Interview mit Peter Wettstein



(Bildmontage: jhuber)
(Bildmontage: jhuber)

gl24: Herr Wettstein, am 08. Juli wird ein weiteres Mal das Festival Musikwoche Braunwald eröffnet. Auf was freuen Sie sich persönlich am Meisten?

Peter Wettstein: Im Moment freue ich mich intensiv auf die Festival-Eröffnung am kommenden Samstagabend, an dem wir mit Augen und Ohren sofort in die Thematik der diesjährigen Woche eingeführt werden: „Evolution und Revolution in der Musik“. Die Künstlergruppe TOTSCHNA wird uns musikalisch in Zeit und Umstände des Suworow-Feldzugs der russischen Armee entführen, der ja eine direkte Folge der Französischen Revolution war.Aber danach werde ich jeweils das nächste der insgesamt elf Konzerte am freudigsten erwarten.

gl24: Das Festival Musikwoche Braunwald gibt es nun schon seit über 60 Jahren. Was zeichnet das Festival (im Vergleich zu anderen ähnlichen Veranstaltungen) im autofreien Braunwald speziell aus?

P.W.: Das Spezielle an der Braunwalder-Musikwoche ist die schon fast familiäre Atmosphäre. Im Zeitalter der Superlative, der Grossanlässe ist es wohltuend, an einem so schönen Ort in einer relativ kleinen Gemeinschaft Musik auf hohem Niveau vermittelt zu bekommen. Zudem führen die thematische Ausrichtung und die Kombination der Konzerte mit Einführungen und Moderationen zu fokussierten Erlebnissen, die wohl nachhaltiger sind, als die in unseren Kulturzentren häufig anzutreffende Beliebigkeit der Anlässe.

gl24: Sie sind Präsident der Musikkommission des Festivals. Nach welchen Kriterien suchen Sie die Künstler und Werke aus?

P.W.: Unsere Musikkommission bestimmt zwei Jahre im Voraus das Motto des jeweiligen Festivals. Dieses wird publiziert und auch den vielen sich interessierenden Künstlern mitgeteilt. Die attraktivsten der eintreffenden Programmvorschläge werden aufeinander abgestimmt und allenfalls modifiziert, so dass ein überzeugendes Gesamtkonzept entsteht. Natürlich werden je nach Thematik auch Musikgruppen direkt eingeladen uns ihre Ideen vorzulegen. Es ist zudem unser Anliegen, neben bereits sehr bekannten, erfolgreichen Künstlern auch hochbegabten NachwuchsmusikerInnen ein Podium bieten zu können.

gl24: Was dürfen die Besucher vom diesjährigen Festival erwarten?

P.W.: Zunächst einmal einen bunten Strauss von Kammermusikkonzerten, mit Werken aus sechs Jahrhunderten. Evolutions- und Revolutionselemente sind im Schaffen fast aller Komponisten anzutreffen. Zu allen Zeiten gab es Künstler, die aus der Tradition heraus Neues schufen und andere, die sich gegen das Bestehende wandten und radikale Erneuerung anstrebten. Im diesjährigen Festival soll einerseits anhand von ausgewählten Musikstücken gezeigt werden, wie Komponisten mit Tradiertem umgegangen sind, wie sie auf verschiedenste Art und Weise neue Ideen entwickelt haben und sich damit eigenständig profilierten. Andererseits wird auch der Einfluss von politischen Umwälzungen auf das Kunstschaffen verdeutlicht. Peter Gülke, ein hoch versierter Referent und Moderator, der als Musikwissenschaftler und Dirigent in der DDR die geschichtliche Entwicklung nicht nur miterlebt, sondern im Kulturbereich auch mitgeprägt hat, wird während der ganzen Woche als Referent und Moderator die Konzertprogramme begleiten.

Auch dieses Jahr ist eine Exkursion geplant. Sie wird nach Näfels führen, wo die Orgelbauwerkstatt Mathis AG besucht und mit einem anschliessenden Orgelkonzert dann auch ein Meisterwerk aus diesem bestbekannten Haus vorgestellt wird.Auch der Singwochenchor wird aktiviert. Er widmet seine Arbeit dem diesjährigen Geburtstagskomponisten. Von Mozart werden im Freitags-Schlusskonzert nicht nur Chorwerke, sondern auch das Klarinettenkonzert zu hören sein.

Übrigens kann das gesamte Programm auf der Homepage www.musikwoche.ch eingesehen werden.

gl24: Wie schaut die Zukunft der Musikwoche Braunwald aus?

P.W.: Im kommenden Jahr steht das Festival unter dem Motto „Volksmusik als Quelle der Kunstmusik“. In den nächsten Wochen wird die Programmierung dafür konkretisiert. Das Thema ist bereits auf grosse Resonanz gestossen und die Fülle der eingegangenen Ideen lassen die Wahl zur Qual werden, da nur ein Bruchteil der Vorschläge berücksichtigt werden kann.Zu hoffen ist, dass sich immer wieder neue Musikfreundinnen und –freunde für das Festival begeistern lassen und die Mühe nicht scheuen, die wunderbare Glarnerterasse zu erklimmen – mit dem nostalgischen Bähnchen ist dies ja ganz einfach -, um in luftiger Höhe in einem Märchenhotel sich durch neue und alte Musikwerken bereichern zu lassen.

gl24: Welchen Bezug haben Sie allgemein zum Kanton Glarus?

P.W.: Vor acht Jahren haben meine Frau und ich ein ruhiges erholsames Plätzchen gesucht, nicht zu weit weg von meiner damaligen Wirkungsstätte Zürich. Wir haben in der Nähe von Elm ein kleines Haus gefunden und verbringen nun einen grossen Teil unserer Zeit im Chlital, wo ich ungestört arbeiten kann, aber natürlich auch die Vorzüge des Rentnerdaseins mit Wandern, Skifahren, Lesen geniessen kann. Meine Frau, eine ehemalige Bildhauerin hat sich hier ein Atelier eingerichtet und setzt sich mit dem Steinreichtum des Glarnerlandes auseinander, indem sie ausgewählte Exemplare zu Schmuckstücken verarbeitet.

gl24: Vielen Dank für das interessante Gespräch und eine erfolgreiche Musikwoche in Braunwald.