Glarner Vorlesewettbewerb – Finale im Wortreich Glarus

Die Verantwortlichen der Kulturbuchhandlung Wortreich in Glarus laden die Lehrkräfte und deren fünfte Klassen im Spätherbst des jeweiligen Jahres zur Teilnahme an einem schweizweit einzigartigen Wettbewerb ein. Es geht ums Auseinandersetzen mit verschiedensten Texten und ums gekonnte Vorlesen. Dieses absolut friedliche «Kräftemessen» fand zum neunten Mal statt und war mit der Abgabe schöner Anerkennungspreise verbunden.



Lukas Sarasin. Christa Pellicciotta
Lukas Sarasin. Christa Pellicciotta

Nach erfolgter Ausschreibung meldeten sich 14 Klassen, deren sieben aus Glarus Süd, fünf aus Glarus und zwei aus Glarus Nord. Die eingeladenen Lehrkräfte äussern sich grundsätzlich positiv, sind zum Teil richtiggehend begeistert und tragen diese spezielle, sinnbringende Form der Leseförderung und des sprachlichen Auseinandersetzens gerne mit. Andere sind nicht dabei, weil einfach zu viel los ist.

Der Wettbewerb findet stets ohne Unterstützung der Bildungsdirektion oder des «LGL – Lehrerinnen und Lehrer Glarus» statt. Die Gemeinden spenden den drei Finalisten Gutscheine oder Abos für die kostenlose Nutzung eines Freizeitangebotes. Dazu kommen eine Urkunde samt Buch, DVD und Gutschein, dies sponsert die Buchhandlung Wortreich in grosszügiger Art. Der Wettbewerb beginnt stets Anfang September mit einem Informationsschreiben an die Lehrkräfte und deren Klassen. In einer ersten Runde wird der Klassensieger erkoren. Nach der zweiten Runde – in Anwesenheit von Christa Pellicciotta, Geschäftsführerin der Buchhandlung, und einer weiteren Fachperson gilt es ernst.

Unlängst waren die Siegreichen samt Angehörigen, Klassenkameraden und weiteren Kreisen zur Endrunde in die Buchhandlung Wortreich eingeladen. Eine gewisse, verständliche Nervosität war bei Meret Künzle, Schwändi; Kian Bantli, Ennenda, und Nino Frank aus Näfels spürbar. Schliesslich ging es um den Titel des «Kantonalen Lesemeisters», damit ums willkommene Aufzeigen, was Sprachverständnis, Ausgestaltung einer Textvorlage, kluges Präsentieren, Lesefluss und vertiefter Zugang zu Werken von Jugendbuchautoren bedeuten; dass ein Buch wohltuender Fixpunkt im medialen Überfluss sein soll.

Christa Pellicciotta, Geschäftsführerin der Kulturbuchhandlung, hiess alle herzlich willkommen. Dass es zu einem ganz friedlichen Auseinandersetzen kommen würde, brauchte nicht hervorgehoben zu werden. Alle erhielten die gleichen Preise. Vorgetragen wurde eine Passage aus «Die wilde Sophie» von Lukas Hartmann. Dieser Einsatz konnte vorbereitet werden, da die mitbeteiligten Fünftklässler aus den drei politischen Gemeinden das Buch frühzeitig genug erhalten hatten und sich damit ein klein wenig einstimmen konnten. Niam Hauri, Vorjahressieger, loste die Reihenfolge aus. Die aus Claudia Kock Marti, Martin Beglinger und Lukas Sarasin bestehend kompetent urteilende Jury hatte die fordernde Aufgabe, mit gar gespitzten Ohren und hoher Aufmerksamkeit zuzuhören, sich nach vorgegebenen Kriterien Notizen zu machen und nach kurzer Besprechung hinter der berühmten «verschlossenen Türe» den Namen des Siegreichen bekannt zu geben.

Bis Kian Bantli aus Ennenda als Sieger dieses Jahres feststand, dauerte es fast eine Stunde. Die Ausscheidung hatte das Vorlesen aus Hartmanns Kinderbuch und das Auseinandersetzen mit einem Zeitungstext zum Inhalt. Ersteres konnte vorbereitet werden, den zweiten, sehr fordernden Text erhielten die Kinder mit Beginn des Vorlesens. So erfuhr man, wie überbehütet der Königssohn Jan im Schloss aufwuchs, welch seltsame Massnahmen der Vater mit der Anstellung des Personals zum Wohle des Kindes anordnete. Jan durfte nicht irgendwo hinfallen und sich damit verletzen, Aufenthalte im Freien waren untersagt, das Lesen sogenannt eckiger, gefährlicher Buchstaben gefliessentlich zu unterlassen. Die Königin Isabelle stemmte sich vergebens dagegen. Steuererhöhungen wurden bei den Untertanen notwendig. Viele murrten. Zum Glück war da Sophie, Tochter des königlichen Zwetschgenmuslieferanten, erfrischend, frech, geschickt planend – mit dem festen Willen, Jan zu besuchen und ihm die spannende Freiheit zu ermöglichen. Das ergab recht dramatische Situationen – natürlich samt glücklichem Ende.

Der zweite Text – eine Zeitungsmeldung über die Tektonikarena und die Glarner Hauptüberschiebung, heute UNESCO-Welterbe, war am 11. Oktober in den Medien nachzulesen. Es ging um drei gewaltige Verrucano-Steinbrocken mit den Namen TEK, TO und NIK, die auf eine Reise geschickt wurden, um für die Hauptüberschiebung Werbung zu machen. Das war sehr fordernd. Es erstaunte, mit wie viel Geschick sich die Elfjährigen reinzulesen wussten und diesen Teil ganz gut meisterten.

Das Publikum, unter ihnen Gemeinderat Bruno Gallati aus Näfels, hörte mit spürbarer Aufmerksamkeit und sympathischer Anteilnahme zu. Alle erhielten viel Applaus. Und endlich konnten die verdienten Preise in Empfang genommen werden. Und im nächsten Jahr, bei der zehnten Durchführung, wird Kian Bantli bei der Auslosung dabei sein und sich vielleicht daran erinnern, wie fordernd einst alles gewesen war.