Hinter den Kulissen: Baeschlin Verlag

Ein Buch in der Hand zu halten, ist ein Erlebnis. Man spürt es, man riecht es, und es ist lebendig. Ich will mehr über Bücher wissen. Wo geht das am besten? Natürlich direkt bei einem Verlag.



Gaby Ferndriger, Verlagsleiterin vom Baeschlin Verlag. (Bilder: martin c.mächler)
Gaby Ferndriger, Verlagsleiterin vom Baeschlin Verlag. (Bilder: martin c.mächler)

Geschichten aus Glarus und für Glarus

Baeschlin wurde 1853 gegründet und ist tief mit dem Glarnerland verbunden. Besondere Aufmerksamkeit erhalten Publikationen mit Bezug zum Glarnerland. Seien es Wanderbücher, Kunstbände, historische Werke und Belletristik. Das Ziel ist es, die Identität des Glarnerlands zu stärken und greifbar zu machen.

Ich treffe mich mit Gaby Ferndriger in Niederurnen, Verlagsleiterin vom Baeschlin Verlag. Wie könnte es anders sein, wo ich hinschaue, sind Bücher. Eben erst angekommen von der Druckerei oder schon in den Regalen. Wie ich schon im Titel dieser Geschichte geschrieben habe, man kann die Bücher riechen. Bei einer Tasse Kaffee berichtet mir Frau Ferndriger etwas über den Verlag und wie herausfordernd es sei, heutzutage einen Verlag zu leiten. «Die Verkaufszahlen sind rückläufig. Ein Buch zu lesen ist nicht mehr «IN». Viel lieber konsumieren vor allem junge Menschen die im Überfluss vorhandenen online Medien. Das ist bequemer und schneller. Es ist nicht so einfach, Kinder zum Lesen eines Buches zu bringen. Das erlebe ich mit meinen eigenen. Doch was macht es aus, statt online Medien zu konsumieren, ein Buch in den Händen zu halten?»

Diese Frage zu beantworten, ist nicht einfach. Vielleicht schildere ich Ihnen meine eigene Erfahrung als Schriftsteller und Autor. Schon mehrmals habe ich versucht, ein E-Book zu lesen. Doch nach wenigen Seiten gebe ich auf. Es ist nicht meine Welt. Ein Buch gibt mir das Gefühl dabei, ja sogar mittendrin in der Geschichte zu sein. Sei es nun ein Roman oder ein Sachbuch. Und noch etwas anderes ist mir wichtig: Zeit! Dieser Faktor kann sehr erholend sein.

Ein Buchverlag zu leiten ist ein täglicher Kampf

Nun aber wieder zurück zum Baeschlin Verlag. Gaby Ferndriger erklärt mir, dass die neuerschienenen Bücher ein sehr schnelllebiges Geschäft seien. Schon nach wenigen Monaten nach dem Erscheinen eines Buches spreche fast niemand mehr darüber. Die vielen Verlage in der Schweiz mache die Sache auch nicht einfacher und Frau Ferndriger erläutert: «Deshalb konzentrieren wir uns als Verlag hauptsächlich auf Bilder- und Lesebücher für Kinder. Angefangen hat alles mit dem Duftbuch Der stinkende Geissbock von Roger Rhyner. 2013 haben wir begonnen, den heutigen Verlag aufzubauen. Pro Jahr gibt der Baeschlin Verlag zwischen 60 bis 80 Bücher heraus – alles in Eigenregie. Nur gedruckt werden die Bücher auswärts. Die Eigenproduktionen sind alles Schweizer Autoren. Das ist uns wichtig und mittlerweile kennt man den Verlag in der ganzen Schweiz.

Glarner Bücher sind uns auch sehr wichtig. Es gibt einige davon, und die sind sehr spannend.» Gaby Ferndriger zeigt mir ein Buch, das in gut einer Woche erscheinen wird: 130 Jahre Glarner Exporthandel. Dieses Buch erzählt die Geschichte der Gebrüder J.& J.H. Streiff. Zahlreiche Briefe (Geschäftskorrespondenz) von damals (1802–1927) geben einen politischen und wirtschaftlichen Einblick in diese Epoche und zeigen den Aufstieg und den Niedergang der Glarner Textilindustrie.

Das Glarnerland hat so viel zu berichten: Bücher über das Klöntal, das Glarner Mundart-Wörterbuch oder über Glarner Flurnamen, über die Industriegeschichte, Auswanderer, die wieder heimgekommen sind. Die Liste ist lang. Der Baeschlin Verlag unterstützt diese Ideen auch mithilfe von Stiftungen und Glarner Geschäften. «Solche Bücher sind nicht immer ein gutes Geschäft», meint Gaby Ferndriger. «Aber unserem Verlag ist es ein Anliegen, diese Glarner Autoren und Bücher zu unterstützen.»

Kinderbücher

Gut im Geschäft ist der Baeschlin Verlag mit Kinderbüchern und ist deshalb auch schweizweit bekannt. «Wir haben ein sehr grosses Lager, ca. 100 000 Bücher. Von diesen 100 000 Bücher sind über 1000 Baeschlin-Titel, das macht uns auch etwas stolz.»

Ich merke während des Gesprächs, wie sehr Gaby Ferndriger für ihre Bücher lebt und auch dafür kämpft. Es ist ein hartes Geschäft, um mithalten zu können. Aber ein Buch bleibt nun einmal ein Buch. Es ist zum Anfassen, zum Eintauchen, zum Erleben!

Das Buch – ein Dauerbrenner

Das Buch ist so ein geniales Produkt, das alle Stürme der Digitalisierung überleben wird. Denn es braucht keinen Strom und ist sehr lange haltbar. Das Problem ist ja nicht, dass heute nicht mehr Bücher gelesen werden, das Problem ist mehr, dass der Stellenwert der Bücher anders geworden ist. Wir leben in einer «Share-Gesellschaft», alles wird geteilt, weitergegeben und ausgeliehen. Bücher möchte man auch nicht mehr besitzen, es fehlt der Platz, das dauernde Umziehen mit den Bücherkisten ist mühsam, die neue Generation ist einfach anders unterwegs. Weggeben und dann wieder secondhand kaufen oder ausleihen.

Wenn der Baeschlin Verlag nur 10 Rappen pro Buch bekommen würde, das in Bibliotheken ausgeliehen wird, so müsste er keine Fördergelder und staatliche Unterstützung erhalten. Aber alle Bibliotheken sind verpflichtet die Bücher gratis zur Ausleihe zu geben. Dieses überalterte Gesetz bricht den Verlagen noch das Genick. Es wäre an der Zeit, einmal darüber nachzudenken.