Kilchberger Schwinger: Drei Sieger beim Saisonhöhepunkt

Der Kilchberger Schwinget 2021 endete mit einem Triumph von Saisondominator Samuel Giger. Er bezwang im Schlussgang Schwingerkönig Kilian Wenger. Zusammen mit dem Thurgauer klassierten sich Damian Ott (1b) und Fabian Staudenmann (1c) ebenfalls auf dem ersten Rang und dürfen sich ab sofort auch Kilchberger Sieger nennen.



Andreas Döbeli (links) gegen Roger Rychen. (Bild: j.heer)
Andreas Döbeli (links) gegen Roger Rychen. (Bild: j.heer)

Der Kilchberger Schwinget 2021 blieb bis am Ende höchst spannend. Im Anschwingen stellten im Spitzenduell Samuel Giger und Joel Wicki. Der Thurgauer hatte Vorteile, brachte aber den Innerschweizer nicht auf den Rücken. So war es am Mittag der Jurassier Lukas Renfer, der als einziger Athlet mit lauter Siegen die Ranglistenspitze zierte. Dahinter folgte Schwingerkönig Kilian Wenger. Der Berner stellte zu Beginn mit dem Toggenburger Damian Ott, ehe er zwei Siege mit einer Zehn einfuhr. Punktgleich waren die weiteren Berner Severin Schwander und Bernhard Kämpf. Die Stärke der Berner widerspiegelte sich darin, dass sie obwohl mit Matthias Aeschbacher, Fabian Staudenmann und Kilian von Weisenfluh drei ihrer Top-Favoriten bereits zur Halbzeit aus der Entscheidung fielen und trotzdem eine Vierfachführung inne hatten. Dies dürfte für das nächste Eidgenössische von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. Die Mutzen sind teammässig nach wie vor am stärksten besetzt.

Gleiches Bild nach vier Gängen

Nach vier Gängen waren es mit Wenger, Kämpf, Renfer und Dominik Roth noch immer vier Berner, die voran lagen. Wenger bezwang den Appenzeller Michael Bless, Roth bezwang Hüne Patrick Räbmatter und Kämpf bezwang sensationell den Luzerner Joel Wicki am Boden. Renfer konnte sich im vierten Gang gegen Topf-Fvorit Samuel Giger einen Gestellten leisten, um an der Spitzen zu bleiben. Für Giger war mit dem zweiten Unentschieden aus eigenen Mitteln der Sieg nicht mehr realisierbar. Nach fünf Gängen lagen gleich fünf Schwinger mit 47,50 Punkten an der Spitze der Rangliste. Damian Ott stoppte Lukas Renfer und zog mit vier aufeinanderfolgenden Siegen an die Spitze. Kilian Wenger stellte mit Christian Schuler, wobei unverständlicherweise nur dem Berner die Note neun geschrieben wurde und mit Schuler die letzte Innerschweizer Hoffnung die Segel streichen musste. Bernhard Kämpf stellte in einem umstrittenen Duell mit Samir Leuppi. Dem Winterthurer wurde der Sieg nicht gegeben und muss sich auch zugleich an der eigenen Nase nehmen, denn hätte er Kämpf nach dem Wurf festgehalten bis zum Guet des Kampfrichters, wäre er als einheimischer Zürcher im Schlussgang gestanden. Samuel Giger band Dominik Roth zurück und mit dem dritten Sieg in Serie, gegen Oliver Hermann, war neben Ott, Giger, Wenger und Kämpf auch Fabian Staudenmann auf den ersten Platz vorgeprescht. Die Einteilung unter der Leitung von Stefan Strebel entschied sich für die Traum-Paarung zwischen Schwingerkönig Kilian Wenger und Saisondominator Samuel Giger.

Schlussgang zugunsten von Giger

Samuel Giger entschied den Schlussgang gegen Kilian Wenger nach 83 Sekunden für sich. Zuvor hatte er auf einen Kurz des Schwingerkönigs von 2010 noch leicht bangen müssen, konnte sich in der Luft aber noch entscheidend ausdrehen. Samuel Giger krönte damit seine Saison mit dem verdienten Kilchberger Sieg. Wenger fiel dadurch auf Rang fünf zurück. Dank Maximalnoten zum Abschluss konnten Damian Ott und Fabian Staudenmann ebenfalls auf Rang 1 emporstossen. Ott bezwang Bernhard Kämpf, der ebenfalls zum führenden Quintett nach fünf Gängen gehörte, Staudenmann setzte sich gegen Samir Leuppi durch. Drei Sieger an einem Kilchberger-Schwinget gab in der Geschichte, des seit 1927 bestehenden Anlasses noch nie. Zugleich beendeten Giger und Ott eine zehnjährige Durststrecke der Nordostschweizer. 2011 gewann Daniel Bösch den Unspunnen Schwinget. Seither siegten nur noch die Berner.

Innerschweizer Sorgen

Hinter den Siegern klassierten sich Florian Gnägi (Rang 2) und Michael Bless (Rang 3) zwei weitere Schwinger aus dem BKSV respektive NOSV. Dies unterstreicht die Verhältnisse unter den fünf Verbänden, das am Ende zwei Nordostschweizer und ein Berner den Sieg holten. Diese beiden Verbände diktierten den 17. Kilchberger Schwinget vor den Toren Zürichs. Bless wurde drittbester Nordostschweizer, gefolgt vom Glarner Roger Rychen (Rang 6b). Bester Innerschweizer wurde Joel Wicki auf Rang 4a. Ausser Wicki und Schuler, der zuletzt gegen Florian Gnägi verlor, enttäuschten die Zentralschweizer.

Erinnerungen werden wach

Erstmals seit 1973 (Markus Speich und Bruno Jutzeler) schaffte mit Roger Rychen wieder ein Glarner die Selektion in den illustren Kreis der besten 60 Schwinger des Landes. Speich schwang damals jedoch sowohl für den Schwingklub Winterthur wie Niederurnen, Jutzeler für die Luzerner Farben. Ein ehemaliger Glarner Schwinger, der in der 90er-Jahren für den Glarner Verband an eidgenössischen Anlässen teilnahm, meinte noch vergangene Woche, ein Platz unter den besten 20 wäre für Rychen ein Erfolg. Doch es wurde sogar mehr für den Molliser. Mit drei Siegen, zwei Gestellten und nur einer Niederlage und Rang 6b schaffte Rychen eine hervorragende Leistung. Von den 60 Teilnehmern ist er der elftbeste Schwinger jenes Anlasses geworden (dies, weil sich jeweils mehrere Schwinger im gleichen Rang klassieren können). Im Anschwingen stellte Rychen gleich beide Duelle. Zuerst in einem ausgeglichenen, attraktiven Duell mit dem Sieger des Nordwestschweizerischen 2021 Andreas Döbeli. In der Folge auch gegen den Willisauer Ringer und Defensivkünstler Werner Suppiger. Hier diktierte Rychen den Gang, brachte den Luzerner aber nicht auf den Rücken. Trotzdem gewann Rychen diesen Duellen etwas Positives ab: «Ich hatte in beiden Duellen meine Siegeschancen und den Angriff gesucht. Leider gelang mir der entscheidende Wurf nicht.»

Husarenstück gegen Schurtenberger

Dass es an einem Kilchberger nur schwere Gänge gibt, zeigte der weitere Festverlauf auf. Ohne Sieg dastehend wartete im dritten Gang der Innerschweizer Spitzenschwinger Sven Schurtenberger. «Nach 14 Minuten Einsatz (ein Gang dauerte sieben Minuten) und nur einer kurzen Pause nach dem zweiten Gang eine wahrlich harte Nuss», gab Rychen zu Protokoll. Zumal er die letzte Begegnung (Schwyzer Kantonales 2019 in Bennau) gegen ihn verlor. Doch der Glarner griff unerschrocken an und gelangte zur grossen Überraschung. Denn es gelang ihm den Luzerner mit einer Kurz/Gammen-Kombination zu bezwingen. Diesen Höhenflug setzte er im Nachmittagsprogramm gleich fort. Auch gegen den Emmentaler Christian Gerber blieb er siegreich. Ein Schlungg führte gegen den Berner zum Resultat. «Obwohl wie Gerber selber betonte, er damit rechnete, dass ein Schlungg meinerseits folgen könnte, gelang mir damit der Sieg. Zu Beginn des Ganges war es jedoch der Berner, der mit einem Einstecker den Glarner auf die Brücke zwang. Dabei handelte sich Rychen eine Oberschenkelzerrung ein, biss aber durch. Mit zwei Siegen und zwei Gestellten war der Molliser vor dem Ausstich auf den vierten Rang vorgeprescht.

Sieben Gänge absolviert

Gegen die Innerschweizer Nummer eins Joel Wicki musste Rychen eine schnelle Niederlage einstecken. Gegen den unerschrockenen Angriffsstil des Entlebuchers hatte Rychen kein Gegenmittel. Doch Rychen raffte sich wieder auf und kam zuletzt wieder auf die Erfolgsspur. Wie vor 14 Tagen in Mels traf er auf die Freiburger Nachwuchshoffnung Romain Collaud. Mit Kreugriff/Lätz gelang es ihm, den Freiburger zu den Besiegten zu Reihen. Weil der Glarner im letzten Gang in einem Dreierpaar eingeteilt war, musste er gegen den Berner Adrian Walther zu einem Zusatzgang antreten. Der kann dem betreffenden Schwinger bei einem Sieg einen Viertelpunkt mehr einbringen. Am Kilchberger, wo es nicht um Kränze ging, jedoch war dies nur von geringer Bedeutung. «Ich war voll auf das Duell im sechsten Gang gegen Collaud fokussiert und dementsprechend nicht parat gegen Walther.» Prompt verlor er dieses für ihn bedeutungslose Duell. «Die Stimmung an diesem Fest war einmalig, dies konnte ich in die Gänge mitnehmen. Nach harzigem Start gelang es mir meine Siege doch noch einzufahren», blickte der Glarner positiv auf den nur alle sechs Jahre stattfindenden Anlass zurück. Rychen hat auf dem Stockenguet oberhalb von Kilchberg vor den Toren Zürich die guten Resultate der letzten Wochen mehr als bestätigt und eine Glanzvollstellung abgeliefert und zugleich einen Teil zu einer mehr als ordentlichen Leistung des NOSV beigetragen. Sein Auftritt erinnerte schon fast an jenen des unvergesslichen Peter Jutzeler. Dieser schaffte 1962 (vor 59 Jahren) als Ersatzmann nachgerückt das Kunststück in den Schlussgang vorzupreschen, den er gegen den Luzerner Hans Bühler verlor. Eigentlich wollte Rychen in 14 Tagen noch beim Abschiedsfest von Willy Graber an den Start gehen. Aufgrund seiner zugezogenen Zerrung entscheidet er zu einem späteren Zeitpunkt, ob er mittun kann. (JHE)