Kirchenschatz, Senioren und Sepp Schwitter

Der Vorstand des Glarner Seniorenverbandes lud unlängst zu einem Begegnen der doch besonderen Art ein. Im Fridolinsheim der Katholischen Kirchgemeinde Glarus – Riedern – Ennenda fanden sich erfreulich viel Interessierte ein, um von Sepp Schwitter aus Näfels – einem profunden Kenner – zumeist Unbekanntes über den aus einzigartig wertvollen, kunstreich gefertigten Unikaten bestehenden Kirchenschatz der katholischen Kirchgemeinde zu erfahren.



Kirchenschatz, Senioren und Sepp Schwitter

Was an Kirchengeschichtlichem, dem zumeist friedlichen Nebeneinander, hin und wieder auch Miteinander von Katholiken und Reformierten in vergangenen Jahrhunderten, zu erfahren war, kam einer enorm kurzweiligen kirchengeschichtlichen Vorlesung gleich. Sepp Schwitter vermag seine grossen Kenntnisse auf interessante Art weiter zu geben.

Zu Beginn erhielt Andreas Bühler, Präsident der Katholischen Kirchgemeinde, ein verdientes Dankeschön für das kostenlose Überlassen der Räumlichkeiten im stadtglarnerischen Fridolinsheim. Sepp Schwitter erwähnte den Weg bis zur heutigen Form des Präsentierens. Um den Aufbau hat sich Fridolin Jakober, ehemaliger Kupferschmied, grosse Verdienste erworben. Der Kirchenschatz sei – so Sepp Schwitter – erstmals 1911 mit grosser Wahrscheinlichkeit von Pfarrer Dr. Ernst Buss in der Aula gezeigt worden. Heute ist alles sicher verwahrt, früher seien Exponate in irgendwelchen Pfarrhäusern aufbewahrt worden.

Sepp Schwitter zeigte einiges in der beeindruckenden Ganzheit und liess sich auf Details in gar kundiger Weise ein. Dass einiges als Folge von Feldzügen und Eroberungen in den Besitz der Glarner gelangte, fand Erwähnung. Das betraf zu Beginn das gotische Brandiskreuz, eine Beute aus dem Schwabenkrieg. Im Februar 1499 besetzten die Glarner das Schloss Maienfeld und nahmen gar wertvolle Erinnerungsstücke mit. Sie hätten – so der Referent – den Hausrat zu den Fenstern rausgeschmissen und vieles mitgenommen: «Der kheller wardzu eim Pferdstall / in der Capell beleib nichts überall.» Zwingli, der spätere Reformator, verehrte anfänglich diese Reliquie. Er liess, als Zeichen seiner Verehrung, eine Kapelle erbauen. Diese Kirche diente bis zum Brand im Jahre 1861 beiden Konfessionen. Das Miteinander wurde bis 1964 in der Stadtkirche weitergeführt.

Sepp Schwitter befasste sich ausführlich mit Einzelheiten dieses kostbaren Kreuzes. Vieles wäre den Betrachtenden wohl verborgen geblieben. Erwähnung fanden beispielsweise die Evangelistensymbole mit den Hauptstationen im Leben von Christus. Karfreitag mit Opfertod und Kreuzigung, Auferstehung an Ostern, Himmelfahrt, die vier Elemente und Jahreszeiten sind sichtbar. Sepp Schwitter wies mit spürbarer Sorgfalt auf viele Details hin.

Die Kreuzpartikelmonstranz stammt aus dem Jahr 1640. Vergoldete Verzierungen sind auf der etwas mehr als 80 Zentimeter hohen Monstranz aufgeschraubt.

Eine wirblige, leicht schräge Geschichte betraf den Zwinglikelch, der aus der Burgunderbeute stammt. Geplant war, ihn für gutes Geld anlässlich der Amerikareise im Jahre 1919 durch Bischof Georgius Schmid von Grüneck verkaufen zu lassen und den Erlös für den Bau eines Gotteshauses zu verwenden. Der Bischof ahnte, dass fürs Bistum nicht mehr viel übrig bleiben würde. Der Kauf wurde abgeblasen. Eine genaue Kopie stehe heute im Metropolitan Museum in New York.

Das Geschehen um Fridolin und Ursus ist hinlänglich bekannt. Die barocke Altar- und Prozessionsstatue ist beinahe 90 Zentimeter hoch. Die Botschaften sind eng mit der Geschichte um die Näfelser Fahrt verbunden. Katholisch Glarus war einst um Reliquien des Landespatrons bemüht und erhielt im August 1637 Gebeineteile des Fridolin. Zuweilen wurde die Statue an der Fahrt mitgeführt, zwischen den Vertretern der beiden Konfessionen habe das mehrfach heftige Diskussionen gegeben. Sepp Schwitter zitierte Predigttexte, die von Versöhnlichem und Einigendem meilenweit entfernt sind. Anno 1835 reglementierte die Landsgemeinde die Fahrtsfeier. Mit der Begrüssungsrede wurde wieder abgewechselt. Nach über 180 Jahren war Dekan Balthasar Marti aus Ennenda der erste evangelische Prediger.

Sepp Schwitter liess längst Vergangenes wieder lebendig werden. Er befasste sich mit der Reliquiarstatue «Hilarius» und der Altar- und Prozessionsstatue des Bruder Klaus, wies auf die Gestaltung des liturgischen Umhangs, auf Altar- und Vortragskreuze hin, alles gar sorgsam gefertigt und verziert.

Gar wertvoll ist die teils vergoldete Zwinglimonstranz nach einem Entwurf von Hans Holbein dem Jüngeren aus dem Jahr 1518. In ganz Europa, so Kenner, finde sich nichts, das ebenso schön und wertvoll sei. Sterne, Pässe, Delphin, Engel, überquellende Füllhörner, gar lebensfreudige Gestalten, Basler Narrenschellen, Hostienmädchen, Hostienzylinder, Glaubensboten, Maria mit ihrem Kind, Kinderreigen, Katharina von Alexandria, Helena, die Kreuzfinderin, die Hauptgeheimnisse der christlichen Lehre sind auf dieser Monstranz enthalten, die in verschiedene turmartig gegliederte Bereiche ungemein kunstvoll gefertigt ist. Eine unermessliche Fülle an Symbolik, Kraft und Botschaften wurde sichtbar gemacht.

Es erfolgte zum Schluss die Einladung zum Besuch des gut gesicherten Raumes mit der riesigen Fülle an Kostbarkeiten. Man nahm das gerne an.