Hinter den Kulissen: Orgelbau Mathis

Was haben die Sixtinische Kapelle im Vatikan, das Basler Münster und die Bischofskirche St. Peter und Paul in Görlitz gemeinsam? Richtig, eine Orgel von der Orgelbau-Firma Mathis in Luchsingen. Dies ist nur eine sehr kleine Auswahl an Orten, an denen Klänge aus einer Mathis-Orgel erklingen.



Impressionen von meinem Rundgang durch den Betrieb (Bilder: martin c.mächler)
Impressionen von meinem Rundgang durch den Betrieb (Bilder: martin c.mächler)

Auf meinen Besuch bei der Firma Mathis war ich besonders gespannt. Ich hatte mich mit Franz Höller, er ist zusammen mit Hubert Stucki Geschäftsführer der Firma, verabredet. Hinter der unscheinbaren grauen Fassade in Luchsingen werden wahre Wunderwerke der Musik gebaut, von der kleinsten Orgel mit zwei Registern bis zu den ganz Grossen mit 92 Registern. Was das in Zahlen bedeutet, erfahren Sie später im Bericht. Franz Höller nimmt mich mit auf einen Rundgang durch seinen Betrieb, wo insgesamt 11 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Doch meistens sind nur wenige in Luchsingen. Da die Orgeln an ihrem Bestimmungsort zusammengebaut und gewartet werden, sind viele Auswärtstermine notwendig. Der Aufbau einer grossen Orgel kann schon mal Wochen dauern, und Mathis-Orgeln stehen auf der ganzen Welt.

Doch zurück nach Luchsingen. Wir besichtigen die Schlosserei. Hier werden mechanische Teile hergestellt, die zum Zusammenbau einer Orgel notwendig sind. «Wir stellen alles selber her», sagt mir Franz Höller. «Die ganze Orgel von A bis Z – ausser den Orgelpfeifen, die beziehen wir von einem ehemaligen Mitarbeiter von Mathis in Riedern GL. Er hat sich auf die Herstellung von Orgelpfeifen spezialisiert. Ausserdem haben wir hier in Luchsingen keinen Schmelzofen, mit dem wir die verschiedenen Legierungen herstellen könnten.» In einer weiteren Werkstatt steht eine Art Testorgel. «Nicht sehr gross, aber wichtig», bestätigt mir Franz Höller. Hier werden die meisten Orgelpfeifen intoniert und vorgestimmt. Wir gehen von Werkstatt zu Werkstatt. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Noch habe ich erst die Hälfte der Firma gesehen. Jedoch mein Kopf raucht jetzt schon. Ich erhalte so viele interessante Informationen über den Orgelbau. Es ist hier unmöglich alles zu beschreiben. So komplex und vielfältig ist das Gebiet, nicht nur die Herstellung einer Orgel, sondern auch der Beruf des Orgelbauers. «Der Orgelbauer muss in erster Linie ein sehr guter Handwerker sein», meint Franz Höller. «Diese Instrumente sind sehr teuer. Fehler oder inexaktes Arbeiten können wir uns nicht leisten. Um eine Orgel zu bauen, muss man Schreiner, Schlosser und Mechaniker sein. Auch das technische Zeichnen ist wichtig. Wenn unsere Mitarbeiter noch etwas musikalisches Gehör haben, ist das sicher nicht von Nachteil.» Als Nächstes ist die Schreinerei an der Reihe. «Hauptsächlich verbauen wir Eiche und Fichte. Es gibt aber noch etwa 20 andere Holzarten, die wir verwenden.»

Nun gehen wir in die Montagehalle. Dort steht das Rohgerüst einer Orgel. «Die kommt in die Kirche St. Martin in Busskirch bei Rapperswil SG. Diese Orgel hat 14 Register und wiegt etwa 2–3 Tonnen. Für den Bau brauchen wir etwa ein halbes Jahr.» 14 Register!? Gut – aber was heisst das genau? Franz Höller erklärt es mir: «Jedes Register ist eine Tonlage, oder man könnte sagen ein eigenes Instrument. Wie zum Beispiel eine Trompete, Oboe, Flöte und so weiter. Ein Register hat zwischen 30 und 56 Orgelpfeifen. Bei 14 Registern macht das 14-mal rund 52 Pfeifen. Also ca.728 Orgelpfeifen.» Ganz schön viel denke ich mir. Aber die grösste Orgel, die die Firma Mathis bisher gebaut hat, steht in Görlitz (Sachsen, Deutschland) und hat 92 Register. Nun habe ich ja gelernt, was das heisst: 92 mal 52 – das sind ca.4784 Orgelpfeifen. Gewaltig! Und die müssen alle aufeinander abgestimmt sein. Was beim Bau und dem Material auch noch wichtig ist, wohin die Orgel kommt. Ist es eine Konzerthalle oder eine Kirche? Ist es eher warm oder kalt? Auch die Feuchtigkeit des Raumes muss in Betracht gezogen werden.

Lieber Leser, liebe Leserin, Sie sehen also, der Bau einer Orgel ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Ich würde es mehr als Kunstwerk bezeichnen. Diese musikalischen Kunstwerke stehen auf der ganzen Welt – gebaut im Glarnerland. Da ist man schon ein bisschen stolz darauf. Am liebsten würde ich noch 10 weitere Seiten über diesen Besuch schreiben, was hier nicht möglich ist. Aber ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick verschaffen.

Beim Besuch der Firma Mathis habe ich sehr viel gelernt. Ich schaue nun eine Orgel ganz anders an, da ich nun weiss, wie viel Wissen und Arbeit dahintersteckt. Ich möchte mich an diese Stelle bei der Firma Mathis und speziell bei Franz Höller für den Blick hinter die Kulissen des Orgelbauers bedanken.