Glarner sorgen für «Schwingerwunder»

Drei Glarner reisten ans Eidgenösssische Schwingfest nach Estavayer-le-Lac. Mit zwei Kränzen sorgten sie für eine unglaublich, nie erwartete Ausbeute. Und auch der neue Schwingerkönig ist ein «Glarner».



Peter Horner bezwingt Adrian Steinauer. (Bild: Janine Kid/schaererphotographs.ch)
Peter Horner bezwingt Adrian Steinauer. (Bild: Janine Kid/schaererphotographs.ch)

Dass Roger Rychen und Peter Horner zwei Kränze in den Zigerschlitz entführen, davon träumten selbst die kühnsten Optimisten nicht. Zwei Glarner Kranzgewinner an einem Eidgenössischen gab es letztmals vor 47 Jahren, 1969 in Biel, durch die Gebrüder Peter und Bruno Jutzeler, wobei Bruno damals bereits im Kanton Luzern wohnhaft war und für den Luzerner Verband schwang. Der letzte Glarner «Eidgenosse» war bis zum vergangenen Wochenende Albrecht Rhyner, der vor 27 Jahren in Stans mit einem Sieg über den Küssnachter Hans Pfrunder den Kranz ergatterte.

Druck standgehalten

Bei Roger Rychen war der Kranzgewinn insgeheim und speziell nach seinem starken Auftritt auf der Schwägalp erwartet worden. «Der Druck auf Roger war enorm. Viele erwarteten von ihm, dass er die Durstrecke im Glarner Verband beenden wird. Es war eine grossartige Leistung, wie er dem Druck standgehalten hat», äusserste sich sein Betreuer vor Ort und Technische Leiter des Glarner Verbandes, Fridolin Beglinger. In der Tat gehörte der Molliser zu den auffälligsten Akteuren auf den sieben Sägemehlringen in der Broye-Arena. Im Anschwingen bezwang er mit Michael Nydegger und Remo Stalder gleich zwei Eidgenossen. Am Samstagnachmittag riss der Faden. Relativ rasch verlor er gegen den Nordwestschweizer Henryc Thoenen. Im vierten Gang wartete eine der national grössten Nachwuchshoffnungen, der Zuger Pirmin Reichmuth. Rychen vergab seine hervorragende Ausgangslage und musste ein zweites Mal untendurch. Doch am Sonntag kehrte Rychen auf die Erfolgsspur zurück. Nacheinander realisierte er drei Siege. Der Kranz war nach sieben Gängen zum Greifen nahe.

Glanzstück gegen Erich Fankhauser

Waren die Siege gegen den Einsiedler Thomas Bisig und den Berner Stefan Marti noch keine Überraschungen – jene gegen den Entlebucher Erich Fankhauser auf jeden Fall. Der Luzerner gewann 2015 das eigene Kantonale und das Südwestschweizer Teilverbandsfest. Rychen setzte sich nach einem offenen Schlagabtausch durch und besiegte dabei den dritten Eidgenossen. Mit einem Gestellten gegen den Berner Seeländer Dominic Bloch war der Kranzgewinn mit 74,75 Zählern Tatsache. «Im letzten Gang nahm Roger im Wissen, dass ihm ein Gestellter zum Ziel reicht, verständlicherweise keine unnötigen Risiken mehr. Es galt das Unentschieden zu erlangen», äusserte sich Fridolin Beglinger zur Taktik seines Schützlings.

Im Zenit der Laufbahn zum grössten Erfolg


Eine wahre Sensation lieferte Peter Horner ab. Wer den gebürtigen Ennetbühler auf dem Weissenstein Mitte Juli humpelnd mit Rückenschmerzen sah, hätte nie auf einen Kranzgewinn des 28-jährigen Teamoldies gewettet. Sogar die Teilnahme im Freiburgischen schien in Gefahr. Nachdem Horner schon vor zwei Jahren mit den gleichen Schmerzen zu kämpften hatte, überlegte er sich seine sportliche Zukunft. «In drei Jahren in Zug werde ich sicher nicht mehr dabei sein. In Estavayer will ich zum ersten Mal bei meiner vierten ESAF-Teilnahme alle acht Gänge absolvieren», gab der Landwirt vor dem Saisonhöhepunkt Auskunft über seine Ziele und Zukunft. Der Start vor 52 000 Zuschauern missriet Horner. Gegen die beiden Innerschweizer Andreas Höfliger und René Suppiger verlor er. Horner kam unter Druck und musste nun zum Siegen finden, wollte er den Sonntag noch erreichen. Dies gelang ihm mit Siegen gegen Frédéric Berset und Rudy Liaudat. Am Sonntagmorgen realisierte der Landwirt gegen den Aargauer Joel Streben den dritten Sieg in Serie. Im sechsten Gang wartete mit Christoph Bieri ein weiterer Aargauer. Gegen den Eidgenossen verlor Horner.

Chance eiskalt genutzt


Im Wissen, dass ihm nur noch zwei Siege zum Kranz reichen, warf Horner im Kranzausstich all seine Routine in die Waagschale. Im siebten Gang bezwang er den Muotathaler Theo Blaser, ehe im achten Gang nochmals ein Schwyzer Gegner wartete, der Willerzeller Adrian Steinauer. Mit innerem Haken warf Horner den Sieger des diesjährigen Schwyzer Kantonalen in Schindellegi platt auf den Rücken und sorgte für eine waschechte Sensation. Horner hat einmal mehr seine Unberechenbarkeit untermauert. Rychen und Horner reihten sich mit 74,75 Zählern punktgleich im Rang 12 ein. Der dritte Glarner Teilnehmer Reto Landolt verpasste die Qualifikation in den zweiten Tag. Landolt realisierte bei seiner Premiere je zwei Gestellte (gegen Florian Weyermann und Rudy Liaudat) und zwei Niederlagen (gegen Stefan Stöckli und Simon Zimmermann. Dem Netstaler Nationalturner blieb am Ende mit 34,50 Punkten Rang 37. Am Freitagabend, 2. September, ab 19.30 Uhr wird den beiden Neueidgenossen aus dem Glarnerland in der Mehrzweckhalle Mollis ein würdiger Empfang bereitet.

«Glarner» König

Den Sieg am Eidgenössischen Schwingfest auf dem Flugplatz Payerne holte sich der Berner Oberländer Matthias Glarner. Er bezwang im Schlussgang den Bündner Saisonüberflieger Armon Orlik nach einem 14-minütigen Abnützungskampf. Damit hat sich zum ersten Mal seit 1940 in Solothurn (Werner Bürki) ein über 30-Jähriger den Königstitel gesichert. Glarner gehörte nicht zu den Top-Favoriten, sprang aber im äusserst starken Berner Kader in die Bresche von Sempach, Stucki und Wenger und Co., die allesamt frühzeitig scheiterten. Glarner hatte seine gute Verfassung mit dem Sieg am eigenen kantonalen in Unterbach/Meiringen in seiner Heimat Mitte Juli angekündigt. Drei Mal stand der Bruder von Fussballspieler Stefan Glarner schon im Schlussgang des Brünig-Schwingets. Während ihm ein Sieg auf dem Bergklassiker stets verwehr blieb, hat er nun im Alter von 30 Jahren und 8 Monaten seinen grössten Erfolg eingefahren. Glarner wehrte auch den Ansturm der «Jungen Wilden» ab. Orlik, Remo Käser und Samuel Giger kündigen an, dass es schon am Unspunnen-Schwinget 2017 in Interlaken, spätestens aber 2019 an Eidgenössischen in Zug einen Generationenwechsel im Schwingsport geben wird.