Hintergrundinformation zum Prozess ETERNIT Turin

Gemäss öffentlicher Ankündigung des Gerichts und gemäss Medienmitteilungen beginnt am 12. Mai 2015 in Turin ein gerichtliches Vorverfahren gegen Dr. Stephan Schmidheiny, früherer (indirekter) Mehrheitsaktionäre der 1986 in Konkurs gegangenen Eternit S.p.A., Genova.



Hintergrundinformation zum Prozess ETERNIT Turin

In einem ersten Strafprozess, der 2009 begann, wurde Dr. Stephan Schmidheiny vom Kassationshof, d.h. dem obersten italienischen Gericht, im November 2014 wegen Verjährung freigesprochen.

Wie im ersten Prozess, geht es auch im neuen Prozess (Prozess Eternit bis) wiederum um asbestverursachte Todesfälle im Umfeld der Werke der Tochtergesellschaften der Eternit S.p.A. in Casale Monferrato, Cavagnolo, Rubiera und Neapel.

Im ersten Prozess lautete der Vorwurf auf vorsätzliches Unterlassen von Sicherheitsmassnahmen und auf vorsätzlich verursachtes Unglück. Im Prozess Eternit bis wird Dr. Stephan Schmidheiny von der Staatsanwaltschaft Turin vorsätzliche Tötung in 258 Fällen vorgeworfen.

Im am 12. Mai 2015 beginnenden Vorverfahren wird die zuständige Richterin darüber zu entscheiden haben, ob sie die von der Staatsanwaltschaft beantragte Anklage zulässt. Das Vorverfahren wird voraussichtlich Mitte Juli 2015 abgeschlossen.

In der Vergangenheit wurde die Eternit (Schweiz) AG verschiedentlich und fälschlicherweise mit der Eternit S.p.A. Genova in Zusammenhang gebracht.

Die Eternit (Schweiz) AG mit ihren beiden Werken Niederurnen und Payerne sowie dem vor wenigen Jahren dazugekommenen Werk Porschendorf bei Dresden ist eine eigenständige, unabhängige Gesellschaft.

Weder die Eternit (Schweiz) AG noch deren Eigentümer haben ir gendeinen Bezug zur Eternit S.p.A. Genova und sind in keiner Weise in das erste abgeschlossene und das eben beginnende Turiner Gerichtsverfahren involviert. Dr. Stephan Schmidheiny hatte nie eine Funktion bei der Eternit (Schweiz) AG, noch war er zu irgendeinem Zeitpunkt ihr Aktionär.


Dass ausländische Unternehmen in ihrem Namen ebenfalls die Bezeichnung «Eternit» führten oder führen, hat historische Gründe. Der Erfinder des Werkstoffes Asbestzement, Ludwig Hatschek, liess 1900 seine Erfindung als «Eternit» patentieren. Er vergab jeweils pro Land eine Lizenz und verlangte von den Lizenznehmern, dass sie ihrem Unternehmen und den Produkten den Namen «Eternit» geben sowie den einheitlichen Eternit-Schriftzug verwenden. So entstanden weltweit zahlreiche Unternehmen, die unter dem Namen «Eternit» firmierten und ihre Produkte auch so nannten.

In Europa kam es im Verlauf der Zeit zur Bildung grösserer, voneinander unabhängiger Firmengruppen, zum Beispiel einer österreichischen, einer belgisch-französischen und der früheren schweizerischen Gruppe. Die Muttergesellschaft der Eternit (Schweiz) AG gehörte ab ihrer Gründung Ende 1987 bis zum Verkauf Ende 1989 zur seinerzeitigen Schweizerischen Eternit-Gruppe. Diese ab Mitte der 1970er-Jahren von Dr. Stephan Schmidheiny geführte Gruppe hielt damals eine grosse Beteiligung an der Eternit S.p.A. Genova.

Dr. Stephan Schmidheiny initiierte 1976 den Ausstieg der Gruppe aus der Herstellung asbesthaltiger Produkte und gilt in dieser Beziehung weltweit als Pionier. Die beiden Werke in Niederurnen und Payerne begannen 1980 mit der Herstellung asbestfreier Eternitprodukte. 1990 war die Umstellung im Werk Payerne ganz abgeschlossen, im Werk Niederurnen weitgehend und 1994 vollständig. Die Eternit (Schweiz) AG übernahm die beiden Werke Niederurnen und Payerne im Jahre 2005, d.h. Jahre nach dem Ausstieg aus dem Asbest.