Jäggi-Sisters räumten ab – Spektakel pur dank Doppelsieg am Glarner Sommercup-Final

Die Frauendominanz am Final des Glarner Sommercups ist beeindruckend. Die Luftgewehrschützinnen deklassierten die Herren. Barbara Schläpfer (Gais) bei der Elite, Vivien Jäggi (Niederbuchsiten) beim Nachwuchs und Ernst Zellweger (Uzwil) bei den Auflageschützen heimsten die Siegerprämie ein.



Jaeggi_Sisters_Final GLSC: Familiensache: Emely (links) und Vivien Jäggi brillierten in Näfels. (Bild: zvg)
Jaeggi_Sisters_Final GLSC: Familiensache: Emely (links) und Vivien Jäggi brillierten in Näfels. (Bild: zvg)

Am Freitagmorgen war Jürg Fischli mit seinen Helfern noch beschäftigt die Halle in der lintharena in einen Schiessstand zu verwandeln. Kaum waren die Zielanlagen der Firma SIUS installiert, die Werbebanner der diversen Sponsoren aufgehängt und die Zuschauertribüne aufgebaut, standen bereits die ersten Schützen in Näfels bereit. Bereit, um den Meister der Auflageschützen zu erküren. Als eines der jährlich neuen Highlights darf wohl die Übertragung via YouTube bezeichnet werden. Wer die spannenden Duelle nicht vor Ort verfolgen wollte, konnte über das Netz live mitfiebern. Bei den Auflageschützen war einmal mehr nicht viel Spielraum vorhanden, um beim prestigeträchtigsten Wettkampf in den Final vorzustossen. Dementsprechend fielen dem Duellmodus viele Schützen zum Opfer, welche sich nach den Vorrunden berechtigt Hoffnung auf den Titel machten. Von den Top-Ten-Schützen überstanden Franz Schöpfer, Daniel Troger, Ruedi Siegfried, Francesca Sala, Urs Kämpfer, Peter Burri und Hans-Peter Rieder den Achtelfinal nicht, wobei Letzterer mit 199:200 Punkten gegen Krystyna Brezek ausschied.

Und wieder Ernst Zellweger

20 Schuss in 18 Minuten in den Ausscheidungsrunden und 30 Sekunden pro Schuss im Final. So lautet Fischlis Reglement, was keine zweite Chance erlaubt. Eine nicht unlösbare Aufgabe, doch für versierte, routinierte Teilnehmende einfacher zu handhaben als für Newcomer. Dementsprechend waren im Final auch nur altbekannte Namen zu finden – mit einer Ausnahme. Thomas Hüsser der Sportschützen Limmattal-Schlieren, der über mehrere Jahre aktiv als Freischütze an Wettkämpfen anzutreffen war. Nun kämpfte er im kleinen Final gegen Renato Schulthess (Burgdorf), der in der letzten Auflage bereits im Viertelfinal ausschied. Diesen Freitag duellierten sich die beiden um den 3. Rang. An Thomas Hüsser führte kein Weg vorbei. Der Zürcher brillierte mit 104,9 Ringen. Einzig beim siebten Schuss fing er eine 9,9 ein. Schulthess hingegen zeigte Nerven und wurde mit 101,5 Zählern Vierter. Ebenso einen Nervenkrieg lieferten sich Ignaz Nachbaur, der für Ebnat-Kappel antrat und der zweifache Glarner Sommercup-Sieger Ernst Zellweger. Die Nervosität der beiden war resultatmässig sichtbar. Ernst Zellweger startete mit einer 9,2 und hinkte so dem stark startenden Nachbaur hinterher. Während Zellweger immer besser in Fahrt kam, begannen beim Österreicher die Nerven zu flattern. Ab dem fünften Schuss passte nicht mehr viel zusammen und so unterlag er schliesslich mit 102,3:103,2 Punkten dem Fürstenländer. Ernst Zellweger verteidigte den Titel und konnte somit zum dritten Mal die 1000 Franken Siegprämie einheimsen.

Zweimal das Maximum von 200 Punkten

Der Samstag stand ganz im Zeichen der Damen. Obwohl Nationalmannschaftsschützen jedes Jahr dem Glarner Sommercup ihre Treue beweisen, fehlen doch einige Stars wie beispielsweise Nina Christen oder Christoph Dürr. Der Gamser könnte seinem männlichen Teamkollegen Jan Lochbihler gegen die Frauenkonkurrenz unter die Arme greifen. Der Wahlthurgauer war es nämlich einmal mehr, der zum Schluss allein gegen die Damen kämpfte. Begonnen hat der Wettkampftag jedoch mit diversen Luftgewehrschützen, die aber reihenweise Federn lassen mussten. Einer von ihnen war Fabio Wyrsch, der erstaunlicherweise gegen die Westschweizerin Jennifer Kocher mit 193:198 Ringen verlor. Der Urner kämpfte sich über die Hoffnungsrunde zurück, schied dann aber im Viertelfinal gegen Franziska Stark (Biel) mit 196:199 Zählern aus. Zuvor beendete er den Arbeitstag für seine Vereinskollegin Nina Stadler (199:192). Diese sorgte zusammen mit ihrem Freund, Tim Landolt, für eine amüsante Szene im Shoot off des Sechszehntelfinals. Sie trennten sich mit 194 Ringen. Im kommandierten Entscheidungsschuss schoss die Urnerin eine 8,6 und öffnete dem letzten verbliebenen Glarner, Tür und Tor. Doch der Näfelser stand mit seinen Gedanken wohl auf Wolke sieben und vergass die korrekte Ladebewegung, sodass er rund 10 Sekunden vor dem Ablauf der Zeit nochmals eine Ladebewegung machen musste und beinahe ungezielt eine 8,5 schoss. Damit erlosch nebst den bereits früh ausgeschiedenen Glarnern Gina Landolt und Silvan Lendi auch der letzte einheimische Hoffnungsschimmer. Das Kunststück von 200 Punkten schossen dieses Jahr nur Chiara Leone (1/8-Final) und Barbara Schläpfer (1/4-Final) und kassierten dafür vom Organisator 500 Franken. Bezeugend für diese Leistung überraschte es dann auch nicht, dass sich diese zwei im Halbfinal gegenüberstanden. Chiara Leone überzeugte zuvor mit 198, 199, 200 und 199 Punkten. Barbara Schläpfer mit 197, 197, 198 und 200. Im Halbfinal gewann Schläpfer mit 199:198 und schoss sich damit in den grossen Final, wo sie auf Franziska Stark treffen sollte. Die Nationalmannschaftsschützin schickte mit einem starken Finish Jan Lochbihler mit 199:197 in den kleinen Final. Zuvor reihte sie 198, 199, 198 und 199 Ringe aneinander.      

Der 9. Schuss war verhängnisvoll

Die Finalpaarungen standen somit fest. Der Sieg 2023 wird an eine Schützin gehen – entweder in die Ostschweiz oder nach Biel. Franziska Stark und Barbara Schläpfer schenkten sich nichts, obwohl beide Cracks zwischendurch Aussetzer hatten. Nach acht Schüssen lag Stark mit 1,1 Punkten in Front. In der Schützenwelt auf diesem Niveau eine Meilenlänge voraus. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Nach dem 9. Schuss von Stark ging ein Raunen durch die Menge, da eine 8,5 auf dem Monitor erschien. Die totgeglaubte Schläpfer war wieder im Rennen und lag plötzlich einen Punkt vor ihrer Kontrahentin. Dieses Geschenk liess sie sich nicht mehr nehmen und gewann mit 102,4:100,5 Punkten ihren insgesamt dritten Titel (2 Elite / 1 Nachwuchs). Die Spannung um Rang drei wurde bis zum letzten Schuss aufrechterhalten. Jan Lochbihler führte über weite Strecken, bis auch er beim 9. Schuss mit einer 9,7 ins Hintertreffen geriet. Der gebürtige Solothurner musste sich mit 103,8:103,9 Punkten mit dem vierten Rang zufriedengeben.

Entspannter Final für Jäggi-Eltern  

Nicht minder spannend war der Wettkampf beim Nachwuchs. Die Elite erwartet in den kommenden Jahren eine anspruchsvolle Zeit, denn die Cracks von Morgen drehen mächtig an der Resultatschraube – zumindest eine gute Handvoll um Emely und Vivien Jäggi, welche momentan den Takt angeben. Mindestens an diesem Wochenende gab es seitens Glarner Vertreter nicht viel zu jubeln. Lio Wickihalder, als einziger Einheimischer, schied bereits nach der Vorrunde aus, nachdem er sich über die Hoffnungsrunde nicht zurück ins Tableau kämpfen konnte. Um einiges besser lief es bereits in der Vorrunde Vivien Jäggi (199), Lea Rügge (Wil), Emely Jäggi (je 198), Larissa Donatiello (Gretzenbach), Alexia Tela (Pedrinate/je 197) und Audrey Goy (Ballens/196). Im Achtelfinal trafen die Cracks aufeinander. Für Lea Rügge (195) und Audrey Goy (196) war Arbeitsschluss. Im Viertelfinal schieden Alexia Tela und Gina Gyger (Oensingen) mit 195 Punkten und Larissa Donatiello gar mit 198 Zählern aus. Letztere zwei mussten sich den Jäggi-Schwestern beugen. Im Halbfinal kämpften Emely Jäggi gegen Martina Herrli (Davos Dorf/198:191) und Vivien Jäggi gegen Noelia Barreira (Uster/196:193). Nach diesem Umgang dürfte sich das Nervenkostüm der Eltern der Geschwister Jäggi gelegt haben, denn durch die Qualifikation von Emely und Vivien für den grossen Final war der Familiensieg bereits besiegelt. Vivien und Emely schossen auf Weltklasseniveau. Die Ältere liess ihre jüngere Schwester Emely bereits nach dem zweiten Schuss hinterherhinken, obwohl auch sie mit 103,0 Punkten ein Spitzenergebnis erzielte. Vivien brillierte mit 104,5 Punkten und erweiterte ihre Erfolgsbilanz. Um Rang drei ging es nicht so weltmeisterlich zu und her. Noelia Barreira der Sportschützen Uster holte sich vor Martina Herrli der Sportschützen Monstein mit 101,6:101,2 Ringen Bronze.