Helga Schneiders Verbal-Feuerwerk in der Aula Glarus

Eher selten ist die Tatsache, dass die Aula unserer Kantonsschule eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn zu gut drei Vierteln besetzt ist. Was wird sich abspielen? Wer lockt so viele, spürbar gut gelaunte Gäste an? Die Vorankündigung der Verantwortlichen des «Dritten Programms» unserer Kulturgesellschaft hatte eine klare Aussage. Helga Schneider werde mit Fakten aufwarten, die als «Gnadenlose Entsorgungstour» zu verstehen seien.



Helga Schneiders Verbal-Feuerwerk in der Aula Glarus

Und diese Helga Schneider barg ein Feuerwerk an Erkenntnissen, Vermutungen, träfen Aussagen. Lustvoll kombinierte sie zusammen, was garantiert Gelächter, zumeist hohes Vergnügen und anerkennendes Mitverfolgen auslöst. Sie ist anerkannte Meisterin der nicht eben viele Hirnzellen fordernden Inhalte, sie weiss was ankommt, was gefragt ist, Gelächter am Laufmeter und Szenenapplaus provoziert. Sie tut das über geschätzte zwei unterhaltende Stunden hinweg mit viel Treffsicherheit, Direktheit. Inhalte müssen nicht erklärt werden, alles spricht für sich, ist enorm volksnah.

Nachdem die fast ohrenbetäubende Einleitung verklungen war, redete sie kurz zu Corona, zur beschäftigungsfreien, aber belastenden Zeit. Die «Windle vor em Grind» sei nicht eben das Tüpfelchen auf dem «i» gewesen. Sie sei auf die Malediven verreist, da man ja nie wisse, ob diese Inseln als Folge der globalen Klimaerwärmung bald verschwinden werden. Und wegen der Quarantäne habe sie dort drei Monate verbracht – alles habe die Versicherung übernommen. Es schlossen dann Ausführungen zu den Lofoten und die Bewältigung des Jakobswegs dank E-Bike an. Natürlich gab es Bemerkungen zum Outfit des Radlers, zum massvollen Cüplikonsum, zu negativ und positiv denkenden Mitbewohnern unseres Planeten.
Breiten, sehr breiten Raum nahmen ein: Einkauf, SUV-taugliche Parkplätze, Provenienz von Gemüse aller Art, Rumkurven mit XXL-Einkaufswagen, Zugreifen, Abwägen, Hamstern, fiktiven Gesprächen mit Produkten aus Da und Dort, die ja ihrerseits nur ihre Muttersprache beherrschen, rumgekarrt und irgendwo zum Verkauf angeboten werden. Alles war urplötzlich riesig gross, Lift, Auto, Gestelle, Auswahl – so wie es bei der Migros der Fall ist. Helga Schneider outete sich als überzeugte Anhängerin dieser Unternehmung. Ein Konvertieren zu Coop komme da gar nicht infrage. Das bot Stoff für ein wahres Feuerwerk, hin und wieder von einem Hinsetzen in ihr «Rückzugsei» unterbrochen.
Produkte stammen aus China – lustvoll demonstrierte die Wortgewaltige, was da dank flinker Händchen und Fingerchen entstehe – um wenig später über schaurig drauflosfurzende Kühe, Aprikosen mit urchigem Dialekt, südamerikanische Melonengedanken und Rüebli aus dem Aargau zu referieren.
Und nach der Pause ging es wortgewaltig, kreativ kombinierend, Herrn Ganz – den Techniker am Pult einbeziehend – weiter. Helga Schneider, mit bürgerliche Namen Regula Esposito, befasste sich mit Entrümpeln, mit dem Zurückbehalten von Unnötigem, mit zuweilen nervenden Kindern, mit der Enkelin Fiona und deren Modedrang samt Intimrasur. Sie verglich die Mentalität des sammelnden und hortenden Menschen mit den Gaben der Eichhörnchen. Sie hob Nachteiliges bei ausgewählten Kleidern lustbetont, zuweilen mit Hang zu primitivem Kommentieren hervor. Sie korrigierte den Cüplikonsum: Auf der Bühne trinke sie mit Garantie nichts Alkoholisches. Sie redete sich derart ins Feuer, dass der Metalldeckel auf der Bühne ein kurzes Téte-à-téte mit dem Schuhabsatz wagte.

Man glaubt kaum, was alles aufbewahrt wird, wozu das dient – oder eben nicht. Man nahm von blockierten Schubladen Kenntnis, verharrte gedanklich bei der Bücherwand, vernahm Wissenswertes über Single-Geschenke mit Namen, die unter der Gürtelline angesiedelt sind, «Schnäbeli-Teigwaren» und «Penis-Pasta» seien erwähnt.

Und irgendwann mündete alles in die musikalische Schlussweise mit dem Titel «Song ist Müll», gipfelte in Applaus, der kaum enden wollte, führte zu absolut überschaubaren Standing Ovation und zum Verlassen dieser ulkigen, temporeichen Angelegenheit mit ganz speziellem Unterhaltungswert.