Glarner auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin

Es ist schon ein besonderes Ereignis, wenn sich 130 000 Christinnen und Christen treffen, um gemeinsam zu feiern, zu beten, zu tanzen und zu diskutieren. Das spürte auch die kleine Glarner Reisegruppe, die sich für 5 Tage nach Berlin zum deutschen Evangelischen Kirchentag aufmachte.



Pfrarrerin Lustenberger
Pfrarrerin Lustenberger

Dass bei der immensen Fülle an Angeboten dabei nur wenig Gruppendynamik aufkommen konnte, war ganz natürlich. Jede und jeder gestaltete das Programm eigenverantwortlich.

Umso spannender waren die Berichte am Abend beim letzten Tee oder Wein in der Hotellobby. «Habt ihr Obama gesehen?», wurden die drei bedrängt, die mit 70 000 anderen zum Brandenburger Tor gepilgert waren, um den ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu sehen. «Ja, sicher, aber für ein Selfie hat es nicht gereicht», so die schmunzelnde Antwort.

Die anderen waren in der ganzen Millionenstadt verstreut. Hier, bei Strassenexerzitien, dort bei einer politischen Diskussion. Tanzworkshop am einen Ende der Stadt und Bibliodrama und Konzert am anderen. Am Abend Kabarett mit Schlachtruf «Es gibt nur einen Martin Luther!» und am Morgen in der Früh bereits wieder Bibelarbeit. Eine zog es in die Lutherstadt Wittenberg zur Weltausstellung der Reformation und original Thüringer Bratwurst, während andere auf dem Markt der Möglichkeiten ihren Geldbeutel erleichterten. So kam jeder zum Zuge und erlebte, dass Christsein viel mehr ist als der sonntägliche Kirchenbesuch.

Das Motto «Du siehst mich!» aus der Geschichte von Abraham und Hagar spielte dabei eine entscheidende Rolle. Dass Gott uns sieht, befähigt uns, unsere Nächsten zu sehen. Dieser Blick bedeutet Interesse, Mitgefühl und Auseinandersetzung. Das gilt für die Debatten um eine multikulturelle Gesellschaft ebenso wie für den Blick auf Schwächere und eine kritische Sicht auf die Machtverhältnisse in dieser Welt.

Gepaart wurde das Thema mit dem Gedenken an 500 Jahre Reformation, die von Wittenberg ausging. Martin Luther war allgegenwärtig – gefeiert, aber auch kritisiert. Zurück blieb ein Gefühl von Aufbruchstimmung und dem festen Gefühl, dass Kirche in dieser Welt etwas zu sagen hat.

Zurück blieb aber auch unsere kleine Reisegruppe. Erschöpft und doch angefüllt von so viel positiver Energie. Denn auch wenn mancher Besuch, etwa bei Margot Kässmann, an der Eingangstür endete, weil die Halle mal wieder überfüllt war, so war doch der gewisse Zauber zu spüren, den dieses Erlebnis mit sich brachte. Und spätestens als Tausende am Abend vor dem Brandenburger Tor mit einer Kerze in der Hand «Der Mond ist aufgegangen» sangen, brachen alle Dämme.

Berlin war wirklich eine Reise wert und es hat gut getan, die berühmte Berliner Luft zu schnuppern. Es bleibt zu hoffen, dass ein wenig von diesem frischen Wind auf unsere Gemeinden zurückweht.