Interview mit Betty Legler



Interview mit Betty Legler

glarus24.ch: Geboren und aufgewachsen sind Sie in Linthal. Können Sie unseren Lesern ein wenig aus Ihrer Jugend erzählen und vor allem interessiert, wie sind Sie zu Musik gelangt. Sind sie erblich vorbelastet?

Betty Legler: Bestimmt habe ich von meiner Familie mütterlicherseits Einiges an Musikalität „geerbt“: Einige ihrer Geschwister sind hochgeachtete Musiker und haben viel zur Erhaltung der authentischen tirolerischen Volksmusik geleistet. Drei meiner Neffen sind ebenfalls Musiker. Es ist sogar schon vorgekommen, dass wir zufällig beim selben Festival (z.B. bei „Alpentöne“ in Altdorf) über den Weg gelaufen sind. Musiziert haben wir leider bisher noch nicht. Aber wir sind ja noch jung!

Meine Eltern führten einen Doppelbetrieb Hotel – Metzgerei und hatten so gut wie keine Zeit für ausserberufliche Beschäftigungen. Im Restaurant standen aber 2 Klaviere, die für mich schon in sehr jungen Jahren zum Rückzugsort wurden, weil ich schnell herausfand, dass man mit Tönen Geschichten erzählen und den Alltag verarbeiten kann. Wie sehr die Musik einmal mein Lebenselixier werden sollte, war mir damals natürlich nicht bewusst. Gesungen habe ich ab und zu mit meiner Mutter, die beim Abwaschen-Abtrocknen tirolerische Kreuzjodler mit mir sang, und mit meinen Brüdern Fridolin und Jakob, mit denen ich bei gleicher Gelegenheit wetteiferte, wer mitten im Lied möglichst oft die Tonart wechseln konnte, ohne den Faden zu verlieren.

Spannend waren natürlich immer die Anlässe, bei denen Jost Ribary, Res Gwerder und andere Kapellen bei uns zur Chilbi oder zu Hochzeiten aufspielten. Ich war natürlich zu klein, um direkt dabei zu sein, sass aber jeweils nächtelang im Pijama auf der Treppe zwischen unseren Privaträumen und dem Festsaal. Meine tiefe Zuneigung zur Volksmusik hat sicher da ihre Wurzeln...

glarus24.ch: Nachdem Sie Ihr Talent und Ihre Begeisterung für die Musik rep. Für das Entertainment entdeckt haben wie ist dann Ihr Weg verlaufen. Wie viel hat zu Ihrem Können auch Glück beigetragen?

Betty Legler: In sehr jungen Jahren kann man Berge versetzen. Man weiss schlicht noch nicht, was alles schief gehen könnte. Das allein ist schon ein unglaubliches Glück, und genau damit habe ich auch meine ersten Erfolge verbuchen dürfen. Übrigens lange, bevor meine Musik in die Hitparaden kam: Mit dem Orff Orchester von Hermann Huber, Lehrer in Linthal, der sich beispiellos und unermüdlich eingesetzt hat für die Kinder- und Jugendmusik. Er hat mir die Möglichkeit gegeben, erste Kompositionen mit der Schulklasse, dem Orff Orchester und dem Jugendchor vor Publikum auszuprobieren.

glarus24.ch: Zu Beginn Ihrer Karriere hat man Sie sehr oft in den Radios gehört, sie waren auch in den Charts vertreten, wie sind sie mit diesem doch plötzlichen Erfolg umgegangen und was ist der Grund, weshalb Sie diesen Weg nicht weiter verfolgt haben? (Hoffentlich ist diese Frage nicht zu indiskret)

Betty Legler: Der „plötzliche Erfolg“ war von aussen, also vom Publikum, wahrscheinlich viel stärker wahrnehmbar als für mich selbst. Für mich veränderte sich vorerst lediglich meine tägliche Arbeit. Ich war ständig auf (Arbeits-)Reisen, aber auch ständig mit Musikern, Fotografen, Medienschaffenden und anderen kreativen Menschen in Kontakt. Geld ist im kleinen Markt Schweiz sowieso nicht annähernd in dem Rahmen zu verdienen, wie die damalige Medienpräsenz es nach aussen hin hätte vermuten lassen.

Als Musikerin war schnell klar, dass ich kein lächelnd-hüpfendes (und manipulierbares) Püppchen sein konnte und wollte, und insofern entschied meine Musik im Wesentlichen meinen Weg als Singer-Songwriter. Diesen Entscheid habe ich bis heute nicht bereut, auch wenn einige meiner ehemaligen Schulkollegen mit „mein Haus, mein Ferrari, meine Yacht“ angeben können und ich nicht. Meine Werte liegen vielleicht auch einfach etwas anders, und das ist gut so. Meine damalige Plattenfirma fand meine Entwicklung in Richtung ernstzunehmende Komponistin und Produzentin nicht so cool und hat dann mit Sina das Projekt „Schweizer Rocklady“ praktisch nahtlos fortgesetzt. So läuft das Business halt, aber eine Freundschaft zwischen mir und Sina hat auch die Plattenfirma nicht verhindern können.

glarus24.ch: Mit Murrlibutz beschreiten Sie nun einen neuen Weg. Wie ist es zu diesem Wechsel gekommen und was für Pläne haben Sie diesbezüglich noch. Generell wie sehen Ihre weiteren Zukunftspläne aus und wird man Sie in nächster Zeit wieder einmal im Glarnerland begrüssen dürfen?

Betty Legler: Mutter zu werden, ist eine nicht wirklich beschreibbare Erfahrung. Zum einen, weil es eine bis ins Innerste treffende Sache ist und zum anderen, weil sie fortdauert und jeden Tag ungeplante Herausforderungen ... und unaussprechlich schöne Belohnungen mit sich bringt. Es konnte gar nicht anders sein, als dass mich das Muttersein inspiriert. Und Robin Jedi ist ein so waches und liebenswürdiges Kind, dem der Schalk im Nacken sitzt. Sie wird jetzt 5 und ist so eloquent, dass ich mich ab und zu schon warm anziehen muss, um von ihr nicht ausgetrickst zu werden. Murrlibutz ist in vielerlei Hinsicht ein bisschen wie Robin ... und Tausende anderer Kinder zwischen drei und zehn Jahren!

Murrlibutz beschäftigt mich wohl noch eine Weile. Wir machen keine Werbung für Murrlibutz, trotzdem kommen viele Kindergärtnerinnen und PrimarschullehrerInnen auf uns zu, weil die Geschichte sich so hervorragend eignet, um Kindern eine lange Liste von Lernenswertem zu vermitteln.

Neues von Murrlibutz wird es übrigens am 20. Mai im Glarnerland geben. In München eröffnen wir demnächst die Murrlibutz Lern- und Spielschule mit Schwerpunkt auf musikalische und sprachliche Edukation, und ich arbeite auch mit einem von Frauen gegründeten und geführten Buchverlag für mehrsprachige Kinderbücher in München (edition bi:libri) zusammen.

Sicher wird es irgendwann auch wieder die „Singer-Songwriterin Betty Legler“ geben. Es hat alles seine Zeit, auch wenn es mir nicht immer leicht fällt, dies auch zu leben. Derzeit arbeite ich im Bereich Erwachsenenmusik vor allem mit Hans Kennel und Mytha im Bereich alpine Weltmusik.

glarus24.ch: Eine letzte Frage an Sie als „Weltbürgerin“ wie sind Ihre Beziehungen zum Kanton Glarus und zu Ihrer Heimat generell. Was bedeutet Ihnen „Heimat und Familie“?

Betty Legler: Meine Familie ist der Nabel meiner Welt ..., aus der ich gerne immer soweit „ausbreche“, als ich mir erlaube, die unglaublichsten kreativen Projekte anzudenken, und einige davon auch zu realisieren.

Das Glarnerland trage ich in meiner Seele und in meinen Knochen, da kann ich in München oder in Monte Negro leben. Die Heimat liegt für mich einerseits in mir selbst, meinen Erfahrungen und meinem gelebten Leben, und der erdkundlicher Rahmen dazu ist so stark in mir verankert, dass ich, egal wann oder wo, Kraft daraus schöpfen kann. Der Kanton Glarus kommt mir – und ich ihm – also nicht so schnell abhanden!

glarus24.ch bedankt sich bei Betty Legler für das „geschenkte“ und wirklich fein abgefasste Interview und freut sich bereits heute auf ein Wiedersehen am 20. Mai im Glarnerland.