Glarus auf dem Weg zur Stadt?

Der Gemeinderat Glarus will, dass die Gemeinde Glarus zur Stadt Glarus wird. An einer Informationsveranstaltung am 28. Februar 2012 fühlte er bei gut 30 Schlüsselpersonen den Puls zu diesem Vorhaben. Die Reaktionen waren mehrheitlich positiv, wenngleich auch Fragezeichen gesetzt und offene Fragen angesprochen worden sind.



Glarus auf dem Weg zur Stadt?

Ein kompaktes Siedlungsgebiet, bestehend aus den Ortseilen Netstal, Riedern, Glarus und Ennenda, unterbrochen nur durch einen markanten Grünkorridor: So präsentiert sich die Gemeinde Glarus heute. Und darauf baut auch das räumliche Leitbild der Gemeinde auf. Dieses wurde im Verlauf des Jahres 2011 durch die Planungskommission und die zwei gut besuchten öffentlichen «Foren Ortsplanung» erarbeitet. Entstanden ist ein räumliches Leitbild, in dem die früheren Gemeindegrenzen zum ersten Mal nicht mehr sichtbar sind. Dafür geben ein klares Zentrenkonzept, der Grundsatz einer Verdichtung nach innen, gepaart mit dem Erhalt des bestehenden Grüngürtels sowie die Aufwertung des öffentlichen Raumes der neuen Gemeinde ein klares Gesicht. Die Entwicklungsziele orientieren sich dabei an den bestehenden charakteristischen Stärken, welche in den nächsten Jahren weiter gepflegt und sichtbarer gemacht werden sollen. Dazu gehört der attraktive urbane Kantonshauptort mit ländlich-industriell geprägten Ortsteilen mit eigener Baukultur und vielfältigen Wohnquartieren sowie ein in eine grandiose alpine Landschaft eingebetteter Siedlungsraum mit Natur-, Landwirtschafts- und Naherholungsräumen direkt vor der Haustüre. «Das ist eine ideale Ausgangslage, um uns künftig als vielfältige, grüne Kleinstadt in den Alpen zu positionieren», führte Gemeindepräsident Christian Marti an der Informations- und Diskussionsveranstaltung am Abend des 28. Februar 2012 aus. Zu dieser Veranstaltung waren gut 30 Schlüsselpersonen aus den Glarner Parteien, den Dachvereinen, der Wirtschaft, dem Tourismus sowie der Planungskommission eingeladen. Mit dabei waren auch Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission, des Gemeinderates und der Geschäftsleitung der Gemeinde.

Eine neue Identität

Der Idee, die heutige Gemeinde Glarus als Stadt zu positionieren, liegen verschiedene Erkenntnisse und Überlegungen zugrunde. Die eine liegt in der kompakten räumlichen Gestalt des Siedlungsgebietes. Diese lasse sich gut auch als Stadt interpretieren, führte Marti aus. Zudem spüre der Gemeinderat, dass sich im vereinigten Glarus eine neue Identität herausbilde, die zwar auf der historischen Grundlage und den lokalen Traditionen fusse, die aber mehr sei als die Summe der bisherigen Gemeinden. Der gemeinsame Auftritt als Stadt Glarus trage dieser neuen Identität Rechnung und unterstütze diese auf optimale Art und Weise. Drittens werde eine Stadt im Standortwettbewerb besser wahrgenommen als eine Gemeinde: «Eine Gemeinde Glarus ist ein Ort unter vielen. Die grüne Kleinstadt in den Alpen aber wäre etwas Einmaliges – eben einzigartig vielseitig, wie es unser Slogan sagt. Die positiven Auswirkungen in der Aussenwahrnehmung wären gross», führte Christian Marti aus. Glarus nimmt als grüne Kleinstadt in den Alpen und als kantonales Dienstleistungs-, Kultur- und Einkaufszentrum wichtige Zentrumsfunktionen für eine ganze Region wahr. Der Wandel zur Stadt hat weiter primär Folgen gegen aussen und sei denkbar einfach zu vollziehen: Das Logo bleibe, ebenso der Claim «Glarus – einzigartig vielseitig». Nur das Wort Gemeinde müsste durch das Wort Stadt ersetzt werden. Da die Gebäude und die Fahrzeuge nach der Fusion noch nicht neu beschriftet seien, habe der Wandel des Kleides von der Gemeinde zur Stadt nur geringe Kostenfolgen. Im Innern und speziell für die Einwohnerinnen und Einwohner werde sich gegenüber der heutigen Situation jedoch nichts ändern. Der Aussenauftritt als Stadt hat weder materielle Auswirkungen auf die rechtlichen Grundlage der Gemeinde noch auf die Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen der neuen Stadt mit den Einwohnerinnen und Einwohnern oder den Dachvereinen.

Viel Zustimmung und wertvolle Fragen

Die Idee wurde von den meisten Anwesenden mit viel Sympathie aufgenommen. «Ich begrüsse den Wandel zur Stadt», führte beispielsweise Urs Tscholl, Parteivertreter aus, «wir müssen aber darauf achten, dass die Vielfalt der Ortsteile der Stadt Glarus unbedingt erhalten bleiben, inkl. der wertvollen Grünzonen.» «Durch den Begriff Stadt betonen wir, dass wir das Zentrum des Kantons sind. Diesen Zentrumscharakter müssen wir für unsere Entwicklung einsetzen», argumentierte Judith Gessler Marti, Mitglied der Planungskommission. Es gab auch andere Stimmen. So wurde zum Beispiel daran erinnert, dass man bei der Vereinigung versprochen hatte, den einzelnen Dörfern in ihrer Individualität Sorge zu tragen. Der Wandel zur Stadt könnte diesem Ziel widersprechen, falls diesem Punkt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Weiter wurde vorgeschlagen, zunächst einheitliche Planungsgrundlagen zu schaffen, und erst dann den Wandel zur Stadt anzupacken. Auf gewisse Bedenken stiess auch der ambitionierte Zeitplan des Gemeinderates zur Umsetzung des Stadtauftritts.

Eine unverbindliche Konsultativabstimmung am Ende des Abends zeitigte eine überraschend klare Mehrheit für den Stadtgedanken. Nur einzelne Anwesende sprachen sich gegen das Vorhaben aus. Deshalb ermutigte Gemeindepräsident Christian Marti, wie der ganze Gemeinderat, ein begeisterter Befürworter der Stadtidee, die Anwesenden, sich als Botschafter für die Stadtidee einzusetzen.

Stimmbürger entscheidet

Das letzte Wort zur Stadt Glarus werden die Stimmberechtigten haben. Der Gemeinderat hat sich entschieden, diese Grundsatzfrage den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern an der Gemeindeversammlung vom 1. Juni 2012 zur Beschlussfassung vorzulegen. Bis dahin werden die Stimmberechtigten via Medien und durch die Unterlagen zur Gemeindeversammlung weiter über das Vorhaben informiert. Je nachdem wie die Idee im Vorfeld aufgenommen wird, soll vor der Gemeindeversammlung auch ein Diskussionsabend angeboten werden. Folgt am 1. Juni die Mehrheit dem Antrag des Gemeinderates, wird der neue Auftritt im Verlaufe der zweiten Jahreshälfte 2012 realisiert.