Die meisten Pilger reisten mit dem Car oder individuell an, aus dem ganzen Glarnerland. Sie führen die Tradition und das Versprechen weiter, welches vor Hunderten von Jahren eingeführt wurde, den alljährlichen Pilgertag feierlich zu begehen. Die Wallfahrt wird seit «ewigen Zeiten» durchgeführt; ihre Anfänge liegen vermutlich im 14. Jahrhundert. Keinen Regen, aber auch nicht gerade warm war das Wetter. Die Wirte in Einsiedeln dürfte es gefreut haben, über den einen oder andern, der anstelle eines Picknicks ein Mittagessen im Restaurant sich gönnte.
Feierlich war der Fest-Gottesdienst um 11 Uhr. Mit Trompeten und Posaunen und dem erweiterten Cäcilienchor Näfels, unter der Leitung von Cornelius Bader, wurde die Missa brève von Léo Delibes (1836–1891, Paris) aufgeführt. Mit seiner einprägsamen Melodik, rhythmischen Brillanz und funkelnden farbigen Orchestrierung zählte er zu den beliebtesten Bühnenkomponisten der Romantik, schrieb aber auch Kirchenmusik.
Das Sonntagsevangelium berichtete vom Seesturm. Die Jünger Jesu gingen in ihrem Boot auf dem See Genezareth fast unter, doch Jesus schlief. In höchster Not und Gefahr weckten die Jünger Jesus auf und er beruhigte das tosende Wasser. Der Prediger nahm dieses Ereignis auf und fragte in die sehr gut gefüllte Klosterkirche, welche Wünsche und Nöte die heutigen Menschen haben. Würden wir Jesus auch aufwecken? Der schlafende Christus will von uns geweckt werden; wir dürfen und sollen zu ihm mit unseren Bitten und Fragen kommen. Weckt Christus auf mit den Gebeten! Selbstverständlich ist Gott immer da, aber die Beziehung kann nur gelingen, wenn es zur Kommunikation zwischen Mensch und Gott kommt. Das Motto der Wallfahrt war dann auch: «Ich, Jesus, bin mit euch». Ob Stürme toben oder der Alltag an den Kräften zehrt, Christus ist mit uns.
Der Nachmittag war geprägt mit Gelegenheit zu Kreuzweg und Andacht. Dieses Jahr durften wir den Wallfahrtspater Philipp Steiner kennenlernen. Er empfing uns anstelle des Abtes im repräsentativen «Grossen Saal». Da kommt die Menschenwürde ins Spiel, nicht nur die Barockkirche-Kirche als Begegnungsort mit Gott, sondern auch die Begegnung von Mensch zu Mensch wird gewürdigt mit dem herrlichen Saal. Pater Philipp erzählte seinen Werdegang, wie er mit 21 Jahren ins Kloster Einsiedeln kam. Seit rund 1000 Jahren ist der Abt des Klosters auch gleichberechtigt mit den Bischöfen und darf Stab und Mitra in den Gottesdiensten tragen. Was Klöster gemeinsam oder Unterschiedliches haben, war dank Bruder Paul Zahner vom Kloster Näfels im Vergleich zu Einsiedeln zu erfahren. Viel zu schnell ging die Frage-Runde vorbei.
Zum Abschluss durfte die Vesper, das Abendgebet der Mönche, nicht fehlen. Weltbekannt ist die Prozession in Einsiedeln zum Gnadenbild der Muttergottes, der Schwarzen Madonna. Die Mönche singen das Salve Regina, nach der dort üblichen Melodie.
Auch die Regierungsräte Andrea Bettiga und Markus Heer waren als Gäste mit dabei. Ein Zeichen, wie sich Politik und Religion ergänzen. Vertreter der Kantonalkirche und die Pfarrer haben sich engagiert; Kreuz und Fahnenträger gaben dem Pilgertag eine besondere Würde.