«Kirche unterwegs» zu Gast in Schwanden

Ist Mord gerechtfertigt, wenn dadurch andere Leben gerettet werden? Diese Frage stand im Zentrum des hoch aktuellen Gottesdienstes der Gruppe «Kirche unterwegs» in Schwanden. Am kommenden Sonntag wird er in Bilten wiederholt.



Vor Gericht: Jael muss sich vor der Richterin auf der Kanzel wegen Mordes verantworten. (Bilder: mb.) Unterschiedliche Positionen (von links): Eine Frau aus Syrien
Vor Gericht: Jael muss sich vor der Richterin auf der Kanzel wegen Mordes verantworten. (Bilder: mb.) Unterschiedliche Positionen (von links): Eine Frau aus Syrien

Als die Frauengruppe «Kirche unterwegs» der Reformierten Landeskirche den Gottesdienst plante, wusste sie noch nicht, wie aktuell das Thema sein würde. Am Montag zuvor hatte das Schweizer Fernsehen den Film «Terror – Ihr Urteil» samt anschliessender Spezial-Arena ausgestrahlt. Dabei ging es um die Frage, ob man Hunderte töten dürfe, um Tausende zu retten. Das Schweizer Publikum entschied sich mit 84 Prozent deutlich für ein Ja. In Österreich und Deutschland lag die Zustimmung mit 87 Prozent noch höher.

Gerechter Mord?

Die im Grundsatz gleiche Fragestellung lag dem Gottesdienst in der reformierten Kirche Schwanden zugrunde: «Kann Mord gerechtfertigt sein, wenn dadurch andere Leben gerettet werden?» Ausgangspunkt war die Geschichte von Debora und Jael im Alten Testament (Richter 4-5). Jael hatte den Feldherrn Sisera getötet, den Vergewaltiger, Mörder und Plünderer, der keine Gnade kannte. Hatte sie sich damit schuldig gemacht?

Auch in Schwanden gab es eine Gerichtsverhandlung samt anschliessender Diskussion unter der Prophetin Debora und zwei Frauen aus Syrien und der Schweiz. Die Argumente gingen hin und her. Für die Prophetin war der Fall klar: Gott ist auf der Seite der Unterdrückten und Leidenden. Er unterstützte sie und Jael, um das Leiden zu beenden. Aber damit sei das Gebot «Du sollst nicht töten», nicht aufgehoben: «Denn Gott will, dass wir Menschen leben — in Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit.»

Die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher konnten selber entscheiden, ob Jael des Mordes für schuldig erklärt werden sollte oder nicht. Das Verdikt war noch klarer als am Fernsehen: Fast 89 Prozent sagten in Schwanden «nicht schuldig». Nach dem Urteil tauchten Sonnenstrahlen die Kirche in ein schönes, mildes Licht – fast wie ein Zeichen von oben, dass der Entscheid richtig sei.

Nach dem spannenden Gottesdienst, gestaltet von Pfarrerin Christina Brüll Beck aus Mollis, Elisabeth Fischli aus Niederurnen, Barbara Hefti aus Schwändi, Andrea Hornung aus Glarus, Daniela Müller-Kuhn aus Näfels sowie Jakob Strebi an der Orgel, lud die Kirchgemeinde Schwanden zum Apéro ein, an welchem eifrig diskutiert wurde.

Wiederholung am kommenden Sonntag in Bilten


Der Gottesdienst wird am kommenden Sonntag, 30. Oktober, um 09.30 Uhr in der reformierten Kirche Bilten wiederholt. Denn «Kirche unterwegs» heisst nicht nur, dass sich Frauen aus dem ganzen Kanton im Auftrag des kantonalen Kirchenrates der Reformierten Landeskirche auf den Weg machen und sich mit einem biblischen Text auseinandersetzen. Es bedeutet auch, Gottesdienst in verschiedenen Kirchen zu feiern und so Kontaktmöglichkeiten unter den Gemeinden zu bieten. Deshalb wird der alljährliche besondere Gottesdienst der Frauengruppe immer an zwei Orten angeboten. Er richtet sich übrigens nicht nur an Frauen, sondern auch an Männer und Kinder.