Interpellation «IT-Auftragsvergaben durch den Kanton Glarus»

Die Anfang Januar 2019 von der SVP-Fraktion eingereichte Interpellation «IT-Auftragsvergaben durch den Kanton Glarus» wird vom Regierungsrat an der heutigen Sitzung wie folgt beantwortet:



Aus den Verhandlungen des Regierungsrates vom 19. Februar (Bild: e.huber)
Aus den Verhandlungen des Regierungsrates vom 19. Februar (Bild: e.huber)

Allgemeines

Im September 2010 wurde im Rahmen der Gemeindestrukturreform die Beschaffung einer CMS-Lösung (Content Management System) inkl. Projektdienstleistung, Anwendersupport und Betrieb der Webplattform über vier Jahre im offenen Verfahren ausgeschrieben. Auftraggeberinnen waren die kantonale Verwaltung und die drei Glarner Gemeinden. Ziel war der Aufbau einer zentralen Webseite www.glarus.ch mit Informationen zu Tourismus, Wohnen und Wirtschaft sowie der Webseiten der kantonalen Verwaltung, der drei Gemeinden und deren Technischen Betriebe. Ebenso war vorgesehen, die Webseiten der Alters- und Pflegeheime integrieren zu können. Das Ausschreibungsverfahren wurde von der «Projektgruppe C4: Ablauforganisation/Informatik» und der Glarus hoch3 AG im Auftrag der Arbeitsgruppe «Organisationsform Informatik» durchgeführt. Der Auftrag mit einem Volumen von 310 000 Franken wurde an die Firma Backslash AG in Frauenfeld vergeben. Damals offerierte nur eine einheimische Unternehmung. Sie reichte eine unvollständige Offerte ein und konnte insbesondere nicht alle Bedingungen der Ausschreibung erfüllen.

Obwohl die Webseite im Vergleich mit anderen Kantonen bezüglich Benutzerfreundlichkeit und Behindertengerechtigkeit gut abschnitt, drängte sich nach gut sieben Jahren eine Erneuerung auf: Das CMS war in die Jahre gekommen und hatte Mängel bezüglich Webbrowser-Unterstützung und Anwenderfreundlichkeit. Zudem wurde die Systemplattform vom Hersteller nicht mehr gewartet und musste ersetzt werden. Neben der Behebung dieser Mängel sollte die neue Webseite visueller und weniger textlastig und damit einheitlicher, moderner und übersichtlicher sein. Ein weiteres Ziel war, dass Nutzer neu Behördendienstleistungen elektronisch beziehen und auch bezahlen (E-Payment) können. Inhalt und Dokumente sollten weiterhin barrierefrei zugänglich sein. Zudem wurde die Sicherheit mit einer SSL-Verschlüsselung erhöht.

Beantwortung der Interpellation

Wer beauftragte die Firma Backslash mit den entsprechenden Arbeiten? – Der Kanton vergab insgesamt drei Aufträge in Zusammenhang mit dem neuen Webauftritt:

  • Der Auftrag für die Erneuerung der Webseiten der kantonalen Verwaltung www.gl.ch
    sowie der Webseite www.glarus.ch wurde am 9. März 2018 vom Departement Finanzen und Gesundheit im freihändigen Verfahren erteilt.
  • Zwei Monate nach dieser Auftragserteilung plante das Bildungszentrum Gesundheit und Soziales (BZGS), seine Webseite ebenfalls zu erneuern. Diese war bisher völlig eigenständig. Die Infrastruktur für die neue Webseite des Kantons wurde von Beginn flexibel und erweiterbar ausgelegt, sodass die BZGS-Homepage in sehr kurzer Zeit und rechtzeitig auf den Schulstart Mitte August migriert werden konnte. Der Auftrag für den Neuauftritt des BZGS wurde am 4. Juli 2018 vom Departement Finanzen und Gesundheit im freihändigen Verfahren erteilt.
  • Der Auftrag für das Redesign und die Migration der Webseite der Kantonsschule wurde am 12. November 2018 vom Informatikdienst freihändig erteilt.

Die Aufträge für die Erneuerung der Webseiten der Gemeinden wurden von diesen direkt vergeben.

Wie gross war das Auftragsvolumen für die einzelnen Aufträge bzw. des gesamten Auftrags?  Das Auftragsvolumen für die einzelnen Aufträge war wie folgt:

  • Kantonale Webseite: 45 340 Franken (exkl. MwSt.) für Projektbetreuung und Koordination, Installation, Redesign, Datenmigration und Schulung der Internetredakteure.
  • BZGS: 14 190 Franken (exkl. MwSt.) für Projektbetreuung, Redesign, Inbetriebnahme und Schulung der Redakteure.
  • Kantonsschule: 8650 Franken (exkl. MwSt.) für Projektbetreuung, Redesign, Datenmigration und Inbetriebnahme.

Insgesamt belief sich das Auftragsvolumen damit auf 68 180 Franken (exkl. MwSt.). Die effektiven Kosten betrugen letztlich 64 780 Franken (exkl. MwSt.) und fielen damit tiefer aus.

Wurden die entsprechenden Arbeiten ausgeschrieben? – Die entsprechenden Arbeiten wurden gestützt auf Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe e des kantonalen Submissionsgesetzes freihändig vergeben. Die Softwarelizenzen für das CMS und die Module (News, Newsletter, Online-Schalter, RSS Feed, SBB GA) wurden bereits mit dem Auftrag Ende 2010 beschafft und konnten dank des bestehenden Lizenzvertrags ohne Kostenfolge auf die neuen Systeme übernommen und weiterverwendet werden. Gemäss der kantonalen Submissionsgesetzgebung können Lieferungen und Dienstleistungsaufträge bis 100 000 Franken im freihändigen Verfahren vergeben werden, die Schwellenwerte gemäss Interkantonaler Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen liegen noch höher.

Neben diesen Kostenargumenten bringt auch die Kontinuität Vorteile. Die Inhalte konnten vom bisherigen CMS automatisiert in das neue übertragen werden. Allein beim Kanton wurden über 750 Inhaltsseiten übernommen und automatisch auf das neue Design migriert. Die Inhalte wurden von den Internetredakteuren danach nur noch überprüft und bei Bedarf aktualisiert. Dazu wurden über 1250 News (inkl. Archiv) und unzählige Dokumente im Online-Schalter auf die gleiche Art übernommen. Die effektive Zeit für die Umstellung konnte damit kurzgehalten werden. Der personelle Aufwand für eine manuelle Datenübernahme, im Falle eines Anbieterwechsels, wäre ungleich höher und deutlich aufwändiger gewesen.

Warum wurden die Arbeiten an eine ausserkantonale Firma vergeben? – Die entsprechenden Gründe wurden oben erläutert. Die Kostenvorteile und das Argument der Kontinuität waren ausschlaggebend. Es handelt sich dabei um ein Produkt, das quasi standardisiert gekauft werden kann, was preislich attraktiv ist. Die Firma Backslash AG platziert ihr Produkt im Behördenumfeld. Nebst dem Kanton Glarus betreut sie die Webseiten der Kantone Thurgau und Schwyz sowie von über 220 Gemeinden.

Wie rechtfertigt der Regierungsrat diese Vergaben und das entsprechende Vorgehen gegenüber den einheimischen Betrieben? – Der Regierungsrat hat die Gesetze zu beachten und zu vollziehen. Die massgebliche Grundlage für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist das kantonale Submissionsgesetz. Dieses hält in Artikel 7 ausdrücklich fest, dass alle Anbieter gleich zu behandeln sind. Der Auftraggeber hat jede Diskriminierung zu vermeiden. Eine Bevorzugung von einheimischen Betrieben ist verboten. Diese Diskriminierung war damals der Stein des Anstosses. Bewerber aus dem Kanton Glarus wurden zur damaligen Zeit bei der Vergebung von öffentlichen Aufträgen in anderen Kantonen ausgeschlossen. Das Submissionsgesetz wollte diese Benachteiligung für das einheimische Gewerbe beseitigen. Von diesem Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung darf nur dann abgewichen werden, wenn das einheimische Gewerbe kein Gegenrecht besitzt (Art. 7 Abs. 2). Das Gegenrecht ist heute im Inland vollständig gewährleistet. Der Landrat und die Landsgemeinde entschieden sich damals ganz bewusst für dieses Gleichbehandlungs-Prinzip im vollen Bewusstsein, dass das neue Gesetz einen «Heimatschutz» verunmöglicht.

Das Submissionsgesetz hält einen zweiten wichtigen Grundsatz fest. Grundsätzlich ist das wirtschaftlich günstigste Angebot anzunehmen. Diese Gesetzesbestimmung will sicherstellen, dass sparsam mit den Steuermitteln umgegangen wird und dieses Prinzip über allen anderen steht wie beispielsweise das berechtigte Anliegen, einheimische Betriebe zu berücksichtigen. Der Regierungsrat ist überzeugt, dass die Vergaben – insbesondere auch unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Lizenzen und den aufgrund der automatisierten Datenmigration eingesparten verwaltungsinternen Arbeitsstunden – die Anforderung des Submissionsgesetzes, wonach grundsätzlich das wirtschaftlich günstigste Angebot den Zuschlag erhält, erfüllen.

Der Regierungsrat weist darauf hin, dass der Kanton sehr wohl regelmässig IT-Aufträge an einheimische Betriebe vergibt, sofern diese die wirtschaftlichen Kriterien erfüllen. Im Kanton sind dies die Firmen Glaronia Informatik AG in Glarus sowie die Omikron Data AG in Netstal.