Kolumne: Pensioniert

Pensioniert sein: ein vielschichtiges Thema. Nicht alle gehen gleich damit um.



Nach der Pensionierung ändert sich viel im Leben. (Bild: zhref.ch/flickr)
Nach der Pensionierung ändert sich viel im Leben. (Bild: zhref.ch/flickr)

Beispiel eins: «Für mich war und ist die Pensionierung gleichbedeutend mit mehr Lebensqualität», erzählt ein Mann, der noch einige Jahre über die ordentliche Pensionierung hinaus gearbeitet hat. Heute geniesst er es, mehr Zeit zu haben für Sachen, die früher zu kurz gekommen sind. Vor allem geniesst er das Beisammensein mit seinen Enkelkindern.
Beispiel zwei: Eine Frau macht trotz Pensionierung immer noch Stellvertretungen in ihrem Beruf. Ihr jüngerer Mann steht kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter. Sie hat keine Angst, dass auch er sich danach nicht zu beschäftigen weiss. Ihre Bedenken sind anderer Natur: «Kürzlich habe ich zu ihm gesagt, dass er mir ja nicht die Küche umräumen soll.» Mit diesen Bedenken ist sie nicht alleine: Viele machen sich Sorgen, wenn der Partner oder die Partnerin plötzlich zu Hause ist und sich ebenfalls um den Haushalt kümmern will. Jahrelang eingespielte Abläufe werden in Frage gestellt, womit nicht alle gleich gut umgehen können.
Beispiel drei: Ein Rentner, der gesundheitlich angeschlagen ist, fühlt sich nach dem kürzlichen Tod seiner Frau einsam. «Ich vermisse sie sehr. Da unsere Ehe kinderlos geblieben ist, bin ich nun alleine», sagt er. Freunde hat er nur wenige. Zudem plagen ihn finanzielle Sorgen.
Die Beispiele zeigen, wie vielschichtig das Thema Pensionierung ist. Und auch wie individuell. Fachleute raten, sich frühzeitig damit zu befassen. Aber alles kann man nicht voraussehen und regeln, wie Beispiel drei zeigt. Wäre die Ehefrau nicht gestorben, fühlte sich der Rentner nicht so einsam. Man könnte höchstens sagen, dass er sich früher um die finanziellen Belange hätte kümmern sollen, so dass diese Sorgen ihn jetzt nicht auch noch belasten würden. Zu hoffen bleibt, dass er bei Organisationen wie beispielsweise Pro Senectute oder Rentnerverband Angebote findet, die seine Einsamkeit durchbrechen.
Ich selber stehe wohl Beispiel eins am nächsten. Seit bald drei Jahren pensioniert, geniesse ich es, nicht mehr fremdbestimmt zu sein. Alles, was ich tue, will ich. Ich muss nichts mehr. Auch nicht mehr hetzen – ich kann alles in Ruhe und in meinem Tempo angehen. Das ist für mich wirkliche Lebensqualität.
Langweilig ist mir bisher nie geworden. Ich arbeite noch etwas, aber sehr reduziert und nach eigenem Gusto. Kommt eine Anfrage für eine Reportage, entscheide ich nach Lust und Laune, ob ich zu- oder absagen will.
Was mich und auch meinen Mann am meisten erfüllt, ist die Zeit mit unseren nun vierjährigen Zwillingsenkelinnen. «Omi, chunsch gu spile?», fragen sie und schauen mich so voller Erwartung und Lebensfreude an, dass ich gar nicht Nein sagen kann. Damit rückt die Antwort nahe zum Müssen, was meiner oben geäusserten These etwas widerspricht. Doch bei den zwei Enkelinnen ist eben alles etwas anders.