Wenn ein Mitarbeiter krank sei, setze er sich jeweils sogleich mit dem Arzt in Verbindung, erzählt ein Unternehmer. Denn oft gebe es falsche Angaben seitens des Angestellten: darüber zum Beispiel, wie schwere Gewichte gehoben werden müssen. Statt zu Hause zu bleiben gäbe es nämlich auch die Möglichkeit, den als arbeitsunfähig eingestuften Arbeiter vorübergehend in einer anderen Abteilung arbeiten zu lassen.
Jakob Lütschg, Past-Präsident der Glarner Ärztegesellschaft, tendiert in die selbe Richtung. Er legt vor Gewerbeverbands- und Handelskammer-Mitgliedern dar, wie die Situation heute ist. Was heisst zum Beispiel 50 Prozent arbeitsfähig. «Heisst das, er kann die halbe Zeit mit voller Leistung arbeiten oder die volle Zeit mit halber Leistung?»
Neu das Arbeitsfähigkeitszeugnis
Nun gebe es zwischen Arzt und Arbeitgeber ein wirksames System der gegenseitigen Information über Patientendaten. Das Ziel: den Arbeitenden bei Krankheit und Unfall eine optimale Rekonvaleszenz und eine rasche und gesicherte Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu ermöglichen. Im Rheintal sei das schon vor sieben Jahren eingeführt worden; die Reaktionen seien durchaus positiv, so Lütschg.
In anderen Kantonen sei es angelaufen und im Glarnerland sollte das nun auch möglich sein, wenn das von den Ärzten vorgelegte Credo vom Gewerbeverband und der Glarner Handelskammer unterschreiben wird. Konkret geht es um ein deutlich effizienteres Absenzen-Management. Jakob Lütschg stellt das neue Arbeitsfähigkeitszeugnis vor. In einer ersten Stufe ersetzt es das heutige Arztzeugnis. Jedoch wird stets neu evaluiert. Es ist wie bisher kostenlos. Der Arzt entscheidet zusammen mit dem Patient, ob weitere Abklärungen erfolgen.
Führungsverhalten grosse Rolle
Darauf folgt das erweiterte, detaillierte Arbeitsfähigkeitszeugnis, das dem Arbeitgeber in Rechnung gestellt wird. Es baut darauf auf, dass der Arbeitgeber den Arbeitsplatz beschreibt. «Wir Ärzte sind froh um einen solchen Beschrieb», sagt Lütschg. Dank diesem könne in Erfahrung gebracht werden, was für Arbeiten der Patient ausführen könne. In einer dritten Stufe gelte es, Vertrauensärzte beizuziehen. Es müsste für Glarus Nord und Glarus Süd je ein solcher bestimmt werden.
Was es mit den Absenzen überhaupt auf sich hat, darüber gab Martin Trümpi, Geschäftsleitungsmitglied von Swissbroke, an dem von Gewerbeverband und Handelskammer gemeinsam organisierten Feierabendseminar Auskunft: Diese sind ein grosses Thema in den Betrieben. Der Referent wartete mit deutlichen Zahlen auf. Und er machte auch klar, dass Arbeitsunfähigkeit nicht immer ein medizinisches Problem ist. Sondern Arbeitsmotivation, das Verhältnis am Arbeitsplatz, Mobbing können sich auswirken.» Vor allem das Führungsverhalten spiele dabei eine grosse Rolle.
Kosten sind beeinflussbar
Die durchschnittliche Fehlzeit pro Arbeitnehmer in der Schweiz beträgt neun Tage pro Jahr. Je nach Wirtschaftszweig fehlen dadurch täglich rund 3 bis 5 Prozent der Belegschaft. Vor allem im Baugewerbe sind die Absenzen hoch, deutlich weniger im Kredit- und Versicherungsgewerbe. 80 Prozent der Absenzen entstehen durch Krankheit, 5 durch Unfall und 15 durch verschiedenes.
Betrachtet man die Krankheitskosten, dann sind 40 Prozent psychische Gründe, 30 Prozent Rückenschmerzen und 30 Prozent verschiedene. Interessant ist die Feststellung, dass 40 Prozent davon beeinflussbar wären. Das heisst, wenn pro Jahr Absenzen die Schweizer Wirtschaft rund 14 Milliarden Franken kosten, sind davon 5,6 Milliarden beeinflussbar.
Nachfragen, vorbeigehen
Das kann durch dreierlei Massnahmen erfolgen: durch ein Gesundheitsmanagement, ein Absenzenmanagement und durch ein Case Managementment. Ein Beispiel für ersteres: In einem Betrieb mit einer grossen Produktionshalle kam es oft zu Erkältungskrankheiten. Der Grund waren offene Türen und ständiger Durchzug. Mit automatischen Türen konnte weitgehend Abhilfe geschaffen werden.
Das zweite, das Absenzenmanagement, müsse unbedingt geführt werden, und zwar durch Führungspersonen. Bei grösseren Betrieben kann es angebracht sein, dass jemand Externer das sogenannte Case Management übernimmt und während den ersten Tagen einer Absenz telefonisch nachfragt und später persönlich vorbeigeht.
Irène Hunold Straub, Pressebeauftragte der Glarner Handelskammer