Keine Gewächshäuser bei der KVA

Nach insgesamt 12 Stunden Beratung nahmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Zelt zu Niederurnen die Nutzungsplanung von Glarus Nord am Dienstagabend um kurz vor 23 Uhr fast einstimmig an, nicht ohne vorher einen gewichtigen Teil der Abänderungsanträge – vor allem bei den Gewässerräumen – anzunehmen und damit zur Neubeurteilung an den Gemeinderat zurückzuschicken.



Keine Gewächshäuser bei der KVA

Trotzdem ist dies – wie der Gemeindepräsident – kurz vor dem geordneten Verlassen des Zelts feststellen konnte, ein Meilenstein für die Gemeinde. Denn jetzt kann der Plan an den Kanton zur Genehmigung geschickt werden. Doch dafür musste er Federn lassen.

Was bisher geschah

Entgegen dem Antrag des Gemeinderates teilten die Stimmbürger bereits im ersten Teil der Versammlung mindestens 5000 Quadratmeter der Parzelle 768 GB Mollis neu der Arbeitszone zu, denn hier soll dereinst der neue zentrale Standort der Niederer AG, Filzbach, für den Öffentlichen Verkehr zu liegen kommen. Das ist einer der insgesamt 54 Anträge, welche am Samstag beraten wurden. Auch am Dienstagabend war das Wetter schön und die Temperaturen lagen im frühlingshaften Bereich. Mit Zuversicht führte der Gemeindepräsident durch die obligatorischen Angaben, bevor man bei Traktandum 2.11.20 – auf Seite 101 – mit einem weiteren der Anträge von Roland Fischli-Maag, hier zur Breite von Carporten in die Detailberatung einsteigen wollte.

Übers Wochenende aber waren Andreas Lienhard wichtige Erkenntnisse zur Mehrwertabgabe gekommen, welche er in einem Rückkommensantrag zu Antrag 2.10.7 zu präsentieren gedachte. Und schon wieder durfte – bei der Frage Rückkommen – gezählt werden. Mit 152:153 wurde aber knapp nicht zurückgekommen. Die Carport-Bestimmung von Fischli-Maag fand mit etwa 20 Gegenstimmen ebenfalls keine Gnade. Andreas Lienhard setzte sich dann bei der Geschosshöhe mit seinem Antrag durch. Viel gewichtiger allerdings war die Annahme des Antrages von Hans Peter Hauser-Berther, der beim Auszählen auch ahnen liess, wie die weitere Debatte verlaufen würde. Mit 191:173 Stimmen wurde für die Gewässerräume in Hofnähe die ortsübliche Mäh-/Weidenutzung als zulässig erklärt, was – so der Gemeinderat – dem Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer widerspreche.

Keine Gewächshäuser

Die nächste Ausnahme für die Landwirtschaft, welche vor allem die Sektoren Q bis T – also der hintere Teil des Zeltes – befürworteten, war Heinrich Schmids Antrag, namens der SVP, dass die Kosten für das Baubewilligungsverfahren bei Wildtierkorridoren von der Gemeinde getragen werden müssen. Hier wich man vom Grundsatz der Rechtsgleichheit bei Baugesuchen in den verschiedenen Zonen ab. Auch die Landwirtschaftszone für besondere Nutzung, wo die KVA Linth ihre Abwärme mit dem Bau von Gewächshäusern nutzen wollte, fand keine Gnade. Priska Grünenfelder, Kaj Weibel, Franz Landolt und schliesslich Gemeinderätin Sibylle Huber-Regli argumentierten vergeblich. Lokales und klimaneutrales Glarner Gemüse, 60 neue Feldarbeiter-Arbeitsplätze, 10 Prozent mehr Effizienz für die KVA, 5 Prozent Reduktion des kantonalen CO2-Ausstosses – alles Haschen nach Wind. Auf Antrag der SVP und von Elisabeth Schnyder wurde auf die Sonderzone verzichtet und das Land in der Landwirtschaftszone belassen. 153:242 Stimmen lautete das klare Verdikt gegen die Sonderzone und damit gegen die Möglichkeit, aus Restwärme Gemüse zu ziehen.

Neuberatung der künstlichen Gewässer

Ab 21.12 Uhr ging es um die Gewässerräume. Sibylle Huber stellte den Bereich vor. Es gehe darum, die Trinkwasserqualität zu erhalten und den Gewässerraum zu sichern. «Der Spielraum zugunsten der Landeigentümer», so Huber, «wurde vom Gemeinderat ausgenutzt. An den kanalisierten Gewässern werden keine Räume ausgeschieden, am Tankgraben aber schon.» Es gehe dabei um die ökomorphologische Beurteilung der Gewässer, die beim Tankgraben eben zugunsten der ökologischen Bedeutung ausfiel. «Der überwiegende Anteil der Gewässerräume bezieht sich auf die Landwirtschaftszone.» Der Gemeinderat argumentierte, dass bei der Prüfung einheitliche Kriterien angewendet worden seien und dies nach den Vorlagen des Bundes und des Kantons. Bei künstlich-naturfremden Gewässern wurde kein Raum ausgeschieden. Hans Peter Hauser, Näfels, setzte sich mit seinem Antrag durch, auf die Ausscheidung der Gewässerräume in der Landwirtschaftszone – analog wie in Glarus Süd – zu verzichten und diese bei einer künftigen Auflage der NUP überarbeitet wieder vorzulegen. Als Anwalt der Gewässer konnte sich Albert Kuriger, Mollis, nicht durchsetzen, obwohl er mahnte: «Mit dem Wasser gibt es keine Kompromisse.»

Da Antrag 2.13.1 angenommen wurde, wurde «nur noch» über die natürlichen Gewässer abgestimmt. Auch sie fanden mehrheitlich nicht genügend Anwälte bei den Stimmenden. So soll auf Antrag von Hans Peter Hauser auf die Ausscheidung eines Gewässerraums am kanalisierten Teil der Rauti verzichtet werden. Seinen Antrag, beim Kleinlinthli keinen Gewässerraum auszuscheiden, zog Stefan Fischli zurück. Ursula Lienhard, Bilten, setzte sich beim Tränkebach in Näfels durch, wo selbst die Güllengrube im Gewässerraum zu liegen gekommen wäre. Dies, obwohl ihr der Gemeindepräsident für den Stall die einfache Besitzstandwahrung zugesichert hatte.

Niederriet und Stalden

Mit Fortschreiten der Versammlung ging es immer weiter in Richtung nördlichstes Dorf Bilten. So soll am Dorfbach Bilten auf einen Gewässerraum verzichtet werden. Hier bestehe, so Andreas Lienhard, rechtsseitig eine massive Betonmauer, gegenüber liege viel extensiv genutztes Land, dort könnte genügend Gewässerraum ausgeschieden werden. Beim Antrag Jakob Steinmann, den Gewässerraum auf Parzelle 564 auf das Ostufer des Gewässers festzulegen, führte Thomas Kistler die Rechtslage zum dicht überbauten Gebiet an, welche sich seit dem NUP I verändert habe. Trotzdem setzte sich Steinmann durch, seinen zweiten Antrag zum Verzicht auf die Streichung der dortigen Gefahrenzone dagegen zog er zurück, da solche Zonen vom Kanton und nicht von der Gemeinde zugewiesen werden.

Auch die Zone für Geschiebematerial in der Zone Stalden, Bilten, soll – so die Mehrheit der Stimmenden – gestrichen werden, obwohl solche Zonen, wo sauberes Geschiebe abgelagert werden kann, für den Schutz der Dörfer im öffentlichen Interesse wichtig sind. Fred Schnyder, Bilten, setzte sich namens der Flurgenossenschaft Bilten durch, da diese bei Deponierung Schäden am Entwässerungsdrainagesystem befürchtet. Blieb noch der Torfstichsee im Niederriet – ein Flachmoor und Amphibienlaichgebiet von nationaler Bedeutung, wo derzeit neue Pufferzonen, welche die Bewirtschaftung einschränken, definiert werden. Doch diese Zuweisung des Kantons ist derzeit noch hängig. Die Flurgenossenschaft setzte sich durch. Mit ultraknappen 153 zu 150 Stimmen obsiegte auch der Antrag der SVP, die Anzahl der kommunal schützenswerten Bauten zu reduzieren. Danach aber um 22.58 Uhr aufatmen für alle NUP-II-Befürworter: den Erlassen der zehn Zonenpläne-Nutzung, der zehn Zonenpläne weitere Festlegungen und des Baureglements wurde – mit gefühlt einer Gegenstimme – zugestimmt.