Hans Fäh und seine beeindruckende kulturelle Vielfalt

Hans Fäh aus Mitlödi ist nicht immer in der Fuhr, seiner gemütlich eingerichteten Bleibe im Parterre eines Mehrfamilienhauses, anzutreffen. Wäre dem so, hätte er sich wohl oft mit Gästen zu befassen, sie zuweilen kulinarisch und kulturgebunden zu verwöhnen, heitere und stets gemütliche Gespräche zu führen. Gewährt er Derartigem für sich selber Raum, sind diese, seine Stunden mit Lesen, Musik, Organisieren, Ausspannen und Planen ausgefüllt. Das eigene Schaffen rückt er nicht gerne ins Rampenlicht. Er hält sich lieber zurück.



Hans Fäh aus Mitlödi
Hans Fäh aus Mitlödi

Beginnt man in der Fülle von Antworten auf zahlreiche Fragen rumzulesen oder denkt man an eine von erfüllenden Begegnungen mit dem begeisterten, länderkundigen Velofahrer zurück, wachsen – dies ohne Übertreibung – Anerkennung, Anteilnahme und Wertschätzung.

Im Moment hilft er, mit Jahrgang 1944, einem lieben Freund in der Nachbargemeinde. Er führt ihn da- und dorthin, erledigt kleinere Besorgungen, hört bereitwillig zu, erteilt sinnrichtige Ratschläge. Hin und wieder hat man das Gefühl, dass ihm fast nichts zu viel ist, was wiederum berechtigte Dankbarkeit aufkeimen lässt.

Sein Leben gliedert sich in eine Fülle, die aufhorchen lässt. Zuerst war es die Tätigkeit als Lehrer nach dem Besuch des Lehrerseminars in Rorschach. Der damals in Schänis Wohnhafte unterrichtete als Zwanzigjähriger ab 1964 in Baar. Mit der weiten Welt schloss der Wissbegierige Kontakte, als er – so zwischendurch – drei Jahre als Luftverkehrsangestellter bei der damaligen Swissair tätig war. Fast nahtlos schloss ab 1974 über fünf Jahre hinweg das Schulmusikstudium an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik in Luzern an. Dass er als Reisebürofachmann in Smithers, Britisch Kolumbien, Kanada tätig war zeigt auf, mit welch gesunder Neugierde und der Fähigkeit des Auseinandersetzens mit Neuem, Forderndem Hans Fäh ausgestattet ist. Bis 1988 kehrte er seiner eigentlichen Heimat den Rücken.

Dann lockte ihn wieder etwas anderes. In Bern begann er 1988 die drei Jahre umfassende Ausbildung als Bibliothekar. Dann entschied er sich, an der Landesbibliothek in Glarus in wiederum Forderndes einzusteigen. Er betreute bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2007 Literaturinteressierte, lernte weitere Leute kennen, die seine Fähigkeiten, die erarbeiteten Kompetenzen und die ungemein grosse Hilfsbereitschaft, gepaart mit spürbarer Sorgfalt und Hinterfragen, zu schätzen wussten.

Bücher waren und sind so etwas wie eines der «Fäh-Standbeine». Sein breites Wissen samt oft bewegendem Nachfragen, das Einlesen in Neues, der kenntnisreiche Gedankenaustausch gehören dazu. Seine Kommentare zeugen von einem willkommen kritischem Werten.
Dazu kommen sein beeindruckendes Beschäftigen mit der rätoromanischen Sprache und Kultur und die redaktionelle Mitarbeit am Lexikon der Schweizer Autorinnen und Autoren von Bibliomedia Schweiz. Er übersetzt – als nicht eben «einfachste Sache der Welt» rätoromanische Literatur in die deutsche Sprache. Im Kleinen hat er sich dadurch verdient hohe Anerkennung erworben. Dieses Auseinandersetzen lässt ihn seit 2009 nicht mehr los und hat zu wertvollen, dauerhaften Freundschaften geführt. Dies manifestierte sich unter anderem darin, dass er in der Landesbibliothek mit dem Bündner Arnold Spescha Übersetzungen las und dass in deren Verlauf hohe Anerkennung und Wertschätzung so wohltuend spürbar wurden. Nicht selten ist Hans Fäh an irgendeinem literarischen Anlass oder Seminar im Bündnerland anzutreffen.

Kulturelles Betätigen ist für ihn seit Jahrzehnten mit intensivem Auseinandersetzen verbunden. Musik hat – wie die literarische Vielfalt – einen bedeutsamen Stellenwert. Er singt leidenschaftlich gerne, mit grosser stilistischer Sicherheit, ist Chormitglied, Solist, Helfer in der Not, Mitleitender bei musikalischen Treffen für Senioren (Musikstubete der Pro Senectute). Er sucht nach Noten, die jemand – aus welchen Gründen auch immer – unauffindbar versorgt hat. Er übersetzt Texte, weist auf neue Bearbeitungen hin, geniesst mit, kann auch mal klar auf leicht falsch Gesungenes hinweisen. Er ist der liebenswürdige Allrounder, den man im Chor gerne neben sich weiss. Und musikalisch ist er so «rundumme diheimed». Barocke Werke stehen da neben Volkstümlichem, Geschriebenes neben mündlich Ausformuliertem, literarisch Forderndes neben bekömmlich Leichtem.

Die Bandbreite dieses Erlebens, Mitorganisierens und Ausführens hat er sich als Mitglied der Kulturkommission Schänis in den Neunzigerjahren und später als Vorstandsmitglied im Verein «Mitlödi Kultur Aktiv» erworben. Da seien Lesungen, Kulturwanderungen, Ausstellungen, Konzerte und anderes organisiert worden. Zudem war er als Herausgeber von Büchern, Lektor und Autor an Kulturellem mitbeteiligt.

Dass er dem Rat der Katholischen Kapellgemeinde Mitlödi zwischen 1996 und 2007 als Mitglied und auch dessen Präsident angehört hat, reiht sich in die beeindruckende, wechselvolle Vielfältigkeit ein.

Er gibt seinem Alltag Strukturen, die kulturverbunden sind, es auch bleiben werden. Die rätoromanische Literatur hat einen bedeutsamen Schwerpunkt inne. Es kommen das Mitvollziehen von musikalischen Sendungen, beispielsweise BR Klassik jeweils am frühen Sonntagmorgen, «Feierabend» auf BR-Heimat, «La Populara» auf Radio Rumantsch, «Time to Swing» auf SRF Musikwelle und anderes dazu. Und wenn es in den eigenen vier Wänden mal zu eng wird, ist es Zeit für Tanzmusik. Hans Fäh ist mit drei Gleichgesinnten als Gitarrist und Sänger im Einsatz.

Und was Hans Fäh zum kenntnisreichen Auseinandersetzen mit der romanischen Kultur bewogen hat, sei wie folgt ausgeführt:
Begonnen hat alles in der RS. In den Neunzigerjahren begann er mit dem Lesen romanischer Zeitungen und dem Mitverfolgen der Sendungen auf Radio Rumantsch, damals alles mit einigen Verständnisproblemen verbunden. Aus Anlass der Pensionierung erhielt er von den Mitbeschäftigten in der Landesbibliothek einen Gutschein für einen Romanischkurs. Der war in Scuol angeboten. Hans Fäh machte damit Bekanntschaft mit dem Idiom «Vallader», dem im Unterengadin gesprochenen Rätoromanisch. Und nachdem der Bünder Autor Arnold Spescha als Folge eines romanischen Gedichts auf einer Weihnachtskarte von Hans Fäh auf den Glarner aufmerksam geworden war, entwickelten sich die Übersetzung seiner Gedichte samt Herausgabe eines Buches und eine bleibende Freundschaft.

Er fühlt sich «rundumme zfriede». Schon so viel hat er erwandert (unter anderem während fünf Tagen zwischen St. Antönien und Davos auf den Spuren der Walser) und unter die Räder genommen (Tschechien, Slowenien, vom Glarnerland an den Genfersee, Fahrt entlang der Neisse und Oder, ab Görlitz nach Stralsund). Das ergäbe ein weiteres, wechselvolles Kapitel mit dem wirbligen Mitlödner – der wie so viele das Ende der Corona-Zeit und das Wiedererwachen der wundersam weiten Kulturwelt herbeisehnt.