König Fussball – Freude oder Stress?

Bereits im Vorfeld der WM 2006 hatte ich Stress. „Warum denn Stress?“ fragen Sie mich. Ganz einfach: Ich bin ein unmöglicher Fussball-Fan. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Spiel der Schweizer Nationalmannschaft. Nein, dieser unmögliche Stress umfasst auch die Spiele von Deutschland und teilweise auch von Italien.


Beginnen wir der Reihe nach. Bereits in den Qualitfikationsspielen litt ich höllische Qualen. Zuerst verlief ja alles gut und die Chancen der Direktquali der Schweizer schien perfekt. Bis zu diesem Zeitpunkt war mein Puls- und Herzschlag bei den jeweiligen Spielen auch noch normal. Dann die Barrage gegen die Türkei. Von den 90 Minuten des ersten Spiels in der Schweiz habe ich wenn es hoch kommt, ganze 15 Minuten gesehen. Die übrige Zeit habe ich wie verrückt „gezappt“. Immer wieder habe ich für wenige Sekunden das Spiel betrachtet, dann wieder auf einen Sender ohne Fussball geschaltet. Mit groser Freude und natürlich auch Erleichterung habe ich dann das Schlussresultat erfahren. Ich war wieder die Ruhe selbst. Das gleiche wiederholte sich beim Rückspiel in der Türkei. Schon aufgrund der Vorfälle auf dem Flughafen war mir klar, dass ich meine Zeit für die Liveübertragung noch um einiges kürzen würde. Dem war auch so, netto habe ich – und das gut gerechnet – keine 10 Minuten vom Spiel gesehen. Aber nach dem Schlusspfiff war ich einer der Ersten welcher sich tierisch über die Qualifikation der Schweiz freute. Verrückt werden Sie im Gleichklang mit meiner Frau sagen.

Stimmt. Also habe ich mir vorgenommen, während der WM und insbesonders während den Spielen der Schweiz die Nettozeit auf 100% zu steigern. Also auf ein Umschalten auf andere Sender zu verzichten. Ehrlich, der Wille war da, aber die Ausführung liess zu wünschen übrig. Ich konnte wenigstens – im Spiel gegen Frankreich - die Nettozeit auf über 60 Minuten steigern. Das Resultat war für die Schweiz gut, nicht aber für mich. Denn nun begann für mich eine lange Leidenszeit. Die Spannung vor dem Spiel gegen Togo war fast nicht auszuhalten. Um meinem unmöglichen Verhalten ein Ende zu setzen habe ich das Spiel im Holenstein, unter vielen anderen Fans verfolgt. Die Qual war riesig, ich habe es aber bis zum Schluss ausgehalten. Diese Tortur wollte ich aber nicht noch ein zweites Mal erlweben. So habe ich die Spiele gegen Korea und auch den Achtelfinal gegen die Ukraine wieder zu Hause verfolgt. Natürlich wieder mit endlosem Umschalten und am Schluss mit grosser Freude, aber auch Enttäuschung.

Danach war bedauerlicherweise die WM für die Schweiz vorbei. Also konnte endlich Ruhe bei mir einkehren. Dem war dann auch so. Ich konnte ohne Probleme und das jeweils während 90 Minuten – es sei denn es kam zu Verlängerungen oder Elfmeterschiessen - einige Spiele verfolgen. Mein Problem trat wieder in Erscheinung, als Deutschlalnd das Achtelsfinalspiel gegen Schweden gewann. Dieses Spiel habe ich zu meiner Schande schon nicht mehr in der vollen Länge verfolgen können. Das Spiel gegen Argentinien nur noch während 20 und das Spiel gegen Italien noch während fünf Minuten. Immer wieder frage ich mich warum dieses Verhalten? Warum gelingt es mir nicht, die Spiele - insbesondere von Deutschland - neutral und vor allem emotionslos zu betrachten. Ich kenne die Antwort bis heute nicht eindeutig. Warum diese Spannung, diesen Wunsch, dass die Mannschaft verliert und vor allem nicht Weltmeister wird. Ehrlich, ich bin immer wieder mit mir in Klausur gegangen. Ohne Erfolg. Bei jedem Spiel wieder die gleichen Gefühle, die gleiche unerträgliche Spannung. Ist es genetisch bedingt? Bin ich von früher her belastet? Hat mich mein Elternhaus beeinflusst?

Nein! Dem ist nicht so. Heute ist mir klar – es hat lange und viele Spiele gedauert – was der Grund meiner negativen Einstellung ist. Samstag für Samstag verfolge ich die Aufzeichnungen der Bundesligaspiele und ich kenne sehr viele Spieler. Die sind durchwegs sehr sympatisch und natürlich. Aber sobald die verschiedenen Medien und insbesondere einige Reporter ins „Spiel“ kommen ändert sich meine Einstellung. Ich werde „kribbelig“. Es sind gar nicht die Spieler oder die Mannschaft. Es sind die Medien, welche in diese feinen Truppen ein unheimlicher Druck implantieren. Der Erwartungsdruck kommt nicht vom Team, der kommt von den verschiedenen Sendern und Reportern. Und diese teilweise störende Ueberheblichkeit ist es, die aus mir leider einen nicht mehr neutralen Betrachter machen. Das Deutsche Team hat viel geleistet und auch viel für den Fussbal getan. Nach meiner ureigensten Meinung nicht aber die Presse. Auf jeden Fall bin ich glücklich, dass Italien den Final erreicht hat. Dieses Spiel kann ich endlich wieder ohne Stress geniessen. Fussball kann doch so schön sein. Nicht!!??