Der Glarner Jagdverein

Interview von Hans Speck mit mit Fritz Stüssi, Präsident des Glarner Jagdvereins.



Interview mit Fritz Stüssi, Präsident des Glarner Jagdvereins (bild: hasp)
Interview mit Fritz Stüssi, Präsident des Glarner Jagdvereins (bild: hasp)

Fritz Stüssi, das neue Jahr 2021 hat soeben begonnen. Wir hoffen alle, dass es ein besseres wird als das vergangene 2020 und dass der kleine Fiesling namens Covid-19 schnellst möglich, so wie er gekommen ist, uns wieder verlässt! Was mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist die Frage, wie stark das Jagdwesen im Kanton Glarus von dieser Pandemie im vergangenen Jahr beeinflusst wurde und wie du das Jagdjahr 2020 allgemein beurteilst.

Bei der Ausübung der Jagd wurde die Pandemie nur am Rande verspürt (Social distancing). Die Jagd findet ja bekanntlich im Freien statt.
Das Jagdjahr 2020 beurteile ich als positiv. Die Abschusszahlen entsprechen unseren Vorstellungen. Mit liberalen Jagdvorschriften, entsprechender Eigenverantwortung und ansprechenden Wildbeständen waren wir gut unterwegs. Gerade die Freigabe des Rotwildes (Kahlwild/Spiesser) während der Rehjagd, mit 39 Stück wovon lediglich 7 Hirschspiesser darf als absoluter Erfolg bezeichnet werden. In einzelnen Gebieten wurden während der «Herbstjagd» (Regulationsjagd auf Rotwild) die teilweise hohen Jäger-Massierungen kritisch beurteilt. Gebiete mit guten Rotwildbeständen ziehen natürlich auch gebietsfremde Jägergruppen an.

Wie zeigt sich die Situation bei den Schalenwildarten wie Hirsch, Gams und Reh?

Beim Rotwild – mit einem Gesamtabschuss von rund 300 Stück im Kanton – aber auch beim Rehwild, sind die Bestände recht gut. Die Wildzählungen sind zwar im Frühjahr 2020 wegen der Pandemie ausgefallen. Das zunehmende Wolfsvorkommen, mit regionalen Unterschieden, hat sich jedoch gerade beim Rehwild spürbar gemacht.
Der Gamsbestand, was örtliche Beobachtungen ergeben, darf als recht positiv beurteilt werden. Unsere Gamsbestände im Kanton Glarus zeigen ein gutes Bild, trotz einem hohen Geissen-Anteil (oder vielleicht gerade deshalb), gegenüber verschiedenen anderen Regionen des Alpenraums.

Bist du mit dem Verlauf der Niederwildjagd im vergangenen Jahr zufrieden?

Persönlich bin ich sehr zufrieden. Gerade die Schneehasen-Jagd, mit der eigenen Bracke, gemeinsam mit Jagdkollegen, ist für mich immer auch ein Höhepunkt unserer «Glarner Jagd». Ob mit oder ohne Beute wird ein wettermässig passender Spätherbstjagdtag zum tollen Erlebnis.
Die Abschusszahlen bei den Hasen und insbesondere beim Birkhahn halten sich jedoch in Grenzen. Sie sind sicher auch nicht Bestandes gefährdend.
Leider hat die Fuchsjagd, gegenüber früher, an Bedeutung verloren. Sicher primär wegen des Preiszerfalls des Fuchsbalgs, aber auch die vor Jahren abgeschaffte Abschussprämie wirken nachhaltig auf den Rückgang ein.

Zum Thema «Wolf» im Kanton Glarus: Wir wissen von einem Wolfsrudel, welches sich in unserem Kanton breit macht. So beobachtete ein Jäger im «Mürtschental» zwei Jungwölfe, welche dieses Jahr auf die Welt kamen. Es handelt sich um den ersten Nachweis einer Reproduktion im Glarnerland. Hat sich diese Population mittlerweile vergrössert und gibt es im Kanton weitere Populationen?

Ja, die Wölfe sind da! Der genaue Bestand wird in der Jägerschaft unterschiedlich beurteilt. Beobachtungen von Wölfen werden gemacht. Jungwölfe, die ja auch Elterntiere haben, sind festgestellt worden und angetroffene Wildrisse unterstreichen das Vorkommen. Wir haben zwar ein dichtes Netz an Wildruhezonen, nach dem Motto «das Wild braucht im Winter Ruhe», was unbestritten vernünftig ist, doch der Wolf nimmt auf unsere menschlichen Vorgaben keine Rücksicht. Nebst der starken touristischen Nutzung der Lebensräume unserer Wildtiere («Corona» lässt grüssen) hat ein weiterer wesentlicher «Stress-Faktor» in der Natur Eingang gefunden.

Wie ist die Stimmung in diesem Zusammenhang unter der Glarner Jägerschaft?

Ich würde sagen, sie ist gegenüber dem Wolfsvorkommen gemischt, doch grossmehrheitlich negativ. Argumente wie «Unser Wild hat genügend anderen Stress über das Jahr» oder «Unser dicht besiedeltes Land hat kaum noch Platz für Grossraubtiere» oder «Das wertvollste Biofleisch, unser einheimisches Wildfleisch, einfach durch diese Raubtiere fressen zu lassen, ist volkswirtschaftlich ein echter Blödsinn» höre ich immer wieder vonseiten der Jägerschaft.

Wie stellst du dich zum Thema «Rehkitz-Rettung mit Drohnen», welches im 2020 gestartet wurde und gibt es dazu aussagekräftige Resultate?

Der Glarner Jagdverein steht voll hinter dem 2020 lancierten Projekt «Rehkitzrettung mittels Drohnen». Aber auch unsere Landwirtschaft möchte aus verschiedenen Gründen keine «vermähten» Rehkitze.
Gemeinsam mit dem Tierschutz, der Hegekommission u.a.m. sind wir in diese Kitzrettungsmassnahmen eingestiegen. Das zwischenzeitlich ausgebildete «Piloten-Team», grossmehrheitlich aus Jägerkreisen, hat bereits einen erfolgreichen Start hinter sich. Natürlich ist die Kitzrettung mittels Drohne eine zeitgemässe, gute Möglichkeit. Dem Drohneneinsatz sind aber auch Grenzen gesetzt. Sei es aus topographischen Verhältnissen (kleine Wiesen) oder aber auch situativ eine zu geringe Zahl von Drohnen. Das altbewährte System des Verblendens der Wiesen wird deshalb weiterhin einen festen Platz einnehmen.

Wie steht es aktuell um den Jäger-Nachwuchs im Kanton Glarus?

Nach meiner Beurteilung nicht unbedingt überragend. Die Jägerzahl ist auch in den letzten Jahren tendenziell zurückgegangen. Es hat also da noch klar «Luft nach oben». Gerade in Revierkantonen zeigt sich da ein anderes Bild. So hat beispielsweise der Kanton St. Gallen einen sehr hohen Zulauf. Die Gründe zu eruieren ist nicht einfach. Eines möchte ich einfach betonen, wir haben eine schöne, preislich angemessene, liberale Jagd hier im Kanton Glarus.

Wie steht die Glarner Bevölkerung zur Jagd und im Speziellen zur Jägerschaft im Kanton Glarus?

Ich meine unsere Bevölkerung steht recht positiv zur Jagd. Die Integration der Jägerschaft im Kanton ist gut. Natürlich wird undiszipliniertes Verhalten wie Unanständigkeit, fehlende Weidgerechtigkeit oder mangelndes «Feingefühl» (an Wegen liegengelassene «Aufbrüche») zu Recht schlecht goutiert. Im Unterschied zu früher steht heute der Jäger rascher im Kreuzfeuer der Kritik.

Wagen wir uns auf einen Ausblick auf die kommenden Monate im 2021. Was hat der Glarner Jagdverein geplant und wie sehen Sie die Zukunftsperspektiven in Bezug auf die Jägerschaft?

Wegen den «Corona»-Einschränkungen wird die aktuelle Agenda immer wieder durchgeschüttelt. Im Februar 2021 sind unsere Regionalversammlungen geplant. Im Sinne Rückblick/Ausblick werden wir uns vor allem mit den Jagdvorschriften 2021 zu Handen der Hauptversammlung befassen. Wir hoffen natürlich sehr, dass wir auch die Hauptversammlung am 16. April 2021, 19.00 Uhr, im «Schützenhaus»-Saal in Glarus durchführen können.
Im April starten wir wieder den Schiessbetrieb in unserer Jagdschiessanlage «Äschen/Obersee». Die Schiessanlage wurde im vergangenen Herbst einer zeitgemässen Sanierung unterzogen. Die Kugelfänge beim Bockstand wurden ersetzt und den heute geltenden Vorschriften angepasst.
Im Sinne der Weiterbildung ist ein zweiter Teil zum Thema «Der Jagdhund» geplant. In diesem Teil möchten wir uns vertiefter mit der «lauten Jagd» befassen. Unsere traditionsreiche «Hundejagd», auch in Berücksichtigung der vielfach stark mit Unterholz belebten Mischwälder, gilt es auch in Zukunft zu erhalten. Mit unseren kurzen Jagdzeiten ist gerade im Interesse des Waldes, aber ebenso im Hinblick auf gesunde Wildbestände, eine effiziente Jagd notwendig.

Ich danke dem Präsidenten des Glarner Jagdvereins Fritz Stüssi ganz herzlich für die transparente Beantwortung meiner Fragen und wünsche ihm und allen Jägerinnen und Jägern im Kanton Glarus für die Jagd 2021/22 ein kräftiges «Weidmanns heil»!