«Hamlet stirbt … und geht Spaghetti essen» – rasantes Theatervergnügen im Wortreich Glarus

Als Christa Pellicciotta die kleine Bühne im wohl kleinsten Theaterraum unseres Hauptortes betrat und alle gleichermassen herzlich begrüsste, sprach sie unter anderem zu Bernd Lafrenz, der Glarus mit seinen Shakespeare-Stücken schon über mehrere «Theaterjahre» hinweg beehrt hatte, wies auf das zu erwartende rasante Geschehen hin und verabschiedete sich mit Hinweisen zu Kommendem in ihrer Kulturbuchhandlung.



Bernd Lafrenz im Wortreich Glarus (Bilder: peter meier)
Bernd Lafrenz im Wortreich Glarus (Bilder: peter meier)

Und wie es dann in riesigem Tempo, mit absolut rekordwürdigen Rollen- und Kostümwechseln, mit dem gekonnten Antippen einer Unzahl von Theaterstücken und wechselvollsten Inszenierungen, Verdächtigungen, Verunglimpfungen, Wichtigtuereien, protzigem Gehabe, Herausstreichen der eigenen unerreichten Fertigkeiten und Fähigkeiten, den inhaltlichen Reichtümern weiterging, war packend, abendfüllend, so gekonnt farbig und kreativ aufgemischt.

Drei Schauspieler der Freiburger Theatercompanie hatten sich einem aberwitzigen Vorhaben mit Leib und Seele verschrieben, hatten mit ihrem Vorbereiten, Reinfühlen und Ausspielen so alles ausgelotet, was Theaterkunst ist, in der Szene kleine bis ganz grosse Berühmtheit hat. Christine Kallfass, Olaf Creutzburg und Bernd Lafrenz wirbelten in zuweilen atemraubendem Tempo durch weltbekannte Kultfiguren, ab Hamlet, Tristan, Ring der Nibelungen, Ophelia, Schillers Räuber, Prinz von Dänemark bis hin zum ergreifenden Märchen.

Gemäss Generalansage ging es laut Regisseur (Olaf Creutzburg) erst um eine Generalprobe, samt Stillstand, Kunstpause, Szenenwiederholung, Textkorrekturen, Stellungsspiel, theatergerechtes Posieren, Setzen der dramatischen Schwerpunkte. Damit hatte sich das anwesende Publikum – gesprochen wurde von der Schar von Abonnenten – ohne Wenn und Aber zu arrangieren. Creutzburg wirbelte in unnachahmlichem Tempo durch fast alle bühnenwirksamen Geschehnisse dieser Welt, war unerreichbar wechselvoll.

Damit es mit der Rollenzuteilung auch klappte, agierte Christine Kallfass als Garderobiere, Theaterabonnementsverwalterin, Putzfrau, leidende Geliebte, historisch einzigartige Berühmtheiten auf Zeit, resignierte Partnerin, Mutter jener Ophelia, die dringen gewickelt sein wollte, streitsüchtige Ehefrau, Therapiesuchende.

Bernd Lafrenz war rasender Reporter, herrisch Anweisender, Rollensüchtiger, verletzend Urteilender, Initiant in eigenwilligsten Dimensionen, Feuerwehrmann auf der Bühne, Techniker, Pressemann. Er forderte Anerkennung, kämpfte fürs beinahe partnerschaftliche Miteinander, flehte, wertete, beschwor, resignierte.

Es ergab sich über ganz besondere Theatermomente hinweg ein riesig vergnügliches Durcheinander, Miteinander, ein Grad an Buntheit mit dem es kein noch so leuchtender Herbstwald aufnehmen kann. Es kam zu theatergerechten Wortkombinationen, die Volltreffer waren. So hörte man beispielsweise etwas von Knipsknechte, aktuelle Relevanz, versklavte Kunst, Spiessbürgerquoten, Kultur als unabdingbares Lebensmittel, gruselige Kantinenverpflegung mit bräunlichen Würstchen … es schien kein Ende zu nehmen mit diesem munter aufblühenden Geistigen und so vergnüglich ausgespielten Reichtum.

Man muss miterlebt haben, wie die Gebrauchsanweisung zur Handhabung eines Feuerlöschers zu rhythmischen Höchstleistungen führen kann, wie tieftraurig eine Garderobiere daherkommt, wie penetrant der Reporter auftritt, wie abscheulich Knäckebrot für Dahinhungernde ist, welche Stressdichte für den hochmotivierten Regisseur besteht, wie ergreifend das Sehnen nach einem erfolgreichen Auftritt auf irgendwelchen Weltbühnen – Berlin wurde (nebst Glarus als aktuell begreifliche Selbstverständlichkeit) mehrfach genannt sein kann.

Ausgeleuchtet wurde das im grandiosen Finale mit einem Hamlet in verschiedensten Rollen der Bereiche Sport, natürlich Theater und anderem. Hamlet starb heldengleich, stand auf und widmete sich Kulinarischem. Die drei Schauspielenden in insgesamt 17 Rollen (nachzulesen im Begleittext) waren eine absolut attraktiv aufgemischte Besonderheit, waren Farbtupfer der erhabenen Art.