Hauswirtschaft in der Spitex – Ein wichtiges Puzzleteil in einer vielschichtigen Organisation

Wie breitgefächert und zunehmend wichtiger in unserer Gesellschaft die vernetzten Einsatzbereiche der Spitex-Organisationen sind, wird im Gespräch mit Claudia Ackermann (Leitung des Mahlzeitendienstes der Spitex Glarus Nord) und im Austausch mit Frau Müller (Name geändert) klar. Neben anderen tragenden Elementen ist die Unterstützung der Spitex ein ganz zentraler Faktor, dass Frau Müller weiterhin in ihren eigenen vier Wänden leben kann.



Hauswirtschaft in der Spitex (Symbolbilder zvg)
Hauswirtschaft in der Spitex (Symbolbilder zvg)

In den beiden Gesprächen bestätigt sich, was die Hochschule Luzern bereits 2015 in ihrer Studie «Die Zukunft der hauswirtschaftlichen Leistungen der Spitex – Standortbestimmung und Ausblick» beschrieben hat. Durch hauswirtschaftliche Leistungen kann Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gestärkt und somit auch Möglichkeiten geschaffen werden, dass Personen mit Pflege- und Betreuungsbedarf so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Was nicht nur den persönlichen Wunsch vieler Menschen erfüllt, sondern auch kostenintensive stationäre Aufenthalte hinauszögert. Ebenfalls wird in der Studie beschrieben, dass Hauswirtschaft alleine und in Kombination mit der Pflege einen massgeblichen Beitrag zur Prävention und Früherkennung von gesundheitlichen und sozialen Problemen leistet. Die Hauswirtschaft und die darin integrierten betreuerischen Leistungen können bspw. Risiken wie Stürze, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, soziale Isolation oder Fehlmedikation reduzieren und soziale Vernetzung stärken.

Claudia Ackermann nimmt wahr, wie durch die Möglichkeit des Mahlzeitendienstes oder der regelmässigen Besuche der Hauswirtschaft Klientinnen und Klienten – aber auch Angehörige – entlastet werden können. Die Einsätze bringen neben dem Unterstützen und Übernehmen täglicher Arbeiten im Haushalt auch die Hauslieferung eines ausgewogenen Menüs und das Ermöglichen von zwischenmenschlichen Kontakten mit. Die Zusammenarbeit mit Angehörigen und innerhalb des interdisziplinären Spitex-Teams habe zudem eine grosse präventive Wirkung.

Wie gross der Bedarf an solchen Leistungen und wie wertvoll der Einsatz jeder Mitarbeitenden ist zeigen die Zahlen der Spitex Glarus Nord: Das 4-köpfige Team des Mahlzeitendienstes liefert pro Monat durchschnittlich 750 bis 800 Mahlzeiten und die rund 21 Angestellten in der Hauswirtschaft leisten pro Woche im Schnitt 120 Einsatzstunden. 

Frau Müller schätzt neben dem wöchentlichen Einsatz der Hauswirtschaft, den täglichen Kurzeinsätzen der Pflege und dem Mahlzeitendienst auch die Umsichtigkeit der einzelnen Angestellten. Beim ersten Besuch der Spitex sei sie einerseits froh um die Hilfe gewesen, andererseits sei es ihr aber auch sehr schwergefallen, diese Unterstützung anzunehmen und zu akzeptieren. Dies sicherlich auch, weil sie bis vor Kurzem ihr Leben immer selbstständig und autonom führen konnte. Dankbar ist Frau Müller auch um das tägliche Mittagessen vom Mahlzeitendienst. Dieses dürfe sie ab und zu auch mal abbestellen, wenn sie mit ihrer Kollegin ins Restaurant gehe. Das Kochen sei nicht mehr so einfach möglich wie früher, sie müsse Energien einteilen und sei deshalb froh, diese Aufgabe abgeben zu können.

Die Besuche der verschiedenen Personen aus dem Team erlebt Frau Müller als bereichernd. Der Blick der Spitex-Angestellten für hilfreiche Dinge allgemein, ihre Geduld und die offene Grundhaltung für sozialen Kontakt schätze sie sehr.

Wenn die Spitex nicht mehr käme, würde Frau Müller neben der genannten Unterstützung vor allem die regelmässigen Kontakte vermissen. Ihre Angehörigen wohnen nicht in der Nähe, weshalb sie diese nicht für tägliche kurze Hilfestellungen einspannen kann. Ebenfalls spürt sie, dass ihr die Gesellschaft von anderen Menschen guttut und ihr dies Energie gibt. Häufig steige der Energiepegel während der Gespräche, in Gesellschaft oder Aktivitäten.

Auch Claudia Ackermann zieht Energie aus ihrer Arbeit. Sie erlebt die Wertschätzung von den Klientinnen und Klienten und im Team als sehr gross. Trotz allem spricht sie aber den Arbeitskräftemangel an, welcher auch in der Hauswirtschaft immer wieder ein Thema sei. Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit mit einem flexiblen Arbeitsmodell könne für viele durchwegs eine Chance für einen Neu- oder Wiedereinstieg in die Arbeitswelt sein. Wer Freude an hauswirtschaftlichen Leistungen und Umgang mit Menschen habe, dazu Selbstständigkeit, Zuverlässigkeit, soziale Kompetenz und Herzblut mitbringe, sei perfekt für eine solche Aufgabe geeignet.

Den abschliessenden Gedanken äussert Claudia Ackermann ohne zweimal nachzudenken: «Mein Wunsch an die Gesellschaft ist, dass der Stellenwert der sozialen Aspekte mehr gewichtet wird und die Selbstbestimmung im Alter oder in anderen schwierigen Lebenssituationen nicht letztlich an den Finanzen scheitert.»