Hundertjährige Freundschaft

Normalerweise sind die Kantonalschwingfeste mit dem Kantonsnamen verbunden (Beispiel St. Galler Kantonalschwingfest). Eine Ausnahme bilden das Glarner und Bündner Kantonale, die sich «Glarner-Bündner» bzw. «Bündner-Glarner» nennen. Diese Namensgebung ist vor genau 100 Jahren entstanden.



Als man es mit dem Halt am Platzrand ausserhalb des Sägemehls noch nicht so genau nahm. Peter Jutzeler am Glarner-Bündner 1968 in Oberurnen (oben) gegen den Kaltbrunner August Brunner. (zvg
Als man es mit dem Halt am Platzrand ausserhalb des Sägemehls noch nicht so genau nahm. Peter Jutzeler am Glarner-Bündner 1968 in Oberurnen (oben) gegen den Kaltbrunner August Brunner. (zvg

Grundsätzlich finden in allen Kantonen des Landes jährlich ein Kantonalschwingfest statt, wo für rund 15 Prozent der bestplatzierten, teilnehmenden Schwinger am Abend Kränze verabreicht werden. Im Kanton Bern, der einen eigenen Teilverband bildet, bestehend aus sechs Gauverbänden, gibt es alleine sechs Anlässe mit Kranzabgabe (Emmentalisches, Mittelländisches, Seeländisches, Oberaargauer, Oberländisches und Bern-Jurassier). Im Kanton Genf findet das Kantonale nicht jährlich statt, und es gibt auch keinen Turnus. Im Kanton Tessin, welcher verbandsmässig zum Innerschweizer Schwingerverband zählt, findet heuer am 17. September erstmals ein Kantonalschwingfest statt. Es gab immer wieder Bestrebungen, in der Sonnenstube der Schweiz Schwingfeste zu verankern. Nun will man gemäss Statutenänderung im ISV alle drei Jahre ein Tessiner Kantonales abhalten. Zusammen mit dem Eidgenössischen, den sechs Bergkranzfesten und den fünf Teilverbandsfesten ergibt dies im Jahr 2022 ein Total von 39 Kranzfesten.

Namensgebung entstand im April 1922

Dass der Anlass der Glarner nicht Glarner Kantonalschwingfest, sondern «Glarner-Bündner Schwingertag» heisst, hat eine Vorgeschichte, die exakt 100-jährig ist. 1922 am Glarner Kantonalen (wie in diesem Jahr auch in Netstal abgehalten), wurden nebst Schwingern aus der March erstmals auch Vertreter aus dem Kanton Graubünden eingeladen. Im Kanton Graubünden wurde zur gleichen Zeit, an der Hauptversammlung vom 22. April 1922, ein Antrag gutgeheissen, dass die Glarner Schwinger jedes Jahr zur Teilnahme am Bündner Kantonalen Schwingertag eingeladen werden, sofern im Gegenrecht die Bündner Schwinger jeweils am Glarner Kantonalen Schwingertag teilnehmen können. Diese Vereinbarung hat bis zum heutigen Tag Gültigkeit. Im Glarnerland nennt man aus diesem Grund den Kantonalen Schwingertag «Glarner-Bündner» und im Bündnerland «Bündner-Glarner». Der Hauptgrund der gegenseitigen Einladung lag darin, dass es vor 100 Jahren sowohl im Lande Fridolins als auch in Fri Räthien einen Bestand von nur wenigen Aktivschwinger gab. Beide Anlässe finden jährlich statt, heuer sogar binnen sieben Tagen. Am Pfingstmontag, 6. Juni, das Glarner-Bündner in Netstal und am 12. Juli das Bündner-Glarner in Untervaz.

Vorübergehend ohne Märchler

Den Einladungen von Schwingern aus der March oder dem Linthgebiet seit angemerkt, dass zu dieser Zeit weder im Gasterland noch in der March ein Schwingklub bestand. Schwinger aus der Obermarch (Reichenburg/Buttikon) oder den angrenzenden Gaster Gemeinden wie Schänis oder Weesen trainieren damals in Niederurnen unter Glarner Flagge. Die Schwingklubs March/Höfe und Rapperswil und Umgebung wurden erst später gegründet. Obwohl die March geografisch zur Innerschweiz gehört, geniessen sie seit den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts Gastrecht auf Glarner Boden. Ein Zwischenfall am Glarner-Bündner 1962 in Näfels führte dazu, dass die beiden Verbände Glarus und March derart verstimmt waren, dass das gute Einvernehmen gestört war. Dies führte dazu, dass der Modus vorübergehen geändert wurde und für einige Jahre (bis 1973) keine Märchler mehr ans Glarner eingeladen wurden.

Ausfälle, Diskussionen und sportliche Höhenflüge

Auch fiel das Kantonale schon aus wegen der Maul- und Klauenseuche, oder des 2. Weltkrieges. 1924 wurde das Glarner-Bündner nicht durchgeführt, weil das Kantonalturnfest in Linthal stattfand. Dies löste jedoch heftige Diskussionen aus. 1931 nahm einige Berner Schwinger, angeführt von Schwingerkönig Robert Roth, am Glarner-Bündner teil. Diese wurden in einer eigenen Gästerangliste, welche von Roth gewonnen wurde, ranggiert. In einer separaten, zweiten Glarner Rangliste siegten die beiden Niederurner Karl Piatti und Jakob Schlittler. Eine weitere Kuriosität: 1925 führte man das Glarner-Bündner ausserhalb der Kantonsgrenze, in Amden, durch. In den 100 Jahren seit das Glarner Kantonale als «Glarner-Bündner» besteht, gäbe es noch unendliche weitere Geschichten und Episoden um und aus dem Sägemehl.