Grosse Unterschiede und eine rote Vergangenheit

Das historische Krakau bei heissen Temperaturen; das moderne Warschau bei Kälte und Regen. Die letzten beiden Tage hätten kaum unterschiedlicher sein können. Neben dem Zweiten Weltkrieg ein weiteres Thema, das für Polen eminent wichtig ist, der Kommunismus.



Wilder Stilmix: Das Bild von Warschau ist alles andere als einheitlich. (Bild: jhuber)
Wilder Stilmix: Das Bild von Warschau ist alles andere als einheitlich. (Bild: jhuber)

Ich weiss! In meinem letzten Bericht hatte ich die Befürchtung, es könnte am letzten Tag in Krakau regnen. Prophilaktisch band ich mir deshalb noch einen Pullover um die Hüfte und überlegte ziemlich lange, ob ich nun den Regenschirm mitnehmen soll oder nicht. Vielleicht hätte ich ihn doch mit nehmen sollen jedoch eindeutig als Sonnenschirm. Das Wetter war himmlisch und zeigte die Schönheiten der Stadt noch deutlicher. Und schön ist Krakau eindeutig: viele historische Gebäude in bestem Zustand, schöne Parkanlagen und eine der ältesten Universitäten von Europa. Eine Stadtführung heisst aber auch immer viel Laufen. Und dies bei einer erbarmungslos brennenden Sonne. Wir alle waren deshalb froh, dass wir uns für das Mittagessen vor ihr verstecken konnten. Ganz anders schaute es heute in Warschau aus. Strahlend blauer Himmel am Morgen bevor es los ging. Also kurze Hosen und Shirt, ich habe ja gestern was gelernt. Tja kaum waren wir raus aus dem Bus, begann es zu regnen und es wurde ziemlich kalt. Zum Glück waren wir vornehmlich drinnen, denn Warschau bietet sich für eine Besichtigung nicht sehr an. Neben den grossen Dimensionen ist es dabei vor allem die Altstadt. Die gibt es wie rund 75% der Gebäude vor dem Zweiten Weltkrieg nämlich nicht mehr. Dafür besteht das Stadtbild von Warschau aus Häusern, die den Krieg überstanden haben, schmucklose Plattenbauten zur Zeit des Kommunismus und – für mich eher überraschend – zahlreiche sehr moderne Hochhäuser mit riesigen Plakaten. Aber eben wirklich Charme hat das Ganze nicht. Über allem trohnt der Palast für Kultur und Wissenschaft, ein neoklassizistischer Prestigebau, typisch für die Stalinistische Zeit. „ Das Gebäude war zwar ein Geschenk von Stalin an Polen, doch wir haben für jeden Stein bezahlen müssen!“ Mit diesen Worten brachte unsere Reisebegleiterin klar zum Ausdruck, was die Warschauer von dem Hochhaus halten. Auch nach zwanzig Jahren ist der Kommunismus, der grosse rote Bruder die Sowjetunion, ein sehr wichtiges Thema für Polen. Da ist es ziemlich passend, dass Czeslaw Bielecki aus dem Gebäude ein Gedächtniszentrum für den Kommunismus machen will. Mit einer gestürzten Stalinfigur vor dem Eingang. Mehr am Rande habe ich wohl das bisher Eindrücklichste erlebt. Logischerweise sind beim „Solidarity Express“ viele Juden oder Menschen dabei, welche meistens einen familiären Bezug zum Zweiten Weltkrieg haben. Bei einem Kaffee kam ich eher zufällig ins Gespräch mit einer Teilnehmerin. Die junge Frau stammt aus Bremen lebt aber schon einige Jahre in England. Sie sei überrascht, wie der Hass auf die Deutschen vor allem bei jungen Polen noch so stark ist. Eine Ausgrenzung und Diskriminierung, welche irgendwie vertraut vorkommt. „Deshalb gebe ich mich manchmal lieber als Engländerin aus,“ meinte sie dazu, lächelte und ging zu ihrer Gruppe zurück.