Klangzauber Klassik und die «Vier Jahreszeiten»

Mit einem sehr durchmischten, die Neugierde weckenden Programm, gastierten das Sorbische National-Ensemble (1952 auf Anregung der Domowina, des nationalen Dachverbandes der Lausitzer Sorben gegründet) mit seinem Dirigenten Andreas Pabst und der solistisch ausgestaltenden Violinistin Liv Migdal auf Einladung des Kulturvereins Glarus Süd im Gemeindezentrum Schwanden.



Ruth Tüscher
Ruth Tüscher

Bedauerlicherweise hielt sich das Interesse in engen Grenzen; bedauerlich deshalb, weil neben Vivaldis «Jahreszeiten» Unbekanntes, aber nicht minder Interessantes und damit ein kurzzeitiges Auseinandersetzen angeboten waren. Es wurde anfänglich recht ungestüm, die jeweilige Ganzheit empfindlich störend, drauflosgeklatscht.

Karl Jenkins, 1944 in Südwales geboren, ist Komponist des dreisätzigen mit «Palladio» betitelten Concerto grosso für Streichorchester. Interpretiert wurde der erste Satz. Sich hineinzuhören war recht fordernd, man befand sich in einer Fülle von Unbekanntem, erahnte Zusammenhänge und freundete sich mit dem Reichtum der Klangfülle zusehends an. Die Orchesterleute spielten – so schien es – etwas verhalten, Klänge bargen eine, beim ersten Hinhören, gewisse Schüchternheit.

Jan Paul Nagel (1934 – 1997) wird im Programm als einer der «profiliertesten und produktivsten sorbischen Komponisten seiner Heimat» vorgestellt. Mit den «Sorbischen Tänzen» sei ihm eine «starke Verbindung sorbischer Folklore mit der Musiksprache des 20. Jahrhunderts» gelungen. Die Inhalte der verschiedenen Sätze wirkten spannungsgeladen, bargen eine kurzweilige Vielfalt an Fragen, Tanz, Farbe, beinahe kindlich ungestümer Freude, Ungeduld, Beschwörung und Jubel. Es waren sehr fordernde Elemente musikalisch umzusetzen.

Es gelangte dann die Sinfonie Nr. 29 in A-Dur, KV 201 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) zur Aufführung. Bläser verstärkten das Streichorchester, das recht elegant, mit spielerischer Freude zu gestalten wusste. Die Bläser mit ihren zuweilen exponierten Passagen überzeugten nicht immer. Hin und wieder vermisste man Spritzigkeit, Feingliedriges, die Leichtigkeit des musikalischen Seins und die ausgewogene Balance.

Die Interpretation der «Vier Jahreszeiten» von Antonio Vivaldi (1678 – 1741) mit der Solistin Liv Migdal war von packender Kompaktheit geprägt. Das Orchester schien viel wacher, war hochgradig präsent, spielte elegant, wirblig, leidenschaftlich und willkommen variantenreich. Es war, als befinde man sich an einem anderen Ort, voller Wärme, Freude, Jubel. Liv Migdal war restlos überzeugend, feinnervig und unglaublich einfühlend. Die Eleganz und Leuchtkraft ihres Spiels waren einfach schön, voller Liebreiz und Kraft. Die stilistische Sicherheit, ihr ansteckendes Auffordern an die Adresse des Orchesters, deren Cellist und der Konzertmeister zuweilen in brillantem musikalischem Austausch mit der Solistin standen, wurde aufgenommen und mitgetragen. Feinste Klänge verwoben sich gar artig und elegant, kunstreich und beeindruckend wertvoll. Das war unnachahmlich schön und aussagestark. Das Austauschen und Ergänzen wuchs zu inniger Schönheit, zu farbigem Reichtum. Man war – um es salopp auszudrücken – «hin und weg». So war nach langem, herzlichem und verdient anerkennendem Applaus die Zugabe wie ein Zückerchen.

Unbedingt zu erwähnen ist der Dirigent Andreas Pabst, der sich mit dezidierter, starker, sehr zurückhaltender Präsenz bemerkbar macht, auf weit ausholendes, theatralisches Bewegen wohltuend verzichtete und mit knappsten Einsätzen zu führen wusste.

Das Begegnen in Schwanden war gerade wegen zuweilen so Gegensätzlichem gehaltvoll und willkommen.