Hundert Jahre Kulturverein Glarus Süd – die Festschrift

Von der einstigen Gemeindestube Schwanden bis zum heutigen Kulturverein Glarus Süd hat sich einiges ereignet, was in einer gediegenen Festschrift enthalten ist. Kulturell und geschichtlich Interessierte lesen gerne nach, was alles passierte, was sich an Wissenswertem über viele Jahrzehnte hinweg angeboten und welch hoher Aufwand damit verbunden war.



Hundert Jahre Kulturverein Glarus Süd – die Festschrift (Bilder: p.meier)
Hundert Jahre Kulturverein Glarus Süd – die Festschrift (Bilder: p.meier)

Das Vorwort schrieb Regierungsrat Dr. Markus Heer. Er erwähnt unter anderem, dass die Kultur in jedem Gemeinwesen einen niemals zu unterschätzenden Stellenwert einnimmt. Es ist nicht einfach kostspielige Liebhaberei. Kultur ist einend, befriedigt viele Erwartungen und Bedürfnisse. Unser Kanton weist eine enorm grosse kulturelle Vielfalt auf, die es zu pflegen und zu bewahren gilt.
Die Bedeutung des Kulturvereins Glarus Süd ist hoch. Mit dem vielfältigen, stets kreativ zusammengesetzten Programm sind Interessierte aus allen Gemeinden, auch über die Kantonsgrenzen hinaus, angesprochen.
Markus Heer würdigt die uneigennützige Arbeit des Vorstandes ebenso wie die willkommenen finanziellen Unterstützungen. Das Jubiläum ist auch mit einem Rückblick auf die damalige Gemeindestube Schwanden und deren Gründer, Fabrikant Samuel Blumer verbunden. Es wird aufgezeigt, wie eng Kultur- und Sozialgeschichte miteinander verbunden waren.

Ruth Tüscher, Präsidentin seit 2016, schreibt über den ersten Anlass im Gründungsjahr 1923. Damals fand mit den Therma-Arbeitern eine Weihnachtsfeier statt. Zur Teilnahme an dieser «Altersweihnacht» waren alte, einsame und kranke Leute der Kilchhöri Schwanden mit Mitlödi, Sool, Schwändi, Haslen, Nidfurn und Schwanden eingeladen. Offeriert waren eine heisse Suppe samt Schinkenbrot und ein Stück Torte. Für Unbemittelte war das enorm willkommen. Es ist bewegend, dass diese Feier zu einer geschätzten Tradition geworden ist und immer noch weitergeführt wird.
Über sieben Jahrzehnte hinweg funktionierte die Gemeindestube ausgezeichnet. Statuten, Hauptversammlung und Vereinsgründung waren anfänglich gar nicht notwendig. Das änderte sich im Jahre 1990 als das Gemeindezentrum Schwanden eröffnet wurde und sich neue Möglichkeiten auftaten. Es flossen öffentliche Gelder, Sponsoren taten in willkommener und wertvoller Weise mit. 1992 kam es zur Vereinsgründung, der Name «Gemeindestube» hatte Tradition und blieb bestehen. Nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Paul Aebli (1987–2016) erfolgte die Umbenennung in Kulturverein Glarus Süd. Es bildete sich der neue Vorstand.

Mit verschiedensten Farbfotos ist ein Querschnitt durch einige wenige Anlässe (Ursus & Nadeschkin, Francine Jordi, Vera Kaa, Mike Müller, Patrick Frey und Viktor Jaccobo, Bertrand Piccard, Emil, Gardi Hutter, Michael von der Heide, Swiss Tenors, Peter Reber und Nina, Emil Zopfi) angeboten.

Der Historiker Rolf Kamm befasst sich intensiv, detailliert und in begrüssenswerter Weite mit vielem, was «Bildung und Kultur für Schwanden» bedeutet. Konzerte, Lesungen, Kleinkunst sind mit dem Begriff Kulturverein verbunden. Der Begriff «Gemeindestube» hatte eine eher politische Bedeutung.
Das Angebot ist gewachsen. Im 19. Jahrhundert gab es im Kanton mindestens vier Theatervereine, etwa ein Dutzend Musikgesellschaften und beinahe 20 Gesangsvereine. Vieles ist verschwunden, Vereine haben sich mangels Nachwuchs aufgelöst.
Eine Besonderheit waren die sogenannten «Lesegesellschaften». Lesen, so Rolf Kamm, war Bürgerpflicht. Es stand viel Lektüre zur Verfügung. Es kam 1863 zur Gründung des Schwandner Arbeitervereins, den man den Lese- und Debattiergemeinschaften zuordnen kann.

Man kann nachlesen, was unter «Pfarrer Kind und der Arbeiterlesesaal» enthalten ist, wie nachhaltig versucht wurde, Lesestoff und finanzielle Mittel zu beschaffen. Es gab ein Auf und Ab, unter anderem um die Frage, ob Arbeiter und Lehrlinge überhaupt ein Lesezimmer benötigen.

Konkreteres ergibt sich unter «Politik und Wirtschaft» und dem ersten Kapitel, das mit «Pfarrer Böniger und die Gemeinde-Lesestube» überschrieben ist. Weiter geht es mit der Therma und der Wohlfahrt. Samuel Blumer (1881–1959) gründete die Therma im Jahre 1907, er wird als «leidenschaftlicher Tüftler im Bereich der Elektrizität» vorgestellt .Die Therma wuchs rasch. Mit dem Bau von Häusern und Wohnungen prägte die Therma ab 1920 ganze Quartiere von Schwanden. Soziales Engagement war damals bei Glarner Firmen und Unternehmerfamilien stark verbreitet. Die Therma bedachte viele mit Barspenden oder Gerätschaften (unter anderem Kleinkinderschule, Krankenkasse der Kirchgemeinde, Schulküche).

Zu Beginn des Jahres 1920 erwarb die Therma das damalige Hotel «Bahnhof» an der Sernftalerstrasse samt umgebendem Bauland. Hier sollten die Wohlfahrtseinrichtungen der Firma entstehen. Für die Arbeiterschaft waren hier Essen, Trinken, Baden, Zusammensitzen möglich. Über die Einrichtung einer Lesestube diskutierten die Verantwortlichen lange.

Breiten Raum nehmen in der Jubiläumsschrift die Ergebnisse zu «Bildung, Wohlfahrt und Abstinenz» ein.
Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft war so etwas wie Dachorganisation.
Mit Hingabe kümmerte man sich um Volksbildung, Sparsamkeit bei der Arbeiterschaft, Kampf gegen Alkoholismus.
Die Verantwortlichen der Therma entschieden sich, der Gemeindestube unter die Arme zu greifen. Sie konnte Wohlfahrtseinrichtungen mieten, die Verpflegung der Arbeiterschaft wurde mitsubventioniert. Es wurden Geldgeber gesucht. Die Verantwortlichen der Gemeindestube hatten wohlwollende Fürsprecher auf ihrer Seite.
Im Hotel «Bahnhof» wurde dann die erste Gemeindestube eröffnet Es wurde eine Kantine betrieben, zeitweilig für 300 Personen, die sich gleichzeitig im Wohlfahrtsgebäude befanden. Die alte Gemeindestube wurde mehrmals umgebaut.

Entscheidend war ein gutes Netzwerk, waren persönliche Kontakte auf allen Stufen.
Engagement, Spendierfreudigkeit und Kreativität sind geblieben. Es wird so bleiben, dafür sorgen die momentan Verantwortlichen, die sich gut unterstützt wissen.