Interview mit Regierungsrat Dr. Rolf Widmer zur KOSA-Initiative

Das Wochenende vom 23./24. September 2006 steht ganz im Zeichen von wichtigen Abstimmungsvorlagen. Darunter auch die hart umkämpfte KOSA-Initiative. Andrea Trümpy, Mitglied im Glarner Komitee „KOSA-Initiative NEIN“, befragte Regierungsrat Rolf Widmer zu seiner Meinung zu dieser Initiative.



Im Gespräch: Regierungsrat Rolf Widmer über die KOSA-Initiative (Bildmontage: jhuber)
Im Gespräch: Regierungsrat Rolf Widmer über die KOSA-Initiative (Bildmontage: jhuber)

A.T. Sie lehnen die KOSA-Initiative ab. Warum?

R.W. Die KOSA-Initiative ist eine reine Umverteilungsübung. Man nimmt das Geld den Kantonen und dem Bund weg und führt es der AHV zu. Weniger Geld beim Bund und den Kantonen bedeutet entweder die Steuern zu erhöhen oder Leistungen abzubauen – beispielsweise im Schulwesen, im öffentlichen Verkehr oder im Gesundheitsbereich. Ein NEIN bringt der AHV etwas: die Erlöse aus dem Verkaufs des Goldes von der Nationalbank, welche dem Bund gehören, fliessen direkt in die AHV. Das sind 7 Milliarden – ohne dass dem Kanton Glarus Geld verloren ginge.

A.T. Beeinflusst die KOSA-Initiative die Politik der Nationalbank?

R.W. Es ist zu befürchten, dass die Nationalbank gezwungen wird, höhere Gewinne zu erwirtschaften. Die Initianten wären ja nicht glaubwürdig, wenn die Nationalbank nicht genügend Mittel erwirtschaftet, damit etwas für die AHV übrig bleibt. Konsequenterweise steigt der Druck auf die Nationalbank, um den StimmbürgerInnen zu beweisen, dass mit der Initiative das versprochene auch wirklich eintritt.

A.T. Was hat das für Auswirkungen?

R.W. Die Nationalbank kann problemlos eine Geld- und Währungspolitik betreiben, welche hohe Gewinne garantieren. Die Bevölkerung muss einfach die „Nebenwirkungen“ in Kauf nehmen. Zum Beispiel befürchten Experten, dass das Zinsniveau instabil wird und Inflation droht. Somit bezahlt der Bürger gleich doppelt: neben Steuererhöhungen und/oder weniger Leistungen (vgl. oben) drohen auch noch höhere Mieten und steigende Preise für Güter und Dienstleistungen.

A.T. Welche Auswirkungen hat die KOSA-Initiative auf Bund und Kantone?

R.W. Einnahmenverluste bis 2012 jährlich 667 Mio (Kt) und über 800 Mio (Bund)

A.T. Wie bedeutsam ist der Einnahmenverlust für unseren Kanton?

R.W. Ein JA würde für den Kanton Glarus bedeuten, dass er von der Nationalbank 3,4 Millionen Franken weniger pro Jahr erhält. Das sind umgerechnet rund 3 Steuerprozent!

A.T. Die AHV steht vor einer grossen demographischen Herausforderung. Es gibt immer mehr Rentner und immer weniger Erwerbstätige. Sollen die Nationalbankgewinne nicht dazu beitragen, die AHV zu sichern?

R.W. Sicher müssen wir zur AHV Sorge tragen. Aber wenn wir der AHV mehr Einnahmen zuführen und diese Einnahmen gleichzeitig an einem anderen Ort wegnehmen, entsteht einfach an einem andern Ort ein Problem. Nochmals: die KOSA zaubert nicht einfach mehr Mittel aus dem Hut. Viel besser ist es für die AHV, NEIN zu stimmen. Dann erhält die AHV 7 Milliarden Franken aus dem Verkauf des Goldes.