KESB-Initiative vermutlich gescheitert

Damit die KESB-Schutz-Initiative gültig ist, müssten bis Mitte November 100 000 beglaubigte Unterschriften gesammelt werden. Dieses Ziel wird vermutlich verfehlt und im Initiativkomitee gibt es Krach.



Walter Hauser, ehemalige Mitglied des Initiativ-Komitees. (Bild: zvg)
Walter Hauser, ehemalige Mitglied des Initiativ-Komitees. (Bild: zvg)

Am 14. September schrieb der Schwyzer Nationalrat Pirmin Schwander Linth24: «Eigenständiges Handeln in Familien und Unternehmen – KESB-Initiative ist auf Kurs». Schwander gab sich zuversichtlich, dass man die notwendige Anzahl Unterschriften erreichen werde. Nun mehren sich allerdings Stimmen, dass diese Meldung ziemlich weit weg von der Realität ist.

Letzten Donnerstag traten mit Julia Onken und Walter Hauser die beiden prominentesten Mitglieder aus dem Initiativkomitee aus. Die Initiative sei nicht professionell aufgegleist worden und diene vor allem Pirmin Schwander selber, der im Kanton Schwyz Ständerat werden möchte.

Walter Hauser, Dr. iur., ehemaliger Kantonsrichter und Vormundschaftspräsident, Weesen und Präsident der Anna-Göldi-Stiftung stellte sich den Fragen von Linth24

Walter Hauser, warum sind Sie zurückgetreten?

In den letzten Monaten hatte ich immer wieder gefragt, wie der Stand der Unterschriftensammlung ist, welche Aktivitäten geplant sind und was man persönlich dazu beitragen kann. Auf all diese Fragen habe ich nie eine Antwort erhalten. Mein Rücktritt ist die Konsequenz aus diesem monatelangen Schweigen.

Wie viele Unterschriften kamen bisher zusammen. Sind es 70 000, 80 000 oder sogar weniger als 50 000?

Ich halte alles für möglich, weiss aber gar nichts. Wir vom Komitee hatten nie Zugang zur Administration oder Organisation der Unterschriftensammlung. Alles war auf Pirmin Schwander konzentriert und er informierte uns nicht.

Sie und Frau Onken sagen, die Initiative sei nicht professionell aufgegleist worden. Was heisst das?

Eine Volksinitiative muss man ernst nehmen. Es braucht Organisation, Administration und ein Team. All das gab es nicht einmal im Ansatz. Wir wollten, dass Schwander die Fakten auf den Tisch legt und uns einmal sein Büro zeigt. Wir wollten sehen, wo die Unterschriftenbögen reinkommen und jene, die beglaubigt sind. Er hat uns das alles nie gezeigt und ich bezweifle unterdessen, dass es das überhaupt gibt.

Sie sprachen von einer «Fake-Initiative». Was meinen Sie damit?

Ich habe einen ganz schlimmen Verdacht, nämlich den, dass es gar keine richtige Initiative gibt, sondern alles nur Stimmenfang für Pirmin Schwander ist, Wahltaktik. Ich hoffe nur, dass sich das nicht bestätigt, aber es ist nicht auszuschliessen. Schwander möchte ja Ständerat im Kanton Schwyz werden und hält jeden Abend Vorträge zum Thema Vorsorgeauftrag. Er will also die KESB-Kritiker auf seine Seite ziehen und kann Emotionen für sich nutzbar machen.

Eine eidgenössische Initiative zu lancieren ist aufwendig. Haben Sie den Aufwand unterschätzt?

In den letzten Jahren war ich immer wieder mit KESB-Fällen konfrontiert und erhielt viele Anfragen von Menschen, die unter der KESB leiden. Sehr viele Leute sind unzufrieden und wünschten sich eine andere KESB. Das wäre eigentliche eine gute Basis für eine Volksinitiative und angesichts all der Fälle und der Betroffenen sind 100 000 Unterschriften keine sehr grosse Hürde. Aber ohne Organisation ist diese Hürde nicht zu nehmen.

Kritik an der KESB gibt es zuhauf. Das Scheitern der Initiative stärkt aber die KESB nun, oder nicht?

Ich hoffe es nicht. Man muss abwarten, was in den nächsten Wochen geschieht. Möglicherweise macht Schwander einen Rückzieher durch die Hintertür. Anstatt zuzugeben, dass es ihm mit der Initiative gar nie ernst war und die Unterschriften nicht erreicht wurden, könnte er pro Forma einen Rückzug machen, weil man ja schon viel erreicht habe. Er würde dann also das Scheitern als Erfolg verkaufen. Das wäre dann aber sehr unehrlich.

Gestartet sind Sie vor eineinhalb Jahren. Jetzt ziehen Sie die Reissleine. Ist das nicht etwas spät?

Es ist immer der falsche Zeitpunkt, wenn man rausgeht. Ich habe mir den Schritt monatelang überlegt. Am 28. August habe ich zum letzten Mal versucht, die Situation zu retten. Aber an jener Sitzung gab es mehr Fragen als Antworten. Als ich feststellen musste, dass es weiterhin keine Informationen und kein Vertrauen gibt, hat mich der Zeitpunkt des Rücktritts nicht mehr interessiert.

Was ist Ihre persönliche Lehre aus dem Debakel?

Ich setze mich seit Jahren gegen Justiz- und Behördenwillkür ein. Das wird so bleiben und ich werde mich auch weiterhin sozial engagieren. Aber bei einer nächsten Initiative werde ich sicher genauer hinschauen, mit welchen Personen und Organisationen ich zusammenarbeite. Bezüglich KEBS müsste ein nächster Anlauf mit ganz anderen Personen gemacht werden und vor allem parteiübergreifend.