Glarner Madrigalchor – der Abschied aus der Kulturszene

Über fünf Jahrzehnte hinweg trat der Glarner Madrigalchor – immer unter der musikalischen Leitung von Niklaus Meyer – mit mitunter starken Aufsehen erregenden Aufführungen an die Öffentlichkeit, nicht nur im Kanton, sondern weit über dessen Grenzen hinaus. Nun hat alles ein Ende, was 1969 in der damaligen Villa Flora in Glarus mit elf Sangesfreudigen seinen Anfang genommen hat.



Im Gespräch: Rechnungsrevisor Ruedi Ferndriger (links) und Thomas Zimmermann, Kassier
Im Gespräch: Rechnungsrevisor Ruedi Ferndriger (links) und Thomas Zimmermann, Kassier

Die allerletzte Hauptversammlung bot Gelegenheit, an einiges zu erinnern, was mit grossem Aufwand einst erarbeitet worden war. Teilweise – so Niklaus Meyer – seien das schon leicht «verrückte Sachen» gewesen. So erinnerte er an elf Auftritte im Jahre 1974 mit sechs verschiedenen Programmen. Und nun gehören gut 200 Auftritte, szenische Aufführungen, sechs Auslandreisen nach Ungarn, Slowenien, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Wien, sieben Radioaufnahmen – beispielsweise mit dem «Zaubertrank» von Frank Martin (1978), der Oper Acis und Galatea, der Uraufführung von Balz Trümpis «Nacht» (1986), die Teilnahme am Tonkünstlerfest (1980), erste Auftritte in Braunwald, Uznach und Ennenda, ein Studioabend mit Werken von Claudio Monteverdi, Gastauftritte in Vilters, Bad Ragaz, Arth / SZ, Lachen, Kirche Heiligkreuz in Mels, Tonhalle St. Gallen, Opernprojekte wie «Acis und Galatea» von G. F. Händel in der damaligen Masanti-Halle Mitlödi, «Orfeo ed Euridice» von J. Haydn, «Undine», «Barca die Venetia per Padova» «Dido und Aeneas», «Juditha triumphans» von Vivaldi, Auftritte in Budapest, Kecskemet, Konstanz, Münsterlingen und anderswo der Vergangenheit an. Mit berechtigter Freude dürfen die Chormitglieder auf eine musikalisch und zwischenmenschlich reichhaltige, erfüllende Zeitspanne zurückblicken.
 

Die Zeit fürs Aufhören ist auch aus Altersgründen gekommen. Für alle standen die Musik aus verschiedensten Epochen, das zuweilen sehr fordernde Erarbeiten und die zahllosen Aufführungen im Mittelpunkt. Ausdauernd und mit hohem Engagement wurde einstudiert, szenisch und konzertant aufgeführt. Der Weg ab jeweiligem Beginn bis zum erfüllenden Auftritt war zuweilen sehr, sehr lang.

Dass der Madrigalchor hin und wieder mit anderen Chorgemeinschaften auftrat, bleibt nachhaltig in Erinnerung, beispielsweise mit den Kammerchören aus Glarus und St. Gallen. An der letzten Hauptversammlung kam Gudrun Illi, Chorpräsidentin, auch darauf zu sprechen.

Erwähnung fand «Ein deutsches Requiem» von Johannes Brahms, das – gemeinsam mit dem Glarner Kammerchor – unter der Leitung von Katharina Jud einstudiert worden war. Der Madrigalchor befasste sich parallel mit «Et la vie t `emporta» von Frank Martin. So gelangten beide Werke in der ersten Novemberhälfte des vergangenen Jahres zur Aufführung.

Und dann begann das Einüben fürs Abschiedskonzert. Es sollte eine Rückschau aufs gesamte Schaffen werden – die Auswahl erwies sich als nicht eben einfach. Noch einmal übte man das A-cappella-Singen, feilte an den richtigen Einsätzen und der korrekten Aussprache rum, studierte zum letzten Mal eine Uraufführung («Schmetterlinge» von Peter Wettstein) ein, stimmte sich aufs Galatea Quartett und die Solisten Catriona Bühler und Robert Koller ab. Verständliche Wehmut herrschte im Saal des Gemeindehauses Ennenda. Gross war die Zuhörerschaft, die sich von der Chorgemeinschaft verabschiedete. Im Konzertraum und im Treppenhaus waren Erinnerungen an vergangene Auftritte präsent (Requisiten der Chormitglieder, Fotos, Puppen in Operngewändern, Texte). Hans Brupbacher erinnerte mit seiner Laudatio auf liebenswürdige und einfühlende Art an Vergangenes und Zwischenmenschliches, Niklaus Meyer schloss sich diesen Gedanken an, flocht Eigenes ein.

Und am Abend wurde im Hotel Glarnerhof Glarus massvoll – natürlich nochmals mit Musik – gefeiert.

Anlässlich der HV hatte Gudrun Illi ganz vielen Sponsoren zu danken, die vieles mit grossem Verständnis und erfreulichem Unterstützen mitgetragen hatten. In dieses grosse Dankeschön bezog sie Niklaus Meyer, die Vorstandsmitglieder und alle Sängerinnen und Sänger mit ein.

An den Chor erinnern die Unterlagen im Landesarchiv – dafür haben drei Kartons ausgereicht – die Jubiläumsschrift zum damals 40-jährigen Bestehen des Chors und eine Vielzahl von CDs für den chorinternen Gebrauch – die man sich dann anhört, wenn wieder mal Wehmut aufkommt.