Höfliche Gesprächspartner in Glarus

Ausgesprochen höflich, aber auch durchaus beredt und selbstbewusst präsentierten sich am vergangenen Montagabend im „Schützenhaus“ Glarus die zehn Leute, welche im sechsköpfigen neuen Gemeinderat von Glarus (Mitte) Einsitz nehmen möchten, und die beiden Präsidentschaftskandidaten zeichneten sich durch die gleichen Eigenschaften aufs.



Gesprächsleiter Fridolin Haus mit den Präsidentschaftskandidaten Christian Marti (links) und Hans Peter Spälti. (Bild Jann Etter)
Gesprächsleiter Fridolin Haus mit den Präsidentschaftskandidaten Christian Marti (links) und Hans Peter Spälti. (Bild Jann Etter)

Die Gesprächsleitung hatte der Präsident der Staatsbürgerlichen Gesellschaft, Fridolin Hauser, Näfels. Der Aufmarsch des Publikums war an diesem (allerdings) meteorologisch heissen Abend recht ordentlich. Aus seiner Mitte kamen nur wenige Fragen; für Bemerkungen an die Adresse der Präsidentschaftsbewerber bekamen die Zuhörer gar keine Gelegenheit mehr. Das Treffen dauerte nämlich auch so mehr als zweieinhalb Stunden.

Selbstvorstellung

Die einzige Kandidatin und die neun Kandidaten für den Gemeinderat mussten sich zuerst kurz vorstellen. Sie lösten die Aufgabe mit einiger Eleganz, stellten ihr Licht nicht unter den Scheffel, entzündeten aber kein Feuerwerk und betonten mitunter ihre Hauptanliegen. Sie ernteten alle Applaus. Sie kam gemäss Alphabet an die Reihe: Ernst Disch (BDP, Ennenda), Reto Frey (FDP, Glarus), Priska Geyer (CVP Netstal), Werner Hausmann (SVP, Glarus), Tomas Jakober (CVP, Glarus), Dr. Stefan Paradowski (GP, Glarus), Heinz Rast (SVP, Glarus), Hans-Jakob Schneiter (SP, Ennenda), Roland Schubiger (FDP, Glarus) und Sigi Spiller (GP, Ennenda). Alle haben Erfahrung als Gemeinderäte, Landräte, aus andern Behörden oder aus kommunalen Kommissionen.

Was kann besser werden?

Die Frage Hausers, was denn in der neuen Gemeinde besser werden könne, beantworteten mehrere mit Hinweisen auf die Raumplanung und damit die sinnvolle(re) Bodennutzung, etwa für Industrie oder für den Wohnbau - statt dass wie bisher jede Gemeinde Boden für die respektiven Vorhaben suche oder gar zusammenkratze (speziell Disch im Dialogo mit Geyer). Auch die Steuern könnten sinken (Schubiger), oder die Netstaler würden Mitbesitzer der Aeugstenbahn (Schneiter).

Zum politischen Interesse der Bürgerschaft - Stichwort Beteiligung an den Gemeindeversammlungen - äusserten sich Disch, Schubiger und Dr. Paradowski optimistisch; wichtige Vorlagen ziehen an. Immerhin, so Schubiger, die Bürger waren bisher im Allgemeinen zufrieden mit der Behördenarbeit und blieben auch deshalb zu Hause.

Was ist zuerst zu tun?

Die Kandidatenschar unterstrich als wichtige erste Aufgaben der neuen Gemeinde die Festlegung der Arbeitsabläufe - nach der Ressortverteilung - die Personalentscheide (Geyer, Disch), die Regelung der Finanzen und des Schulwesens, das laut Hausmann aber bereits wohlgeordnet ist.

Die banale Frage nach dem Verhalten bei einer Wahlniederlage beantworteten die Podiumsteilnehmer mit der Bemerkung, das Leben gehe dann („trotzdem“)weiter; zuvor hatten sie sich auf Anregung von Fridolin Hauser eigentlich unnötigerweise mit dem Glarus Park in Glarus Nord auseinandersetzen zu müssen. Seinem durchaus vernetzten Denken waren im anschliessenden Gespräch mit den Präsidentschaftskandidaten auch Äusserungen zur Libyen-Reise von Bundespräsident Merz zu verdanken.

„Kulturen“ zusammenbringen

Im zweiten Teil des Abends unterhielten sich Christian Marti (FDP, Glarus) und Hans Peter Spälti (SP, Netstal), welche die neue Gemeinde präsidieren möchten, über die ersten Schritte. Spälti, Präsident der Projektorganisation, bezeichnete die Schaffung einer einzigen Gemeindekultur als wichtig; es werden eben nicht mehr vier Gemeinden sind. Dieses Gärtlidenken wäre zu überwinden. Anfang 2011 muss die Gemeinde für die Bürger voll bereit sein. Marti bezeichnete eine hohe Dienstleistungsqualität als Ziel, ebenso tiefere Steuern und eine vernünftige Personalpolitik.

Den „Graben“ Gemeinden-Regierung überwinden

Spälti wie Marti betonten, dass der heutige „Graben“ zwischen Regierung und Gemeinde überwunden werden müsse. Der Kanton muss seine Position nach der Inkraftsetzung der Strukturreform überprüfen und bedenken, dass es nur noch vier Partner gibt, den Kanton und drei starke Gemeinden (oder Städte). Interventionen wegen Finanzbeschlüssen sollte es nicht mehr geben. (Spälti teilte mit, die von ihm präsidierte Schulgemeinde Netstal gehe wegen der aktuellen Differenzen vor der Verwaltungsgericht.)

Loyalität und Öffentlichkeitsarbeit

Beide Bewerber betonten die Notwendigkeit eines strikten Kollegialitätsprinzips im Gemeinderat, das Extrazüge ausschliesst. Grösstes Gewicht hat die Information der Öffentlichkeit, die laut Spälti in Netstal bereits mit grossem Erfolg gepflegt wird. Schliesslich betonte Marti die Bedeutung der Parteien für die Demokratie, da sie die geeigneten Kandidaten präsentieren. (Tatsächlich kandidieren in Glarus keine Parteilosen, wohl auch deshalb, weil der Parteiwesen in den drei grossen bisherigen Gemeinden bereits gut organisiert ist).