In die Glarner Kletterwelt

Glarnerland geht’s – vor allem anderen – aufwärts. Im wahrsten Sinne. In kaum einer anderen Region der Schweiz kommt man aus der Wohnung so schnell in die Vertikale. Kletter- und Bergsport sind stark verankert und haben das Zeug zum Glarner Trendsport. Über die Freiheit und über die Grenzen.

 



In der Kletterhalle geübt
In der Kletterhalle geübt

Bei der Grenzumgehung von Ueli Frei und Samuel Leuzinger im Sommer verfolgten Hunderte Glarner und Tausende Schweizer, wie sich die beiden Bergsteiger ihren Weg durch die Glarner Alpen bahnten und gleichzeitig an ihre Grenzen kamen. All das erlebten sie aber bloss digital. Denn der moderne Mensch ist vernetzt. Dank Facebook und Twitter kann er allen Menschen auf der Welt in kürzester Zeit mitteilen, was er zu Mittag gegessen oder wie er geschlafen hat. Schön, aber Furcht einflössend. Dieses soziale, aber vor allem digitale Netz verbindet nicht nur, es schneidet vom Kontakt mit der Wirklichkeit ab und nimmt gleichzeitig gefangen. Im Glarnerland ist es ein Leichtes zu entfliehen, Natur steigt direkt vor der Tür geradeauf himmelwärts. Wie die Mauern eines Gefängnisses, aber auch wie der dauernde Ansporn zum Ausbruch.

Eins mit dem Berg

Klettern ist eine extreme Form des Freiwerdens und In-sich-Gehens. Hier in der Höhe, in den schroffen Felsen, zieht sich die Pflanzenwelt zurück. Was bleibt, sind der Mensch und der Fels. In der abweisenden Bergwelt kann der Mensch mit sich selber eins werden. Er lernt den eigenen Körper kennen, Grenzen und Möglichkeiten. Nicht nur im Kampf gegen die Vertikale. Nicht nur im Ringen am Berg. Auch beim Verstehen der Route, beim Lesen im Stein. Jeder wächst dabei über sich hinaus, immer an der Grenze zum Fall. In dieser Zeit geht alles andere vergessen – man ist auf sich selbst geworfen und findet sich selbst. Man ist auf die Seilgefährten angewiesen und versteht sie – auf einer grundlegenden Ebene neu.

Gesellschaft in der Abgeschiedenheit

Auch hier – am oberen Ende der Welt – ist Gemeinschaft. Nicht die nette Medienwelt der beliebigen Botschaften. Hier treffen sich Gleichgesinnte, die diese Flucht und die Faszination des Kletterns am gleichen Ort zusammengebracht hat. Man spricht, diskutiert die Erfahrungen im Berg, findet Eigenheiten der Route, geht zusammen auf neue Touren. Man erfährt am eigenen Leib, was es bedeutet, sich auf andere zu verlassen, auf andere zu vertrauen.

Für jeden erfahrbar

Selbst in einer Kletterhalle sind diese eigenen Grenzen, der Triumph über die Vertikale und das Über-sich-Hinauswachsen erlebbar, mit der Unterstützung von Freunden und Gleichgesinnten, im sozialen Netz der Kletter- und Bergsportler. Die Glarner haben die Möglichkeiten, die Berge direkt vor der Nase. Mit gesicherten Routen und Klettergärten ermöglichen es die zahlreichen Bergsportvereine, im Glarnerland auch den weniger geübten Sportlern, sicher erste Kletter-Erfahrungen zu machen. Es geht vor allem um diese ersten, denn danach folgen die zweiten wie von selbst.