Handy-Überprüfung nur bei schweren Unfällen?

Für «Normalsterbliche» wird es immer schwieriger, bei all den Artikeln und Paragrafen im Gesetzesdschungel den Durchblick zu behalten. Rechtsanwalt Oliver Streiff gibt auf glarus24 Tipps zu Problemen aus dem Alltag.



(Motivbild: jhuber)
(Motivbild: jhuber)

«Ein vor mir fahrender Automobilist fällt durch seine unsichere Fahrweise auf. Grund: Er ist am Handy, wie mein Beifahrer und ich unschwer feststellen können. Dann bremst er völlig unerwartet, sodass ich einen harmlosen Auffahrunfall mit geringem Sachschaden verursache. Er ruft nach der Polizei.

Auf mein Verlangen hin, dessen Handy zu überprüfen, wird mir von den Beamten beschieden, das werde nur bei schweren Unfällen gemacht. Ist das wirklich so?»

Weder noch. Im Strassenverkehrsrecht gilt der sogenannte Kompensationsgrundsatz. Das heisst, dass jeder Verkehrsteilnehmer nach seinen eigenen Verkehrsregelverletzungen beurteilt wird. Für vorliegende Angelegenheit heisst das nun, dass Sie mit aller Voraussicht nach wegen Verursachens einer Kollision infolge ungenügendem Abstand verurteilt werden. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen kann das Drittverhalten zu einer Durchbrechung der Kausalität und damit der eigenen Schuld führen, was hier aber nicht der Fall ist. Die Polizei geht aber deren Annahme fehl, dass das Fahren mit dem Handy nur bei schweren Fällen geahndet werden muss. Denn das Telefonieren während dem Steuer schränkt in jedem Fall die Aufmerksamkeit und die Beherrschung des Fahrzeuges ein, was zumindest eine erhöhte Verkehrsgefährdung hervorruft. Der Verkehrsteilnehmer müsste daher gebüsst werden. Leider ist es nun so, dass der geschädigten Partei nur bei Körperverletzungen gegen Einstellungsverfügungen ein Rechtsmittel zur Verfügung steht. Allenfalls hilft eine Aufsichtsbeschwerde, was selten mit Erfolg beschieden ist. Darum Vorsicht und Abstand bei sicheren Anzeichen dafür, wenn sich andere Verkehrsteilnehmer regelwidrig verhalten bzw. verhalten werden!