Klare Forderungen an die Glarner Regierung

Bei der offiziellen Informationsveranstaltung vom Montag, 24. Oktober, in Glarus wurden die Zahlen der Wolfsübergriffe des vergangenen Sommers bekannt sowie eine beachtliche Anzahl Unterschriften an Landammann Benjamin Mühlemann übergeben.



Barbara Vögeli und Ruedi Rhyner von der IG für einen wolfsicheren Lebensraum übergeben die über 3000 gesammelten Unterschriften an Landamman Benjamin Mühleman (Bild. b.bäuerle-rhyner)
Barbara Vögeli und Ruedi Rhyner von der IG für einen wolfsicheren Lebensraum übergeben die über 3000 gesammelten Unterschriften an Landamman Benjamin Mühleman (Bild. b.bäuerle-rhyner)

Der von der Fachkommission für Grossraubtiere und dem Glarner Bauernverband organisierte Medienanlass stiess nebst den Printmedien auch bei Radio- und TV-Sendern auf Interesse. Thomas Elmer stellte die Fachkommission als Informations-, Aufklärungs- und Medienstelle vor, die auch juristische Beratung, Erarbeitung politischer Forderungen und Begleitung nach Wolfsvorkommnissen abdeckt. «Die Festbänke sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies ein nachdenklicher Anlass ist, bei dem es um eine grosse Problematik geht», begrüsst er die Anwesenden.

Die Zahlen und Fakten des Sommers 2022 präsentiert Fritz Waldvogel, Präsident des Glarner Bauernverbandes. «Ihr seht in der einen Spalte die Zahlen aus 2021; 10 Risse und 5 vermisste Schafe. Was heuer passierte, mussten wir zwar befürchten, aber wir haben nicht damit gerechnet, dass wir mit so etwas konfrontiert werden», so der sichtlich betroffene Landwirt aus Ennenda. Nachweisbar belegbar sind 90 Risse an Schafen und Ziegen – als viel die schlimmere Zahl bezeichnet er die Zahl der vermissten Tiere auf den Alpen, die von Wolfsübergriffen betroffen waren. Mit 120 für die klare Identifikation (z.B. Ohrmarke) nicht oder nicht mehr aufgefundenen Tieren gingen im vergangenen Alpsommer 210 Nutztiere im Zusammenhang mit Wolfsangriffen verloren. Am stärksten betroffen war die Elmer Schafalp Wichlen, welche im Frühjahr als nicht zumutbar schützbar beurteilt wurde. Der zusätzliche Aufwand von Älpler und später versuchtem Herdenschutz mit Personal belief sich bis zum Herbst auf 474 Stunden und weiteren Investitionen wie Helikopter- und Materialkosten. Bisher ist in dem Gebiet keine Regulierung passiert. Bereits an dieser Stelle erwähnt Waldvogel die ausbleibende Reaktion des Kantons zur Regulierung des Rudels sowie die fehlende Kommunikation über die nachweisliche Vermehrung. «Geldzahlungen lösen das Problem nicht», zählt Waldvogel die Nebeneffekte der rasant wachsenden Situation auf. Personal zu finden, welche diese psychischen Belastungen auf sich nimmt, wird zusehends schwerer, die bürokratischen Hürden und fehlende Transparenz tragen ihres dazu bei. «Der Bauer muss beweisen, dass es der Wolf gewesen ist – dass es nicht der Wolf gewesen ist, beweist niemand».
Zum Begriff Herdenschutz erklärt Andre Siegenthaler die Situation der teilweise unrealistischen Forderungen sei es technisch mit Strom, die topografische Begebenheit oder die Herdenschutzhunde. Zu Letzterem sagt er ganz klar, dass diese ausgebildet mit Verzögerung erhältlich sind und für einen Grossteil des Jahres von der Gesellschaft aufgrund der Lärmbelastungen als untragbar empfunden werden.
Der Eindruck, dass die massiven Sorgen und Ängste der Bergbevölkerung zu wenig ernst genommen werden, unterstreicht Thomas Elmer mit klaren Forderungen an den Regierungsrat. «Abgeleitet aus diesen Ausführungen und Erfahrungen haben wir gewisse Forderungen, die wir klar heute platziert haben möchten. Geschätzter Herr Landammann, ich fordere Sie an dieser Stelle auf, dass die Glarner Regierung eine klare Position einnimmt.
Wenn zugunsten der Glarner Alp- und Landwirtschaft, dann setzten Sie und Ihr Gremium sich bitte vehement dafür ein, dass eine rasche Regulation möglich wird.»
Weiter seien Möglichkeiten zur Regulation umgehend umzusetzen, denn im erwähnten Beispiel bereits im Mai erreichten Schadenschwelle sei bisher kein Gesuch gestellt. Die Bezeichnung von Jägern und Älplern, welche die Wildhut im Bedarfsfall unterstützt, um gerade bei auf Nutztiere spezialisierte Wölfe umgehend zu reagieren. Auch die Abwicklung der Entschädigung sowie die Kommunikation seitens Jagdverwaltung sollten geordnet und zeitnah geregelt werden.
Erstaunlich war auch die Aufzählung von Älpler und Kommissionsmitglied Urs Kamm aus Filzbach; für die zwei Herdenschutzhunde auf seiner Alp zählte er über zehn unterschiedliche Formulare, Checklisten, Ratgeber und Risikobeurteilungen – wie beispielsweise das vierseitige Konfliktmanagement Herdenschutzhunde, Risikobeurteilungscheckliste für Betriebsverantwortliche Vorweide und Alp oder ein Beschäftigungs- und Gesundheitsjournal auf – ein enormer administrativer Aufwand. «Es kann nicht sein, was jetzt passiert, das ist unser Zuhause, unsere Lebengrundlage, die Zukunft der nächsten Generation. Wenn wir jetzt nicht eingreifen, werden wir viel verlieren, viel von unserer Tradition und unserer Alpenwelt», verdeutlicht er emotional überzeugt. Zudem mache es aus seiner Sicht absolut Sinn, wenn die Tiere gealpt werden, das sei gerade in Bezug auf die teilweise hohen Temperaturen im Tal gelebter Tierschutz.

3228 Unterschriften für einen wolfssicheren Lebensraum

«Wir von der IG haben genau diese Sorgen in der Bevölkerung aufgegriffen und haben eine Unterschriftensammlung lanciert», so Barbara Vögeli aus Engi. Die Interessengemeinschaft für einen wolfssicheren Lebensraum unterstützt die Bauern und Älpler im Kampf gegen die Überpopulation vom Wolf. Sie ist entstanden aus besorgten Bürgerinnen und Bürgern aus Glarus Süd. Die Besorgnis in der Bevölkerung nach den Geschehnissen im Sommer und dem bevorstehenden Winter sei gross, darum hätten innert kürzester Zeit über 3000 Personen unterschrieben, ohne dass in Werbung oder dergleichen investiert wurde, wozu schlicht die Finanzen fehlten. Dies zeige die grosse Verunsicherung der Bevölkerung und die Solidarität gegenüber der Alp- und Landwirtschaft. «Wir aus der nicht-bäuerlichen Bevölkerung möchten nochmals unterstreichen; unsere Forderung ist ganz klar, der Wolfsbestand muss reguliert werden», verdeutlicht auch das IG-Mitglied Ruedi Rhyner aus Elm, bevor die zahlreichen Unterschriften an Benjamin Mühlemann übergeben werden, der diese kommentarlos entgegennimmt. «Es kommen zwar laufend noch Unterschriften rein, aber wir dachten, wir nutzen diese Plattform und übergeben sie mit grossem Nachdruck unserem Landammann», so Vögeli.