Der Vorstand der Glarner Handelskammer befürwortet ohne jeglichen Vorbehalt die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und die Ausdehnung auf die neuen EU-Länder Bulgarien und Rumänien. Es steht der Schweiz nicht zu, einerseits Staatsangehörige einzelner EU-Staaten von der Personenfreizügigkeit auszuschliessen und zu benachteiligen, andererseits für sich den freien Zugang zu deren Märkte zu beanspruchen.
Mit dem bilateralen Weg fährt die Schweiz gut. Im wirtschaftlichen Austausch ist sie gegenüber den EU-Staaten in vielen Bereichen gleichberechtigt. Für die schweizerischen Unternehmen sind die EU-Länder die wichtigsten Handelspartner. Auch für die Glarner Wirtschaft ist der EU-Raum von grösster Bedeutung. Fast 90% aller Importe stammen aus dem EU/EFTA-Raum und knapp 80% aller Exporte gehen dorthin, wie dem Jahresbericht der Glarner Handelskammer entnommen werden kann. Die bilateralen Verträge garantieren den ungehinderten Handel mit den wichtigsten Kunden. Es liegt daher gerade auch im Interesse der Glarner Wirtschaft, diesen bilateralen Weg nicht zu gefährden oder gar aufzugeben. Darin aber besteht die grosse Gefahr, wenn durch den negativen Ausgang der Abstimmung vom 8. Februar 2009 das Freizügigkeitsabkommen mit der EU nicht weitergeführt werden kann. Da hilft auch der Hinweis auf Neu-Verhandlungen nicht weiter, macht es doch keinen Sinn, die nicht einfacher werdende wirtschaftliche Situation mit neuen Verhandlungen noch zusätzlich zu belasten, wobei es ohnehin völlig ungewiss ist, ob wieder gleich gute Ergebnisse erzielt werden können. Darum: Hände weg vor einem abenteuerlichen Nein!
Die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit erfolgt kontrolliert und erstreckt sich über eine 10-jährige Übergangsfrist. Zudem ist der Zuwanderungsdruck etwa auf Deutschland oder Österreich bescheiden. Das starke Wirtschaftswachstum in den EU-Staaten Mittel- und Osteuropas absorbiert das dortige Arbeitskräftepotential weitgehend; die Arbeitslosenquote ist in Bulgarien um fast die Hälfte auf 6,5 Prozent, in Rumänien um fast einen Viertel auf 6,4 Prozent gesunken. Sie liegt damit tiefer als in der Euro-Zone (7,4%) oder in der gesamten EU (7,1%). Es ist daher nicht anzunehmen, dass die Zuwanderung aus diesen beiden Staaten grösser sein wird als aus den andern Staaten der ersten Osterweiterung, als die Kontingente für Polen, Ungarn und Tschechien anfänglich nicht einmal ausgeschöpft wurden. Zudem kann die Schweiz für die Dauer von bis zu sieben Jahren für Aufenthalte von Bulgaren oder Rumänen arbeitsmarktliche Beschränkungen aufrechterhalten, wie z.B. den Inländer-Vorrang oder die Kontrollen der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Dumpfe Ängste und emotionale Befürchtung wegen einer übermässigen Einwanderungswelle aus Bulgarien und Rumänien sind nicht begründet und kein Grund für Experimente und Unsicherheiten mit den bewährten Bilateralen.