Jahresrechnung der Gemeinde Glarus zum zweiten Mal in Folge mit Defizit

Nachdem die Gemeinde Glarus seit dem Jahr 2014 stets positive Jahresergebnisse ausweisen konnte, schliesst sie im Jahr 2022 wie auch bereits im Jahr 2021 mit einem Aufwandüberschuss von knapp über CHF 4 Mio. ab (CHF 4 055 534, Vorjahr CHF 4 002 217). Das Budget 2022 sah einen Aufwandüberschuss von CHF 1 209 657 vor. Der Sach- und Betriebsaufwand sowie der Personalaufwand werden zwar gegenüber dem Budget 2022 unterschritten. Das Ergebnis wird aber trotzdem durch einen höheren Abschreibungsaufwand, niedrigere Steuererträge und höhere Finanzausgleichszahlungen an die zwei Glarner Nachbargemeinden negativ beeinflusst.



Medienmitteilung der Gemeinde Glarus vom 20. April (Archivbild: e.huber)
Medienmitteilung der Gemeinde Glarus vom 20. April (Archivbild: e.huber)

Auffallend in der Jahresrechnung 2022 sind die gegenüber dem Vorjahr um 78 Prozent gestiegenen Investitionen von CHF 11,4 Mio. Es kommen in den nächsten Jahren weitere Investitionsvorhaben bei der Schulraumentwicklung, im Hochwasserschutz und bei Basisinfrastrukturen in je zweistelligem Millionenbereich auf die Gemeinde zu. Die finanziellen Herausforderungen der Gemeinde Glarus für die kommenden Jahre sind deshalb sehr gross. 

Rekordhohe Investitionen 

Verbunden mit den hohen Nettoinvestitionen steigt auch der damit verbundene Abschreibungsaufwand, welcher mit CHF 4,2 Mio. (+17,9% gegenüber dem Vorjahr) in den Aufwandüberschuss 2022 einfliesst. Trotz der hohen Investitionen sind immer noch nur 55% des Investitionsbudgets effektiv umgesetzt. Budgetiert waren im Jahr 2022 inkl. Übertragungskrediten Nettoinvestitionen von CHF 20,8 Mio. Es werden nicht verwendete Investitions-Budgetkredite im Umfang von CHF 6,9 Mio. auf das Jahr übertragen. Die geplanten Umsetzungsprojekte werden auf die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde Rücksicht nehmen müssen, zum Beispiel was die zeitliche Staffelung anbelangt. Allenfalls ist zur Finanzierung grosser Bauvorhaben ein Bausteuerzuschlag in Betracht zu ziehen. 

Steuerertrag über eine Million Franken tiefer als budgetiert, Entgelte gestiegen 

Der Fiskalertrag 2022 wurde auf der Grundlage der Steuerdaten des Jahres 2020 budgetiert. Nachträglich zeigt sich, dass das Jahr 2020 einen überdurchschnittlich hohen Steuerertrag mit sich brachte. So ist der Fiskalertrag 2022 gegenüber dem Vorjahr zwar mit CHF 1,3 Mio. deutlich gestiegen (CHF 37,2 Mio., Vorjahr: CHF 35,9 Mio.), er liegt aber CHF 1,0 Mio. niedriger als budgetiert, was sich negativ auf das Jahresergebnis auswirkt. Seite 2/2 

Der innerkantonale Finanzausgleich belastet die Gemeinde Glarus stark 

Die Gemeinde Glarus hat im Jahr 2022 Ressourcenausgleichszahlungen von fast CHF 2,0 Mio. an die beiden anderen Glarner Gemeinden bezahlt (CHF 1,1 Mio. an Glarus Süd, CHF 0,9 Mio. an Glarus Nord). Diese sehr starke Belastung der Gemeinde Glarus betreffend Finanzausgleichs-zahlungen zeigt sich auch darin, dass der Kanton im Jahr 2022 nur CHF 0,7 Mio. mehr Finanzausgleichsaufwand (Härte-, Lasten und STAF-Ausgleich, total CHF 2,7 Mio.) zu tragen hatte als die Gemeinde Glarus. Die Leistungen der Gemeinde Glarus für den innerkantonalen Finanzausgleich bleiben auch in den kommenden Jahren hoch. 

Verschlechterung des operativen Ergebnisses 

Der betriebliche Aufwand hat in den vergangenen vier Jahren um rund 22% zugenommen, wohingegen beim betrieblichen Ertrag eine Zunahme von nur 5% resultierte. Folglich hat sich das operative Ergebnis ebenso verschlechtert und liegt seit dem Jahr 2021 im negativen Bereich. Unter anderem aufgrund des gestiegenen allgemeinen Preisniveaus ist nicht davon auszugehen, dass sich der Grossteil der betrieblichen Aufwände im laufenden Jahr reduzieren wird. Einzig der aufgrund des revidierten Finanzhaushaltgesetzes erfolgende Wechsel der Abschreibungsmethode von degressiv auf linear wird zu einem positiven Effekt in der Jahresrechnung 2023 führen. 

Tiefer Selbstfinanzierungsgrad und Abnahme des Pro-Kopf-Vermögens 

Der Selbstfinanzierungsgrad von 17,1% liegt unter dem definierten Zielwert von 80% und muss wieder erhöht werden. Die Finanzierung von Investitionen durch Fremdkapital würde angesichts des eher steigenden Zinsniveaus eine zusätzliche Belastung für die Gemeindefinanzen bedeuten. Auch das Pro-Kopf-Vermögen ist von im Vorjahr CHF 1175 auf CHF 422 pro Einwohner/-in im Jahr 2022 gesunken. Sowohl der Selbstfinanzierungsgrad als auch das Nettovermögen pro Einwohner/-in sind abhängig von den Investitionen, die auch in den nächsten Jahren hoch bleiben werden. 

Ziel des Gemeinderats ist eine solide Finanzlage 

Der Gemeinderat ist sich bewusst, dass die Gemeinde aktuell von ihrer Substanz lebt. Er ist bestrebt, den Erhalt einer soliden Finanzlage zu gewährleisten. Aufgrund der am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Revision des Finanzhaushaltgesetzes werden die Aufwertungs- und Neubewertungsreserven in eine finanzpolitische Reserve überführt. Mit dieser besteht ab dem Jahr 2023 die Möglichkeit, künftige Ertragsüberschüsse einzulegen und damit Aufwandüberschüsse zu decken. Eine Verwendung dieser Reserve ist jedoch nur sinnvoll, wenn auch in anderen Bereichen Massnahmen ergriffen werden, um das strukturelle Defizit auszugleichen. Um die anstehenden Investitionen personell und finanziell zu stemmen und die Aufnahme von Fremdkapital zu begrenzen, sind auch künftig sämtliche Vorhaben kritisch auf Notwendigkeit, Höhe und Zeitpunkt zu hinterfragen. 

Der Gemeinderat dankt den Mitarbeitenden und allen anderen, welche sich mit hoher Finanzdisziplin und dennoch wirkungsvoller Arbeit im Dienste der Öffentlichkeit für die Gemeinde Glarus einsetzen. 

Weiterführende Informationen zur Jahresrechnung 2022 der Gemeinde Glarus finden Sie im Memorial zur Gemeindeversammlung 1/2023 unter www.glarus.ch/gemeindeversammlung.