Kolumne: Schlaflose Nächte

Schlafmangel? Im Moment sind wohl viele davon betroffen. Aus unterschiedlichen Gründen.



Sorgt für schlaflose Nächte: der Erdrutsch in der Wagenrunse in Schwanden. (Bild: mb)
Sorgt für schlaflose Nächte: der Erdrutsch in der Wagenrunse in Schwanden. (Bild: mb)

Eine Kollegin erzählt, wie schlecht sie doch im Moment schlafe. Sie sei am Morgen wie gerädert und tagsüber gar nicht produktiv. Des Rätsels Lösung ist bei ihr wohl schnell gefunden: Der Vollmond, der Ende August gar ein «Super Blue Moon» ist, dürfte sie um ihre nächtliche Ruhe gebracht haben. Zumal sie oft in der Woche vor dem Vollmond nicht gut schlafen kann.
Für mich jammert sie auf hohem Niveau. Wenn ich mir vorstelle, was nach den schlimmen Rutschungen in Schwanden abgeht, ist der zeitlich beschränkte Schlafmangel meiner Kollegin alles andere als gravierend. Da haben Menschen ihr Zuhause verloren oder können wegen der Evakuationen derzeit nicht dorthin zurückkehren. Ja, sie wissen nicht, ob sie überhaupt zurückkehren können. Und falls doch, wie es dann dort aussieht. Sie plagen wirklich ganz andere Sorgen: Ihr Schlaf ist aufgrund von existenziellen Problemen gestört.
Auch die Rettungskräfte und Behörden sind bis aufs Äusserste gefordert. Kein Wunder, ist Gemeindepräsident Hans Rudolf Forrer am Computer kurz eingenickt – wie er an einer Medienorientierung verraten hat. Bei allem Tun sitzt den Verantwortlichen die Aussage der Experten, dass noch etwa 60 000 Kubikmeter oben am Hang abzurutschen drohen, wie ein Damoklesschwert im Nacken. Eine Prognose, wann dieses Material runterkommt, wagt niemand zu stellen. Zudem drohen Überschwemmungen, falls der Sernf überführt und aufgestaut würde.
Fast unvorstellbar ist bereits jetzt das Ausmass der Zerstörung. Zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Kolumne sind 38 Liegenschaften vom Murgang betroffen. Beschädigt oder komplett zerstört. Rund 100 Personen mussten evakuiert werden. Teils so schnell, dass sie nichts mitnehmen konnten. «Nur das, was ich jetzt an mir trage», erzählt ein Mann gegenüber «20min.ch». Eine Frau berichtet, dass sie zwei Katzen zurücklassen musste. Die Evakuierten leben nun im Hotel, bei Verwandten oder Bekannten.
Dem schnellen Eingreifen der Behörden und Einsatzkräfte ist es zu verdanken, dass bisher keine Menschen verletzt worden oder gar ums Leben gekommen sind. Was angesichts des Schadenausmasses nicht selbstverständlich ist. Das ist auch das einzig Positive an diesem schrecklichen Ereignis.
Bereits wird spekuliert, ob die Tatsache, dass am Hang die Bäume abgeholzt worden sind, schuld sei an der Naturkatastrophe. Im Moment ist die Schuldfrage aber müssig. Zunächst muss das Gebiet wieder sicher sein. Das hat erste Priorität. Und dann können auch die Betroffenen irgendwann wieder ruhig schlafen.