Auch im Kanton Glarus ist zahlreichen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffenen Personen Unrecht geschehen. So wurden Minderjährige oft ohne rechtliche Grundlage in Heimen platziert und als billige Arbeitskräfte ausgenutzt. Sie leiden heute noch unter der erfahrenen Ungerechtigkeit und unter der oft schlechten Behandlung in Anstalten wie zum Beispiel dem Idaheim in Näfels, dem Flueblüemli in Braunwald, dem Mädchenheim Mollis, dem Haltli Mollis, der Linthkolonie Ziegelbrücke und dem Kinderheim Santa Maria in Diesbach. Bis heute fehlt allerdings ein umfassendes Bild über die damaligen Geschehnisse.
Studie in Auftrag gegeben
Der Regierungsrat des Kantons Glarus will mit einer umfassenden Untersuchung zur sozialen Fürsorge im Kanton Glarus die Geschehnisse aufarbeiten. Die behördlichen Eingriffe werden im Kontext von Fürsorge und sozialer Arbeit im Kanton Glarus systematisch analysiert und historisch eingeordnet. Der Untersuchungszeitraum reicht von den 1920er-Jahren bis heute; zur Nachvollziehbarkeit der Entwicklungen wird auch auf das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert zurückgeschaut.
Ein zentrales Anliegen ist es, den Betroffenen Sichtbarkeit und Anerkennung für das erlittene Unrecht zu verschaffen. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zur gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der Kantonsgeschichte und macht die Erfahrungen der Opfer öffentlich sichtbar und hörbar. Es unterstützt die Betroffenen im Kanton Glarus, fördert die gesellschaftliche Auseinandersetzung und liefert wichtige Erkenntnisse für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln der Behörden. Die Betroffenen sollen möglichst früh eingebunden und ihre Stimmen mitberücksichtigt werden.
Der Regierungsrat beauftragt die Historikerin Julia Rhyner-Leisinger mit dem Projekt. Für die Durchführung der Studie bewilligt er einen Kredit von 40 000 Franken.




