. Franken nahezu unverändert gegenüber dem Vorjahr ab. Die Mehraufwände und die Mindererträge konnten durch höhere Steuereinnahmen von über 1,2 Mio. Franken kompensiert werden. Die Nettoinvestitionen betragen bei 10,7 Mio. Franken Investitionsausgaben und 3,7 Mio. Frankeneinnahmen 7 Mio. Franken. Davon stellen die 1,9 Mio. Franken für den Werkhofneubau in Schwanden den grössten Ausgabeposten dar. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Selbstfinanzierung von 2,6 Mio. auf 1,7 Mio. Franken, weshalb 5,3 Mio. Franken oder 77 Prozent der Nettoinvestitionen fremdfinanziert sind. Die Bruttoschulden erhöhen sich per Ende 2017 um 6 Mio. auf 49,5 Mio. Franken. Die Finanzkennzahlen zur Selbstfinanzierung, der Selbstfinanzierungsgrad von 23,3 Prozent und der Selbstfinanzierungsanteil von 3,4 Prozent sind ungenügend. Seit 2013 hält die Selbstfinanzierung mit den Investitionsausgaben nicht mehr Schritt. Mit 23,4 Mio. Franken besitzt die Gemeinde Glarus Süd weiterhin das höchste Vermögen der Glarner Gemeinden und mit 2446 Franken gleichzeitig auch das Höchste pro Einwohner.

Gemeinde Glarus Nord: Die Steuereinnahmen steigen weiter kräftig an

Nach der Zunahme der Steuererträge im Rechnungsjahr 2016 von über 1,2 Mio. Franken, wirken sich die erneut stark steigenden Steuererträge in der Höhe von 2,6 Mio. Franken gegenüber dem Vorjahr sehr positiv auf das Jahresergebnis 2017 aus. Trotzdem muss die Gemeinde Glarus Nord in der Erfolgsrechnung 2017 einen Aufwandüberschuss von 0,2 Mio. Franken hinnehmen, wobei ohne die nicht vorhersehbaren Rückstellungen von 0,4 Mio. Franken die Rechnung positiv abgeschlossen hätte. Bei Gesamtausgaben von 8,4 Mio. und Gesamteinnahmen von 2,6 Mio. Franken belaufen sich die Nettoinvestitionen auf 5,8 Mio. Franken. Davon konnten mit 3 Mio. Franken rund die Hälfte mit selbst erwirtschafteten Mitteln finanziert werden, weshalb der Finanzierungsfehlbetrag 2,8 Mio. Franken und der Selbstfinanzierungsgrad 51,6 Prozent beträgt.

Mit 98,4 Mio. Franken verfügt die Gemeinde Glarus Nord zwar über das grösste Eigenkapital und mit 43 Mio. Franken über den höchsten Bilanzüberschuss, aber mit 52,1 Mio. Franken gleichzeitig auch über die höchsten Bruttoschulden der Glarner Gemeinden. Das Nettovermögen hat im 2017 um 2,8 Mio. Franken und seit 2011 um nahezu 10 Mio. Franken abgenommen und beträgt neu 22,1 Mio. Franken, was einem Wert von 1226 Franken pro Einwohner entspricht.

Keine Gemeinde erreicht die Bestnote

Sämtliche Bilanzwerte sind bei allen Gemeinden im positiven und günstigen Bereich. In Glarus Süd und in Glarus Nord liegen je sechs und in Glarus zwei von 19 Kennzahlen nicht in der erwünschten Bandbreite. Infolge des ungenügenden Selbstfinanzierungsgrads, einer Kennzahl erster Priorität, wurde die Finanzlage der Gemeinde Glarus im Vergleich zum Vorjahr von «sehr gut» auf «gut» zurückgestuft. Auch wenn das Rating leicht negative Tendenzen aufdeckt und einzelne Kennzahlen die Grenzwerte überschreiten, ist die finanzielle Situation der drei Gemeinden aufgrund der hohen Nettovermögen insgesamt gut.

Tiefere Zinskosten trotz steigender Verschuldung

Über alle Gemeinden sind die Bruttoschulden seit 2011 von 111,7 Mio. auf 132,5 Mio. Franken um 18,6 Prozent angestiegen, wobei die Unterschiede in den einzelnen Gemeinden sehr gross sind: Der Fremdkapitalbedarf der Gemeinde Glarus Süd erhöht sich jährlich und wird mit 49,5 Mio. um 19,1 Mio. Franken höher als im 2011 ausgewiesen; die Gemeinde Glarus konnte trotz starker Investitionstätigen 2017 ihre Schulden in den vergangenen Jahren um 1,5 Mio. auf 30,9 Mio. Franken reduzieren; in der Gemeinde Glarus Nord haben sich die Bruttoschulden seit 2011 um 3,3 Mio. Franken auf über 52 Mio. Franken erhöht.

Entwicklung der Bruttoverschuldung und der Zinsbelastung 2011–2017

Die Refinanzierungskosten über alle Gemeinden sind trotz höherer Schulden von 1,8 Mio. 2011 auf 0,4 Mio. Franken 2017 stark gesunken. Zahlten die Gemeinden für 2011 noch einen durchschnittlichen Zinssatz auf ihre Bruttoschulden von rund 1,7 Prozent, bewegt sich dieser 2017 bei nur noch 0,3 Prozent. Die Gemeinden können laufend ältere Finanzierungen mit weniger vorteilhaften Konditionen durch neuere Kontrakte mit tieferen Zinssätzen ersetzen. Sie profitieren derzeit stark vom tiefen Zinsniveau und von ihrer guten Bonität. Die Zinskosten stellen für die Glarner Gemeinden derzeit keine grosse finanzielle Belastung dar. Allerdings erhöht sich mit der steigenden Verschuldung das Zinsänderungsrisiko und damit die Gefahr einer plötzlich stark zunehmenden finanziellen Belastung bei steigenden Zinssätzen.

Durchschnittlicher Zinssatz auf Bruttoschulden in Prozent (2011–2017)

Bemerkung: Die Gemeinde Glarus Süd weist im Rechnungsjahr 2012 die Zinsbelastung zu hoch aus. Durch die notwendige Korrekturbuchung im Folgejahr wird der Zinsaufwand 2013 zu tief dargestellt.